Diabolus
nicht, zwischen Demokratie und Anarchie liegt nur ein schmaler Grat. Und die NSA ist sein Wächter.« Hale nickte nachdenklich.
»Quis custodiet ipsos custodes?«
Susan sah ihn fragend an.
»Das ist Lateinisch, aus den Satiren des Juvenal. Es heißt: >Wer überwacht die Wächter?««
»Das verstehe ich nicht«, sagte Susan.
»Aber es ist doch ganz einfach! Wenn wir uns als Wächter der Gesellschaft aufspielen, wer wacht dann über uns, damit nicht wir zur Gefahr werden?« Susan sah ihn an. Sie wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Hale lächelte.
»Tankado hat alle seine Mails an mich mit diesem Spruch gezeichnet. Es war sein Lieblingsspruch.«
KAPITEL 32
David Becker stand vor Suite 301 auf dem Etagenflur. Irgendwo hinter dieser Tür befand sich der Ring. Eine Frage der nationalen Sicherheit. Becker vernahm, dass sich drinnen jemand bewegte. Eine gedämpfte Unterhaltung. Er klopfte.
»Ja?«, rief eine tiefe, unverkennbar deutsche Stimme. Becker reagierte nicht. Die Tür ging einen Spalt weit auf. Ein rundliches Gesicht schaute auf ihn herab. Becker kannte den Namen des Mannes nicht. Er lächelte höflich.
»Sind Sie Deutscher?«, fragte er. Der Mann nickte etwas verunsichert.
»Kann ich Sie einen Moment sprechen?«, fuhr Becker in fließendem Deutsch fort. Der Mann sah ihn unwirsch an.
»Was wollen Sie?« Becker ärgerte sich, dass er den Auftritt nicht besser geplant hatte. Er suchte nach den passenden Worten.
»Sie haben etwas, das ich brauche.« Es war augenscheinlich nicht die richtige Eröffnung. Die Augen des Deutschen verengten sich.
»Einen Ring«, sagte Becker. »Sie haben einen Ring.«
»Machen Sie, dass Sie fortkommen!«, knurrte der Deutsche und wollte die Tür zuschlagen. Becker setzte reflexhaft den Fuß in den Türspalt. Er bedauerte es sofort. Der Deutsche brauste auf.
»Was soll das?« Becker wusste, dass er wieder einmal zu sehr auf die Tube gedrückt hatte. Nervös blickte er rechts und links den Flur hinunter. Er war bereits aus der Klinik hinausgeflogen, einen zweiten Rausschmiss konnte er sich nicht leisten.
»Nehmen Sie sofort den Fuß weg!«, brüllte ihn der Deutsche an. Becker suchte an den Wurstfingern des Mannes nach einem Ring. Nichts. Du bist so nah dran!, dachte er.
»Sie haben einen Ring!«, rief er. Die Tür knallte ihm ins Gesicht. David Becker stand eine geraume Zeit auf dem prächtigen Hotelflur. Die Reproduktion eines surrealistischen Bildes von Salvador Dalí hing nicht weit von ihm an der Wand. Das passt, stöhnte er, du befindest dich mitten in einem absurden Alptraum! Heute früh war er in seinem eigenen Bett aufgewacht, und jetzt war er im Begriff, auf der Suche nach einem geheimnisvollen Ring in das Hotelzimmer eines wildfremden Mannes einzudringen. Strathmores ernste Stimme rief ihn in die Wirklichkeit zurück. Sie müssen diesen Ring finden! Becker atmete tief durch. Er wäre am liebsten umgekehrt und nach Hause geflogen. Er betrachtete wieder die Tür mit der Nummer 301. Auf der anderen Seite wartete seine Rückfahrkarte - der goldene Ring. Er brauchte ihn nur zu holen. Er stieß entschlossen die Luft aus, schritt zur Tür und pochte. Jetzt waren härtere Bandagen angesagt. Der Deutsche riss die Tür auf und wollte protestieren, aber Becker schnitt ihm das Wort ab. Mit dem Ruf »Polizei!« hielt er ihm die Mitgliedskarte seines Squash-Clubs vor die Nase, drängte sich ins Zimmer und knipste das große Deckenlicht an. Der Dicke fuhr herum und schaute Becker entgeistert an.
»Was fällt Ihnen ein . . . ?«
»Ruhe!« Becker schaltete um auf Englisch mit spanischem Akzent.
»Sie haben eine Prostituierte auf Ihrem Zimmer!« Becker sah sich um. Das Zimmer war so nobel, wie ein Hotelzimmer nur sein konnte. Rosen, Champagner im Kühler, ein riesiges Himmelbett. Rocío war nirgendwo zu sehen. Die Tür zum Badezimmer war geschlossen.
»Eine Prostituierte?« Der Blick des Deutschen flog zur Badezimmertür. Der Mann war größer, als Becker gedacht hatte. Seine haarige Brust begann unmittelbar unter dem Dreifachkinn und wölbte sich vor bis zu seiner kolossalen Wampe. Die Kordel des Bademantels umspannte nur knapp seine Leibesfülle. Becker starrte dem Riesen in die Augen.
»Wie heißen Sie?« Panik huschte über das feiste Gesicht.
»Was wollen Sie?«
»Ich bin vom Touristendezernat der Guardia Civil von Sevilla. Haben Sie eine Prostituierte auf Ihrem Zimmer?« Der Deutsche schaute wieder nervös zur
Weitere Kostenlose Bücher