Diabolus
Badezimmertür.
»Ja«, räumte er schließlich ein.
»Wissen Sie, dass das in Spanien eine Straftat ist?«
»Nein«, log der Dicke, »das habe ich nicht gewusst. Aber ich werde die Dame sofort wegschicken.«
»Ich fürchte, dafür ist es jetzt zu spät«, erwiderte Becker. Er machte ein paar Schritte durch das Zimmer. »Aber ich könnte Ihnen einen Vorschlag machen.«
»Einen Vorschlag?«, sagte der Deutsche hoffnungsvoll.
»Ja. Ich könnte Sie jetzt sofort auf das Kommissariat mitnehmen, oder . . .« Becker legte eine dramatische Pause ein und ließ die Knöchel knacken.
»Oder was?« In die Augen des Dicken kroch die Angst.
»Oder wir machen ein kleines Geschäft.«
»Ein Geschäft?« Der Deutsche schien die Storys zu kennen, die über die Bestechlichkeit der spanischen Guardia Civil im Umlauf waren.
»Sie haben etwas, wofür ich mich interessiere.«
»Aber natürlich!« Der Dicke griff eilfertig nach seiner Brieftasche auf der Kleiderablage.
»Wie viel?« Beckers Kinnlade sackte in gespielter Empörung herunter.
»Beabsichtigen Sie etwa, einen Hüter des Gesetzes zu bestechen?«, fragte er scharf.
»Aber nein, keinesfalls! Ich dachte nur. . .« Der Dicke legte geflissentlich die Brieftasche wieder weg.
»Ich. . . ich. . .« Er war völlig von der Rolle. Händeringend ließ er sich auf die Bettkante fallen. Das Bett ächzte unter seinem Gewicht.
»Ich bedaure, dass . . .« Becker zog wie nebenbei eine Rose aus dem Bukett in der Mitte des Zimmers und roch daran, um sie dann achtlos auf den Boden fallen zu lassen. Unvermittelt fuhr er herum.
»Was wissen Sie über den Mord?« Der Deutsche wurde leichenblass.
»Mord?«
»Jawohl. Der Asiat heute Vormittag. Im Park. Es war ein heimtückischer Mord!« Becker benutzte den deutschen Ausdruck. Er liebte ihn. Er war so Furcht einflößend.
»Ein Mord? Er . . . er hatte doch . . .«
»Ja, bitte?«
»Aber . . . das ist unmöglich«, stieß der Deutsche hervor.
»Ich war doch dabei. Der Japaner hatte einen Herzanfall. Ich habe es doch genau gesehen. Kein Schuss, kein Blut!« Becker schüttelte herablassend den Kopf.
»Die Dinge sind in Wirklichkeit oft anders, als sie zu sein scheinen . . .« Der Dicke wurde noch blasser. Becker lächelte, innerlich mit sich zufrieden. Die Lüge hatte gewirkt. Der Dicke schwitzte wie ein Schwein.
»Was . . . was wollen Sie von mir?«, stotterte er.
»Ich weiß gar nichts.« Becker fing an, auf und ab zu gehen.
»Das Mordopfer hat einen goldenen Ring getragen. Ich brauche diesen Ring.«
»Ich . . . ich habe ihn nicht!« Becker seufzte gönnerhaft und machte eine Geste zur Badezimmertür.
»Und Rocío? Dewdrop?« Die Farbe des Dicken wechselte von schneeweiß zu dunkelrot.
»Sie kennen Dewdrop?« Er wischte sich den Schweiß mit dem Ärmel des Bademantels von der feisten Stirn. Er wollte gerade etwas sagen, als die Badezimmertür aufging. Die beiden Männer blickten auf. Eine himmlische Erscheinung bot sich ihren Blicken. Rocío Eva Granada stand in der Tür. Langes, fließendes rotes Haar, makellose iberische Haut, dunkelbraune Augen, eine hohe glatte Stirn. Sie trug den gleichen Frottee-Bademantel wie der Deutsche, die Kordel eng um die schmale Taille geschlungen, darunter ausladende Hüften. Die am Hals locker herabfallenden Schals des Bademantels umrahmten die Wölbungen eines leicht gebräunten, vollkommenen Busens. Sie trat ins Zimmer - das Selbstbewusstsein in Person.
»Kann ich etwas für Sie tun?«, erkundigte sie sich auf Englisch. Becker schaffte es, die atemberaubende Frau auf der anderen Seite des Zimmers anzusehen, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Ich brauche den Ring«, sagte er kühl.
»Wer sind Sie?« Becker schaltete um auf Spanisch mit andalusischem Akzent.
»Guardia Civil.« Rocío lachte auf.
»Ach was, niemals!«, prustete sie auf Spanisch. Becker spürte einen Kloß im Hals. Rocío war bei weitem nicht so auf den Kopf gefallen wie ihr Freier, aber Becker blieb ruhig.
»Niemals?«, äffte er sie nach.
»Sie möchten wohl, dass ich Sie aufs Kommissariat mitnehme, um es Ihnen zu beweisen?« Rocío schien das nicht zu beeindrucken.
»Ich möchte Sie nicht in eine peinliche Lage bringen, deshalb werde ich von Ihrem Angebot keinen Gebrauch machen. Nun, wer sind Sie also?« Becker blieb bei seiner Geschichte.
»Ich bin von der Guardia von Sevilla.« Rocío kam drohend auf ihn zu.
»Ich kenne jeden Polizisten in dem Verein!
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