Diabolus
zurück.
»Wie dumm von mir, dass ich Sie noch einmal behelligen muss«, sagte er verlegen zum Portier.
»Ich hätte Señorita Rocío gern persönlich gesagt, wie gut ich mich neulich mit ihr amüsiert habe, aber ich werde leider heute Nacht noch abreisen. Dann muss es eben mit diesen wenigen
Zeilen ein Bewenden haben.« Er legte den Umschlag auf die Empfangstheke. Der Portier blickte auf den Umschlag. Wieder so ein liebeskranker Heterosexueller, dachte er betrübt. Welch eine Vergeudung. Er blickte hoch und lächelte.
»Aber selbstverständlich, Señor. . . ?«
»Buisán«, ergänzte Becker.
»Miguel Buisán.«
»Gewiss doch. Sie können sicher sein, dass Señorita Rocío Ihren Gruß gleich morgen früh erhält.«
»Vielen Dank.« Becker lächelte und wandte sich zum Gehen. Nach einem diskreten Kennerblick auf Beckers Allerwertesten nahm der Portier den Umschlag und wandte sich den nummerierten Fächern in der Rückwand zu. Als seine Hand mit dem Umschlag in eines der Fächer glitt, fuhr Becker jäh herum zu einer letzten Frage.
»Bitte, wo bekomme ich ein Taxi?« Das Timing war perfekt. Die Antwort des Portiers war Becker gleichgültig, aber er hatte das Kuvert in dem Fach mit der Aufschrift SUITE 301 verschwinden sehen. Becker bedankte sich noch einmal und machte kehrt. Sein Blick suchte den Aufzug. Rein und raus, murmelte er vor sich hin.
KAPITEL 31
Susan begab sich wieder an ihren Arbeitsplatz. Das Gespräch mit Strathmore hatte ihre Sorge um Davids Sicherheit vertieft.
»Nun, was hat Strathmore denn gewollt? Ein romantisches Tete-a-Tete mit seiner Chefkryptographin?«, stichelte Hale hinter seinem Terminal. Susan ignorierte die Spitze. Sie setzte sich an ihr Terminal und gab ihren Zugriffscode ein. Der Bildschirm wurde hell. Das Tracer-Programm hatte immer noch keine Rückmeldung über North Dakota geliefert. Verdammt, was dauert denn da so lang?
»Du machst so ein wütendes Gesicht«, sagte Hale unschuldig.
»Ärger mit deinem Diagnoseprogramm?«
»Nichts Ernstes«, gab sie zurück, aber sie war sich keineswegs sicher. Der Tracer war längst überfällig. Sie überlegte, ob sie sich bei der Eingabe vertan haben konnte, und begann, die langen LIMBO-Zeichenfolgen auf ihrem Bildschirm nach einem Grund für die Verzögerung zu durchsuchen. Hale sah ihr schadenfroh zu.
»Hey, ich wollte dich immer schon was fragen. Was hältst du eigentlich von dem unentschlüsselbaren Algorithmus, an dem Ensei Tankado angeblich herumdoktert?« Susan fuhr hoch. Ihr Magen schlug einen Purzelbaum.
»Ein unentschlüsselbarer Algorithmus?« Sie erlangte ihre Fassung wieder.
»Ach so . . . Ich glaube, davon habe ich schon mal was gelesen.«
»Ziemlich überzogen, so eine Behauptung«, meinte Hale.
»Aber ja«, stimmte Susan zu. Warum fing Hale plötzlich davon an?
»Ich glaube nicht daran. Schließlich weiß doch jeder, dass etwas Derartiges mathematisch unmöglich ist.« Hale lächelte.
»Sicher. Das Bergofsky-Prinzip.«
»Und der gesunde Menschenverstand!«, ergänzte Susan bissig.
»Aber, wer weiß. . .« Hale ließ einen theatralischen Seufzer los.
»>Es gibt mehr Ding im Himmel und auf Erden, als eure Schulweisheit sich träumt. <«
»Wie bitte?«
»Shakespeare«, erläuterte Hale.
»Hamlet.«
»Du hast im Knast wohl viel Zeit gehabt zum Lesen.« Hale grinste unbeeindruckt.
»Im Ernst, Susan, könntest du dir vorstellen, dass Tankado vielleicht wirklich einen unentschlüsselbaren Algorithmus geschrieben hat?« Die Unterhaltung lief in eine ungute Richtung.
»Also, wenn wir es nicht geschafft haben . . .«
»Vielleicht ist Tankado besser als wir.«
»Vielleicht«, sagte Susan achselzuckend und tat desinteressiert.
»Wir haben eine Zeit lang korrespondiert«, sagte Hale.
»Hast du das gewusst?« Susan fuhr hoch. Sie versuchte ihren Schreck zu verbergen.
»Ach ja?«
»Ja. Nachdem ich damals das Hintertürchen im Skipjack- Algorithmus entdeckt hatte, hat er mir geschrieben - wir seien Brüder im globalen Kampf um die digitale Vertraulichkeit, hat er gesagt.« Susan bemühte sich, ihr ungläubiges Erstaunen zu kaschieren. Hale und Tankado kennen einander persönlich! Sie versuchte, Gleichgültigkeit zu heucheln.
»Er hat mich beglückwünscht, weil ich das Hintertürchen in Skipjack gefunden hatte«, fuhr Hale fort.
»Er nannte den Vorgang einen Anschlag gegen die Persönlichkeitsrechte aller freien Bürger dieser Welt. Susan, du musst doch
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