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Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Sonnenaufgang rosa färbte, und kehrte nicht zurück. Carl folgte ihr eine Minute später, doch im Gegensatz zur Prinzessin trug er einen Kiementornister als Vorsichtsmaßnahme. Danach wateten alle Barbaren ins Meer, ließen ihre schmutzigen Kleidungsstücke am Ufer zurück und überließen den letzten Brückenkopf chinesischen Bodens dem Himmlischen Königreich. Alle schritten ins Meer hinaus, bis ihre Köpfe verschwanden. Die letzten Reste der Mäusearmee bildeten die Nachhut; sie hüpften nackt ins Meer, hakten sich unter und schwammen langsam aufs Meer hinaus, wobei sie ein paar Kranke und Verwundete auf behelfsmäßigen Flößen mitnahmen. Als der Fuß des letzten Mädchens den Kontakt mit dem sandigen Meeresgrund verlor, war das letzte Zipfelchen Land bereits von einem Mann mit einer roten Schärpe um die Taille in Besitz genommen worden, der bei dem Gedanken lachte, daß das Mittlere Königreich endlich wieder ein vereintes Land war.
    Der letzte ausländische Teufel, der das Mittlere Königreich verließ, war ein blonder viktorianischer Gentleman mit grauen Augen, der einige Zeit in den Fluten stand und nach Pudong sah, bevor er sich umdrehte und seinen Abstieg fortsetzte. Als die Wellen über ihm zusammenschlugen, rissen sie ihm seine Melone vom Kopf, und der Hut tanzte eine Zeitlang auf den Wellen, während die Chinesen am Ufer Feuerwerkskörper explodieren ließen und Fetzen des roten Papiers über das Meer wehten wie Kirschblüten.
     
    Bei einem ihrer Ausflüge in die Brandung hatte Nell einen Mann getroffen – einen Trommler, der, bis auf einen Kiementornister nackt, aus der Tiefe geschwommen kam. Das hätte sie in Erstaunen versetzen sollen; statt dessen hatte sie gewußt, daß er da draußen war, bevor sie ihn sah, und als er näher kam, konnte sie spüren, daß etwas mit ihrem Verstand passierte, das von außen kam. Etwas in ihrem Gehirn verband sie mit den Trommlern.
    Nell hatte einige allgemeine Pläne gezeichnet und ihren Ingenieuren zur weiteren Ausarbeitung gegeben, und diese wiederum gaben sie Carl, der sie zu einem funktionstüchtigen MC im Lager von New Atlantis brachte und ein kleines System kompilierte, um nanotechnologische Mechanismen zu untersuchen und zu bearbeiten.
    In der Dunkelheit funkelten Lichtpünktchen unter Nells Haut wie Flugwarnleuchten am Nachthimmel. Sie schabten eines davon mit einem Skalpell ab und untersuchten es. Ähnliche Mechanismen fanden sie in ihrem Blutkreislauf. Sie mußten, wurde ihnen klar, in Nells Blutkreislauf gelangt sein, als sie vergewaltigt worden war. Ohne Zweifel handelte es sich bei den funkelnden Lichtern in Nells Fleisch um Leuchtfeuer, die anderen über die Kluft hinweg, die uns von unseren Nachbarn trennt, Signale sandten. Carl öffnete eines der Dinger aus Nells Blut und fand einen Stabprozessor im Inneren sowie ein Bandlaufwerk, das einige Gigabyte Daten enthielt. Die Daten waren in verschiedene Blöcke unterteilt, die jeweils separat voneinander kodiert worden waren. Carl versuchte es mit allen Schlüsseln, die er von John Percical Hackworth bekommen hatte, und stellte fest, daß einer davon - Hackworths Schlüssel - einen Teil der Blöcke dekodierte. Als er die dechiffrierten Komponenten studierte, fand er heraus, daß sie Bruchstücke eines Plans für einen nanotechnologischen Mechanismus enthielten.
    Sie nahmen mehreren Freiwilligen Blutproben ab und fanden heraus, daß einer von ihnen dieselben Mechanismen im Blut hatte. Als sie zwei dieser Mechanismen in unmittelbare Nähe brachten, koppelten sie sich mittels Lidar aneinander, vereinigten sich, tauschten Daten aus und führten exotherme Rechenvorgänge durch.
    Die Mechanismen lebten wie Viren im menschlichen Blutkreislauf und wurden beim Geschlechtsverkehr oder bei irgendeinem anderen Austausch von Körperflüssigkeiten übertragen; es handelte sich um SmartPacks von Daten, wie das Mediennetz sie beförderte, und indem sie sich im Blut vereinigten, bildeten sie ein gigantisches Kommunikationssystem parallel zum trockenen Netz von Glasfasern und Kupferleitungen, mit dem sie möglicherweise auch in Verbindung standen. Das feuchte Netz konnte, wie das trockene, zur Datenverarbeitung benutzt werden - um Programme laufen zu lassen. Und nun wurde auch klar, daß John Percical Hackworth es genau dazu benutzte, um ein gigantisches Verteilerprogramm laufen zu lassen, das er selbst geschrieben hatte. Er entwickelte etwas.
    »Hackworth ist der Alchimist«, sagte Nell, »und er benutzt das feuchte

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