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Dichterliebe: Roman (German Edition)

Dichterliebe: Roman (German Edition)

Titel: Dichterliebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Morsbach
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Metamorphose-Skizzen seien amüsant, vielleicht was für den Rundfunk. Großartig aber wie gesagt die Gedichte, meine Billigung voraussetzend, habe er sie seinem Rotarierbruder Nagy gezeigt, der mir eine Poetikprofessur vermitteln wolle und mich als Stadtschreiber in Bergheim vorschlage, so begeistert sei er; er biete mir, als aktueller Kurator, sogar die Möglichkeit, sofort einzuspringen für den diesjährigen Bergheim-Laureaten, der wegen Depressionen abgereist sei. Was ich von dieser Lösung hielte.
    Beiliegend eine Notiz von Rotarierbruder Nagy: Herrliche Gedichte, von solcher Wahrheit und Eleganz, Weisheit und Einsamkeit, Eros und Thanatos blablabla.
    Ich suche ein Taschentuch. Die Sonne erlischt hinter meinem Fenster. Ich lege mich auf die Couch und schlafe sofort ein.
    Ich träume von einem Flug in einem kleinen Flugzeug über eine arktische Landschaft. Schleifen, Kurven, Zwischenstop auf einer hohen Eisscholle. Ich erkläre dem Piloten, wohin ich will. Er weist auf eine durchlöcherte, zerklüftete Wolke und sagt, da seien schon zu viele Flugzeuge durchgeflogen, die Wolke sei kantig und gefährlich. Während wir uns über andere Ziele beraten, falle ich von der Scholle ins kalte Meer und werde sofort abgetrieben. Der Pilot ruft mir nach, ich solle ihn von der nächsten Telefonzelle aus anrufen, er hole mich ab. Irgendwie schaffe ich es ans Ufer (ich glaube, er warf mir ein Seil zu). Als ich triefend auf der Scholle stehe, zieht der Copilot eine Reiseschreibmaschine hervor und beginnt, ein Protokoll aufzusetzen.
    *
    Ich packe meine Koffer, leere die Schubladen, werfe kistenweise Papier in den Müll. Als ich fertig bin, geben meine Knie nach, und ich sinke zu Boden. Ich klammere mich an ein Tischbein. Wie durch einen Schleier sehe ich unter dem Tisch ein Papier, ich greife danach und lese, darüber steht Chatprotokoll, Himmel, ich dachte, ich hätte das zerrissen. Ich war bei Robert gewesen mit meinem Laptop kurz vor dem Eklat, und während er meine verschwundene Datei suchte, sah ich auf seinem Bildschirm wie von Geisterhand Buchstaben erscheinen.
    » Was ist das?«
    » Das ist Sidonie!« rief er. » Sie assistiert mir beim Tschetten.«
    » Wie?« fragte ich bewußt beiläufig, dabei meine ich mich jetzt an einen Alarmreflex zu erinnern. Wie er das Wort Tschetten aussprach, mit einer gewissen Erotik, was hatte sie da zu assistieren?
    » Chat mode«, er buchstabierte es, ein Internetgespräch: Jemand schreibt auf seinem Computer, und über die Telefonleitung landet das auf einem anderen Computer. Also eine Art geschriebenes Telefongespräch. Man braucht ein Modem und wählt sich ein, schreckliche Wörter! » Leider geht’s ziemlich auf die Telefonrechnung«, sagte er, » deswegen übe ich mit Sidonie auf der Hausanlage. Geh ruhig ran. Es gibt keine Geheimnisse.«
    Geh ruhig ran, es gibt keine Geheimnisse!
    » Du mußt ein + Plus setzen nach jeder Replik«, belehrte er mich noch. Ich durfte also auf seinem verfluchten PC mit Sidonie Buchstaben tauschen, und drei Tage später nahm er das Weib von mir in Empfang und tauschte Körpersäfte. Es ist ungeheuerlich. Ich ahnte nichts. Ich Esel habe entzückt mit Sidonie getschettet, und er druckte es auch noch gönnerhaft aus, und ich habe es später in meinem Schafstall selig geküßt, warum mußte das sein, warum, ich spüre mein Herz reißen, alles ergießt sich in das mürbe Gefäß, das von mir geblieben ist, rinnt – Um Himmels willen! Um Himmels willen! Was sind wir für arme Träumer!
    – Hallo meine Sidonie, ich bin’s, Henry.
    – Henry!!!
    Mit drei Ausrufezeichen! Als sei sie erfreut!
    – Hat’s dir die Sprache verschlagen?
    – Nein, ich suchte … Ich hatte das Pluszeichen vergessen.+
    – RETURN reicht auch, stelle ich gerade fest.
    – Wie, du kannst Englisch?
    – Ja, und ich kann’s sogar beweisen: I love you.
    – Ist das aus dem Programm?
    – Nein, das habe ich soeben für dich gedichtet.
    – Oh, das lerne ich auswendig. Ich lerne nämlich gerade Gedichte auswendig. Jeden Tag eins. Eins schöner als das andere.
    – Ach, sag mir doch eins auf! Nur bitte keins von sauren Rößlein.+
    – Vielfach sind zum Hades die Pfade ,
    Heißt ein altes Liedchen. Und einen
    Gehst du selber, zweifle nicht.
    – Wunderbar.
    – Wer, süßeste Sappho, zweifelt?
    Sagt es nicht jeglicher Tag?
    – Dieses » süßeste« ist einfach herrlich
    – Doch dem Menschen haftet nur leicht im Busen
    Solch ein Wort.
    – Ja
    – Und dem Meer anwohnend ein Fischer von

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