Dicke Hose (German Edition)
Selbstgänger, sozusagen. Ich würde wirklich gern wissen, was da schiefgelaufen ist.» Er macht eine Pause und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Aus zusammengekniffenen Augen fixiert er mich böse.
«Also … na ja, ich meine, soooo super ist der Preis nun auch nicht. 645000 Euro – das muss sich ein …» Ein kleiner dicker Zahnarzt erst mal leisten können, will ich sagen, doch Friedrich von Klatt fällt mir ins Wort.
«Halten Sie mir jetzt bloß keinen Vortrag über Immobilienpreise! Ich kenne das Geschäft besser, als Sie Ihre Brieftasche. Und die ist vermutlich noch nicht mal besonders groß.» Mit hochrotem Kopf greift er sich einen Zettel vom Schreibtisch und hält ihn in die Luft. «Ich habe Erkundigungen über den Interessenten eingeholt. Bei Google. Das kennen Sie ja vielleicht.»
«Hm-m.»
«Irgendwo kann man sie alle packen. Man muss nur ein wenig über die Vorlieben und Hobbys in Erfahrung bringen, und schon fressen sie einem aus der Hand.»
Ach ja? Stand dort vielleicht auch etwas über verschrobene Britneys zu lesen? Wohl kaum. Ständig lässt Friedrich von Klatt wichtige Aspekte unter den Tisch fallen. Den Unsicherheitsfaktor Frau beispielsweise.
«Wenn ich dazu vielleicht kurz etwas sagen dürfte», starte ich den vorsichtigen Versuch, mich zu rechtfertigen. «Der Interessent hatte eine Begleiterin dabei, die war mit nichts zufrieden. Der hätte ich Schloss Windsor zum Dumpingpreis anbieten können, und sie hätte etwas daran auszusetzen gehabt.» Ich senke die Stimme. «Ehrlich, Chef, mit dieser Frau findet Dr. Liebig niemals eine Wohnung.»
Friedrich von Klatt gibt ein unwirsches Schnaufen von sich. «Was Sie nicht sagen.» Seine Stimme überschlägt sich fast. «Ein Freund bei Grossmann & Berger hat Dr. Liebig gestern Nachmittag noch ein weiteres Objekt gezeigt. Gleich nach Ihrer misslungenen Besichtigungstour. Und wissen Sie was?»
Sagen wir mal, ich ahne es.
«Dort hat er zugegriffen. Ein ähnliches Objekt, gleich gegenüber im Marco-Polo-Tower. Schlechtere Aussicht, kleinere Wohnung, aber derselbe Preis. Mittwoch ist bereits der Notartermin.» Seine Augen funkeln gefährlich. «Für mich hört es sich eher danach an, als hätten Sie mal wieder Schwierigkeiten mit dem weiblichen Geschlecht gehabt.»
Und für mich hört es sich ganz danach an, als hätte die andere Bude den schöneren Schuhschrank gehabt.
Mein Chef ist noch nicht fertig. «Ähnlich verkorkst verliefen ja bereits Ihre letzten Besichtigungen in den umliegenden Objekten. Soll ich Ihnen mal sagen, was ich glaube, Herr Held?»
Im Geiste schüttele ich den Kopf.
«Ich glaube, Sie haben ein Frauenproblem!»
BITTE? Ich schnappe nach Luft. «Ich habe überhaupt kein Problem mit Frauen. Es ist …»
«Vielleicht können Sie ja nur mit Männern.»
«Na ja. Mit Männern lässt es sich in der Tat leichter verhandeln.»
«Das habe ich nicht gemeint.» Friedrich von Klatt wirft mir einen schiefen Blick zu.
Moment mal, will der etwa andeuten, dass … «Wollen Sie etwa behaupten, dass … äh … dass ich schwul bin?»
Ich bekomme das Wort fast nicht über die Lippen. Also, wenn das kein Fall fürs Arbeitsgericht ist, dann weiß ich es auch nicht. Ich? Schwul? Ich bin so was von hetero, ich könnte Testosteron spenden gehen! Allein der Gedanke an diese exzentrischen Männlein, die, wie mein Kollege Marcel, tagein, tagaus zur Maniküre rennen, um sich danach den restlichen Tag mit der frischpolierten Hand vor dem Gesicht herumzuwedeln, ist mir ein Graus. Und erst die Klamotten! Als hätte ein blinder Klingone aus einer fremden Galaxie sie ihnen aufgeschwatzt. Entsetzlich. Ich würde lieber freiwillig einen Tag mit Britney in der Parfümerie verbringen, als jemandem wie Marcel zu nahe zu kommen.
«Ich will gar nichts behaupten!», brüllt Friedrich von Klatt wieder los. «Außer, dass Sie bald mal wieder einen Fisch an Land ziehen müssen. Ihr aktueller Punktestand beträgt acht Punkte. Und wir haben bereits Dezember! Sie wissen, was das bedeutet.»
Acht Punkte? Wenn er sich da mal nicht verrechnet hat.
Aber um jeglichen Zweifel an seinen Rechenkünsten gleich im Keim zu ersticken, zieht mein Chef jetzt einen Stapel Farbausdrucke vom Schreibtisch. «Sie glauben mir nicht? Dann passen Sie mal auf.»
Hektisch nestelt er seine Lesebrille aus dem Etui und vertieft sich kurz in die Unterlagen, als wäre es das erste Mal heute. Elender Schauspieler.
«Im letzten halben Jahr sind uns Ihretwegen fünf Objekte durch die
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