Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
Vom Netzwerk:
sein, daß man einen von ihnen jahrelang durchpäppelte, und es passierte gar nichts; und ein anderer lud einen Drak nur einmal zum Essen ein, und am nächsten Tag fand er einen Eimer voll Gold unter der Kellertreppe. Die Draks hatten außerdem die merkwürdige Eigenschaft, sich für eine kurze Zeitspanne in einen nassen Hund verwandeln zu können, was sie besonders an Feiertagen gerne taten.
    Beißwürmer rangierten auf unterster Sprosse der sozialen Stufenleiter. Ursprünglich in den bayrischen Alpen beheimatet, waren sie in der Großstadt irgendwie fehl am Platze und wirkten durch ihr unterwürfiges und kriecherisches Verhalten auf stabile Gemüter abstoßend. Blutschinken hielten sie aber gerne als bezahlte Haustiere und ließen sich von ihnen die Zeitung apportieren.
    Die Greifen, atemberaubend schöne Mischwesen aus Lö- we und Adler, mit todesengelhaften riesigen schwarzen Schwingen waren so etwas wie die unautorisierte Polizei von Atlantis und der Hauptgrund dafür, daß es in einer so chaotischen Riesenstadt verhältnismäßig friedlich zuging. Vor den Greifen hatte einfach jeder Respekt, nicht nur wegen ihrer körperlichen Überlegenheit, sondern vor allem wegen ihrer salomonischen Integrität und sportlichen Fairneß. Wie aus Granit gemeißelte Symbole der Gerechtigkeit saßen sie fast unbeweglich auf den Spitzen der Hochhäuser, Minarette und Pyramiden der Stadt und ließen ihren wachen scharfen Blick über das Straßengewimmel schweifen. Man muß den Auftritt eines Greifen erlebt haben, um zu wissen, wie man Autorität verkörpert. Ihre Flügel erzeugen beim Landen mehr Lärm und Windwirbel als ein Hubschrauber, und wenn die Krallen des Greifen sich in den Boden bohren, er seinen mächtigen Schnabel öffnet und daraus das Gebrüll eines Rudels von Löwen erschallt, dann hält man inne, egal was man gerade tut.
    Ihre Assistenten waren die Gargyllen, eine geflügelte Gnomenart, die sehr variabel im Aussehen war. Das lag daran, daß es in Atlantis verschiedene Gargyllen aus den verschiedensten Kontinenten gab, die sich über die Jahrtausende untereinander vermischt hatten.
    Es gab Exemplare mit buckligen Zwergenkörpern und fast menschlichen Gesichtern, welche mit Saurierschwänzen und Drachenköpfen, andere mit Entenfüßen und Gnomengesichtern, aber alle hatten ledrige kleine Flügel. Sie besorgten die kleineren Geschäfte der Greifen, Verkehrsdelikte, Ladendiebstähle, Ermahnungen wegen nächtlicher Ruhestörung und so weiter, bei denen ein Greifauftritt unangemessen erschienen wäre.

    Ihr etwas unheimliches Aussehen und ihre ziemlich barsche Art sorgten für die erstaunlich geringe Kriminalitätsrate in Atlantis. In manchen Großstädten von heute sieht man noch steinerne Skulpturen von Gargyllen an Kirchen oder alten Hochhäusern, überliefert von menschlichen Bildhauern, die einmal in Atlantis gelebt haben.
    Auch die Wiedehopfe hatten Flügel, aber sie wurden wesentlich weniger respektiert. Im Gegenteil, fast jeder war hinter ihnen her, denn es ging das Gerücht um, daß ihre Federn Glück in der Liebe brachten, was wiederum dazu führte, daß Wiedehopfe sich fast nur noch in der Nähe von Greifen halbwegs sicher fühlten. Wo ein Greif saß, da flatterten nicht nur die üblichen Gargyllen herum, sondern irgendwo drängelte sich auch eine dichte Schar von Wiedehopfen auf einer Regenrinne.
    Die großfüßigen Berten waren halb Enten, halb Buschhexen, genauer gesagt oben herum Frauen mit Entenschnä- beln und unten herum Enten mit sehr großen Frauenfüßen. Sie waren völlig harmlos, auch wenn sie alles und jeden verfluchten, der ihnen in die Quere kam. Quakend und zeternd zogen sie ruhelos durch die Viertel von Atlantis, jede für sich allein, und es darf wohl als Segen betrachtet werden, daß niemand außer den Berten selbst die Bertensprache verstand. Wirklich dramatisch wurde ihre Flucherei, wenn sich zwei von ihnen zufällig begegneten. Fand dies zur Nachtzeit statt, war im Umkreis von drei Kilometern an Schlaf nicht mehr zu denken.
    Natürlich gab es Drachen, angeblich über 500 Stück in ganz Atlantis - aber nie bekam man einen zu sehen. Sie lebten nämlich im unterirdischen Teil der Stadt (von dem noch zu sprechen sein wird), weil sie eigentlich zur Familie der Schuppenwürmer gehören, die sich aus Gründen ihres hohen Blutdrucks gerne in kühlen, feuchten und streßfreien Verhältnissen aufhalten. Zu Drachen vorerst nur soviel: Ja, sie können tatsächlich Feuer speien; nein, sie entführen

Weitere Kostenlose Bücher