Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
Vom Netzwerk:
Spenden in die antiken Kanalisationslöcher zu werfen, Opfergaben für die, die im Dunkeln wohnten. Man hörte dann nur ein emsiges Rascheln in der Tiefe, und die Gaben waren verschwunden. Das war auch der Grund dafür, daß es keine Bettler in Atlantis gab, keine Obdachlosen und keine wirklich Armen, zumindest keine sichtbaren. Wer mit der Oberwelt nicht zurechtkam, verschwand in der antiken Kanalisation und wurde nie mehr gesehen.
    In der Stadt gab es alle Formen von Architektur, die sich denken lassen, und noch einige mehr. Jede Nation der Erde, die jemals die Ozeane auf Schiffen befahren hatte, war irgendwann nach Atlantis gekommen und hatte dort ihre architektonischen Spuren hinterlassen.
    Abkömmlinge ägyptischer Piraten hatten vor vielen Jahren - wie Ägypter es nun mal gerne tun - riesige SandsteinPyramiden errichtet, deren Eingänge man immer noch suchte, als ich nach Atlantis kam. Angeblich waren sie in ihrem Innern von Toten bewohnt, die dort einem ganz normalen Alltag nachgingen. Diese gruseligen Gerüchte konnten die Atlanter aber nicht abhalten, die fast vollständig von Gräsern und Schlingpflanzen überwachsenen Terrassen an schönen Sommertagen für ihre Picknicks zu nutzen. Nachts allerdings, wenn es in den Pyramiden kratzte und stöhnte und seltsame Glockenmusik aus ihnen ertönte, hielt man sich lieber fern.
    Araber hatten Minarette und labyrinthisch verwinkelte Kasbahs aus weißverputzten Flachbauten geschaffen, von ihnen stammten auch die Stadtteile, die fast ausschließlich aus Zelten bestanden. Die Italiener hatten große, von innen verschwenderisch bemalte Dome gebaut und prahlerische Riesenstatuen errichtet, gewohnt aber bevorzugt in Häusern mit abblätterndem Putz, in engen Gassen, über die sich Wäscheleinen spannten. Die Italiener liebten außerdem Ruinen, also rissen sie ihre Prachtbauten zum Teil gleich wieder ein und ließen sie von wildem Wein und Unkraut überwuchern. Was diese Trümmerbauten so interessant machte, nachdem der Zahn der Zeit an ihnen genagt hatte, war, daß es Ruinen von Ruinen waren - verfallener kann Architektur nicht sein.
    Die Menhirgnome aus der Normandie nutzten jeden größeren Platz, um ihn mit Hinkelsteinen zu bepflastern und ringsherum kleine Geschäfte zu eröffnen, in denen sie starken Kaffee ausschenkten, von dem einem stundenlang der Kopf wackelte, wenn man nicht daran gewöhnt war.
    Nachts kamen die mit den Menhirgnomen befeindeten Granitzwerge aus Südengland, um die Hinkelsteine umzuschmeißen oder zu bizarren Gebilden aufzuschichten. Es war ein ungelöstes Rätsel von Atlantis, woher diese Kleinwesen dazu die Kraft nahmen.
    Die auf den ersten Blick primitivsten, aber wegen ihrer monströsen Größe beeindruckendsten Gebäude von Atlantis hatten die Australischen Ameisenleute errichtet. Es waren Ameisenhaufen von ungeheuren Ausmaßen, manche ihrer Türme waren mehrere Kilometer hoch. Die Ameisenleute, unten herum menschlich, der Oberkörper ameisenhaft, waren wegen ihres Fleißes angesehene Bewohner der Stadt. Sie sorgten durch permanentes Aufsammeln des Unrats kostenlos für blitzblanke Straßen, den Müll verbauten sie dann in ihre Türme, so daß diese eigentlich nichts anderes als festverleimte Müllhalden waren, die unablässig in die Höhe wucherten.
    Die Körperkraft der Ameisenleute war beeindruckend: Sie konnten ein Hundertfaches ihres eigenen Gewichtes tragen; dafür war es mit ihrer Intelligenz nicht so gut bestellt. Außer über Müllbeseitigung und Ameisenturmbau konnte man sich mit ihnen über nichts unterhalten, und selbst das ging nur in einer Zeichensprache, für die man eigentlich zwei Fühler am Kopf brauchte (es ging aber auch, wenn man sich die Fäuste an die Ohren hielt und mit den Zeigefingern wackelte, aber wie gesagt, es lohnte sich nicht). Aus Indien stammten die meisten Tempelbauten der Stadt, aber auch die vielen Reisküchen am Straßenrand, die von Halbelefanten unterhalten wurden. Die Halbelefanten waren größtenteils menschlich, aber mit einem hellblauen Elefantenkopf und sechs Armen gesegnet, was sie für die Bedienung einer Schnellküche besonders geeignet machte, noch besser als die vierarmigen Hoawiefs (aber die konnten besser kochen). Da sie außerdem noch den Rüssel als Greifarm benutzen konnten, waren sie in der Lage, gleichzeitig an den Töpfen zu rütteln, Pfannen umzurühren, Teller anzurichten, Zwiebeln zu schneiden, Reis zu waschen, abzuspülen und zu kassieren. Ihre Currygerichte schmeckten

Weitere Kostenlose Bücher