Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
Vom Netzwerk:
finsteren Geschäften nach, denn tagsüber schliefen sie, vorwiegend lautstark schnarchend, und nachts empfingen sie Blutschinkenbesuch, mit dem sie seltsame Rituale feierten, bei denen sie gemeinsam in Blecheimer husteten. Wenn ein Blutschink zur Toilette geht, darf man nicht damit rechnen, daß er sie vor drei Stunden wieder verläßt, und man muß noch eine Stunde dazurechnen, bis man die Örtlichkeit wieder betreten kann, ohne ohnmächtig zu werden. Die Geräusche, die er darin macht, sind sogar noch grauenerregender als das Blecheimerhusten.
    Die Yetis, eigentlich gutmütige Typen, neigten leider zum Schlafwandeln und spazierten daher gerne bei Vollmond in fremde Wohnungen, um dort alle Möbel aus dem Fenster zu pfeffern, die hindurchpaßten. Niemand wagte einen schlafwandelnden Yeti zu wecken, denn es ging das Gerücht, daß diejenigen, die es schon einmal gewagt hatten, den Weg ihrer Möbel gegangen waren.
    Allein das Nachhausekommen konnte zum lebensbedrohlichen Abenteuer werden, besonders im Winter, wenn die Außentreppe vom Eis spiegelglatt war und Schneesturm herrschte, oder auch bei schweren Sommergewittern, bei denen man sich vorkam wie eine Schießbudenfigur, auf die mit Blitzen geworfen werden durfte.
    Alle Fenster und Türen des Hauses waren offen, und so konnte es vorkommen, daß ein Wölkchen zum einen Fenster hereinsegelte, sich über dem Wohnzimmerteppich abregnete und durch das andere Fenster wieder entschwand. Bei Gewittern quollen dicke schwarze Wolkenballen herein und raubten uns die Sicht, bis ein Blitz in ihnen explodierte. Man macht sich kaum eine Vorstellung davon, wie laut ein Donnerschlag dort ist, wo er entsteht. Einmal explodierte einer direkt neben meinem Kopf, während ich schlief. Seitdem habe ich diesen dünnen Pfeifton im linken Ohr. An den heißen Sommertagen kam uns unsere hohe Lage sehr gelegen, weil bei uns immer eine frische Brise wehte, aber im Winter lag ständig Schnee in unserer Wohnung. Wir bauten uns daraus ein kleines Iglu, in dem wir schliefen, bis es von der Frühlingssonne geschmolzen wurde.
    Aber es war unser Heim, meine erste eigene Wohnung, bezahlt von selbstverdientem Geld (120 Kupferpyramiden im Monat) und ein relativ sicherer Schutz gegen Vampire und Kakertratten, die, obwohl alle Türen und Fenster offenstanden, sich nicht in ein Haus wagten, das vorwiegend von barbarischen Rabauken mit kohlenschaufelgroßen Händen bewohnt wurde.
    Nur wenn die Erde bebte (und das tat sie mindestens einmal in der Woche in Atlantis), wünschte man sich, in einem kleineren, solideren Gebäude zu wohnen. Es war zwar angeblich noch nie ein Haus durch Erdbeben in dieser Stadt eingestürzt, aber meiner Meinung nach war das nur eine Frage der Zeit, zumindest bei den Schraubentürmen. Die Wände und Böden stöhnten dann wie gepeinigte Gespenster, der Kalk rasselte durch die Hohlräume, und die Möbel spazierten durch die Wohnung, als seien sie lebendig geworden. Befand man sich gerade auf der Außentreppe, wurde es lebensgefährlich, zweimal war ich fast von den Stufen heruntergeschüttelt worden.
    Die Arbeit in der Hoawief-Pizzeria war die erste Beschäftigung in Atlantis, bei der ich etwas fürs Leben lernte, nämlich Kochen. Der Chefkoch und Besitzer des Restaurants, ein schmerbäuchiger Hoawief namens Zakob Yoa war ein Meister seines Fachs, ausgezeichnet mit vier goldenen Löffeln vom nattifftoffischen Feinschmecker-Verband.
    Es gab nicht nur Pizzen auf der Speisekarte, die waren für die schnelle Kundschaft und den Fensterverkauf.
    Im Hinterzimmer wurde ernsthaft gekocht für eine Stammgastgemeinde von Leckermäulern, die es sich leisten konnte. Wann immer ich die Gelegenheit hatte, sah ich Zakob über die Schulter, wenn er seine Spezialitäten zubereitete.
    So lernte ich, wie man einen Schweinebraten in Bier gart, einen Tafelspitz ganz langsam in simmerndem Wasser auf den Punkt genau kocht, ich lernte, wie man Artischocken abschreckt und Austern überbackt (mit einer Mischung aus gehacktem Spinat, Gruyere-Käse und Semmelbröseln). Zakob zeigte mir die einzig wahre Spaghetti-Zubereitung (12 Minuten kochen, nicht abschrecken, einfach aus dem heißen Wasser heben, abtropfen lassen, mit warmer Butter übergießen, zwei rohe Eigelb unterheben, eine Knoblauchzehe darüber auspressen, durchmischen, servieren) und wie man einen Ochsenschwanz so lange bei niedrigster Temperatur dünstet, daß man das Fleisch mit dem Löffel zerdrücken kann (dauert mindestens fünf Stunden). Ferner,

Weitere Kostenlose Bücher