Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die 13. Stunde

Titel: Die 13. Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
Vom Netzwerk:
zum Abendessen in die Haare kriegten, war lächerlich.
     
Die Leuchtstoffröhren unter der Decke des Verhörraums flackerten und erloschen, flammten wieder auf und erloschen noch einmal, und der fensterlose Raum versank in undurchdringlicher Finsternis. Dann begann das Flackern erneut. Sekunden später strahlten die Röhren wieder ihren blassen, trüben Schein ab.
    »Tut mir leid, Quinn«, sagte Dance. »Das Notstromaggregat läuft jetzt seit über neun Stunden. Außerdem hat es schon bessere Zeiten gesehen.«
    Der dritte Mann im Raum, Detektive Robert Shannon, hüllte sich bis jetzt in Schweigen. Er hatte seinen Stuhl gegen die Wand gekippt und wischte sich ein paar Haarsträhnen aus der Stirn. Seinen muskelbepackten Körper hatte er in ein schwarzes Hemd mit kurzen Ärmeln gezwängt, das zwei Nummern zu klein war, um für seine dicken Arme und seinen mächtigen Brustkasten ausreichend Platz zu bieten. Das von Gel schimmernde schwarze Haar trug er zurückgekämmt, und auf dem Kinn war eine kleine Narbe. In seinen schiefergrauen Augen spiegelte sich Zorn, während er in der rechten Hand einen altmodischen Polizeiknüppel hielt, den er vor- und zurückschwang wie einen Baseballschläger im Miniaturformat.
    Nick war überzeugt, dass seine Schuld für Detective Shannon bereits feststand.
    Dance zog ein kleines Diktafon aus der Tasche und drückte die Abspieltaste.
    »Notrufzentrale?«, fragte eine Frauenstimme.
    »Mein Name ist Julia Quinn«, erklang Julias Stimme. »Townsend Court Nummer fünf, Byram Hills. Bitte beeilen Sie sich, mein Mann und …«
    Ein Klicken unterbrach sie. »Hallo?«, fragte die Telefonistin. »Hallo, Ma’am?«
    Dance stellte den Rekorder ab.
    »Ihr Frau hat um achtzehn Uhr zweiundvierzig angerufen«, sagte er zu Nick. »Darf ich fragen, wo Sie zu diesem Zeitpunkt gewesen sind?«
    Nick schwieg. Nicht weil er etwas zu verbergen hatte, sondern weil er fürchtete, dass er schlappmachte, sobald er etwas sagte. Julias Stimme zu hören macht seinen Schmerz nur schlimmer.
    Er wusste genau, wo er um 18.42 Uhr gewesen war: Er hatte noch in der Bibliothek gearbeitet. Nick war fast den ganzen Tag dort gewesen und hatte den Raum nur verlassen, um sich eine Cola oder Kekse aus der Küche zu holen – bis der Schuss ihn aus der Konzentration gerissen hatte. Nick war aufgesprungen und durch die Küche in den hinteren Flur gestürmt, wo er die Tür zur Garage weit offen vorfand.
    Dann sah er Julias Handtasche unter den Mantelhaken liegen, an dem sie gewöhnlich hing. Ihr Inhalt war über den Boden verstreut. Als er sich bückte, um die Sachen aufzuheben, entdeckte er die Blutspur, sah das Blut auf dem weißen Täfelholz, sah Julias schwarzen Rock, ihre langen Beine und ihren Fuß in dem gelben Schuh, während ihr Gesicht von den untersten Stufen der Treppe verdeckt wurde.
    Nick schrie auf, fiel auf die Knie. Unkontrolliert zitternd ergriff er Julias Hand, flüsterte ihren Namen und wusste die ganze Zeit, dass sie ihm nie mehr antworten würde.
    Nach einer Minute, die ihm wie eine Ewigkeit erschien, hob er den Blick und sah seinen besten Freund Marcus, der sichtlich erschüttert neben ihm stand. Nick erhob sich mühsam. Marcus legte ihm die Hände auf die Schultern, hinderte ihn daran, sich Julias Kopf zu nähern, hielt ihn mit der ganzen Kraft seines zweihundertzwanzig Pfund schweren Körpers von einem Anblick fern, der ihn bis an das Ende seiner Tage verfolgt hätte, und zog ihn von der Leiche fort.
    Sie warteten bei Marcus, dem das Nachbarhaus gehörte, auf die Polizei. Über eine Stunde lang saßen sie schweigend auf den Stufen zur Haustür; dann endlich hörten sie die Sirenen, die der Nachbarschaft mitteilten, dass etwas Schlimmes geschehen war. Nick würde dieses Geräusch niemals vergessen, war es doch die Untermalung seines schrecklichen Verlusts und das Vorspiel zu dem wahnwitzigen Albtraum aus Vorwürfen und Anschuldigungen gewesen, der begonnen hatte, kaum dass die Detectives aus dem Wagen gestiegen waren …
    Nun steckte der Grauhaarige den Kopf ins Verhörzimmer und verkündete: »Sein Anwalt ist da.«
    »Das ging ja schnell«, bemerkte Dance.
     »Die Reichen warten nun mal nicht gern.« Shannon sagte zum ersten Mal etwas im Verhörraum, und sein Blick bohrte sich in Nicks Augen.
    »Kommt, Leute. Gehen wir.« Der Grauhaarige winkte die beiden Detectives hinaus.
    Mit lautem Knall schloss sich die Tür hinter den Männern, doch es dauerte keine dreißig Sekunden, bis sie sich wieder öffnete.
    Ein

Weitere Kostenlose Bücher