Die 39 Zeichen 05 - Die Rache der Romanows
es zwei schöne große Betten und Zimmerservice
rund um die Uhr. Mir reicht das vollkommen«, meinte Amy und rieb dabei einen kleinen Gegenstand zwischen ihren Fingern. Es war der Hinweis, den sie in Rasputins Tasche im Jusupow-Palast gefunden hatte. Eine längliche Holzplakette mit einem Wappen und den Worten:
Amy hatte die Worte gleich als Hinweis auf Dostojewskis Verbrechen und Strafe verstanden. Dieser Klassiker gehörte zu ihren Lieblingsbüchern. Amy liebte dicke Wälzer und dieses Buch konnte auch als Türstopper genutzt werden.
Mithilfe des russischen Reiseführers hatte Dan auch das Wappen entschlüsseln können. Darin fand sich ein ganzes Kapitel über Heraldik und er hatte in der Abbildung das Stadtwappen von Omsk erkannt – eben dem Ort, zu dem sich die Holts aufgemacht hatten. Nur dumm, dass sie von den Kabras verfolgt wurden.
Amy nahm Nellies Handy und Ladegerät und suchte nach einer Steckdose. Sie waren zu beschäftigt gewesen, um sich bei ihr zu melden, und ihr schlechtes Gewissen bescherte Amy schon seit Stunden schlimmes Magendrücken.
»Wie konnten wir sie nur den ganzen Tag und die ganze Nacht ohne Nachricht lassen. Nellie muss verrückt sein vor Sorge. Sie glaubt schließlich, wir sind in Kairo und besorgen Donuts.«
Als sie zu ihrem Bruder sah, war Dan gerade damit beschäftigt, den Zimmerservice anzurufen. Auf seinem Schoß lag eine gigantische englisch-russische Speisekarte. Amy schüttelte ungläubig den Kopf, schloss das Telefon an das Ladegerät an und schaltete Nellies Handy ein.
»Sie haben also keine Erdnussbutter-Sandwichs auf der Karte, ja? Das Essen der Reichen macht keinen Spaß«, schmollte Dan. Er hatte schon vergeblich nach Orangenlimonade, Schokoladenkeksen und Zwiebelringen gefragt.
»Ich rufe Nellie an«, unterbrach ihn Amy. »Möchtest du mithören?«
»Warte«, sagte Dan. Er legte auf, nahm seinen Laptop plus Stromkabel und setzte sich neben Amy auf den Boden.
»So schöne Möbel und wir sitzen auf dem Fußboden. Was ist nur los mit uns?«, fragte Amy.
»Wahrscheinlich sind wir nicht fürs Luxusleben geschaffen.
Nur gut so. Sonst würden wir noch enden wie die Kabras.«
Amy dachte bei sich, dass Dan den Verlockungen der goldenen Visakarte doch recht schnell erlegen war.
»Dan, sieh mal. Sie hat Nachrichten.«
Nellies Mailbox blinkte. Amy drückte auf ABHÖREN und schaltete den winzigen Lautsprecher ein.
»Sie haben sieben neue Nachrichten«, verkündete eine Frauenstimme.
Amy drückte auf die sieben, die erste Nachricht wurde abgespielt. Die Verbindung war schlecht und sie verstanden nur Bruchstücke.
»Wenn ihr beide … ruft mich an! Das dauert aber … Donuts holen. Die Nummer vom Hotel ist …« Es rauschte so sehr, dass sie den Rest gar nicht verstanden.
Weitere fünf Nachrichten, alle von Nellie, waren von einer ähnlich schlechten Qualität, und mit jedem Versuch, Amy und Dan zu erreichen, klang ihre Stimme sorgenvoller.
»Die dreht uns den Hals um«, meinte Dan.
»Sehr wahrscheinlich«, stimmte Amy zu.
Sie spielte nun auch die letzte Nachricht ab. Diese stammte nicht von Nellie.
»Wir benötigen einen Statusbericht«, forderte ein Mann mit flüsternder Stimme. »Wir haben bisher nichts gehört.«
Dan und Amy starrten einander an.
»Weißt du, wer das war?«, fragte Amy. »Diese Stimme habe ich noch nie gehört. Du?«
»Nein«, antwortete Dan und schüttelte den Kopf, als wolle er einen schlimmen Gedanken loswerden. Sie sahen sich an, dann wechselte Amy das Thema.
»Ich hoffe, Nellie geht es gut. Ich mache mir Sorgen um sie.«
»Wie es Saladin wohl geht«, meinte Dan, und in seiner Stimme lag Sorge.
»Wir schicken ihr lieber eine E-Mail, anstatt anzurufen«, schlug Amy vor. »Nur, damit sie weiß, dass es uns gut geht. Dann kriegen wir ihren Wutanfall nicht ab. Ich weiß nicht, ob ich den jetzt gebrauchen könnte.«
»Und wir bitten sie, sich gut um Saladin zu kümmern«, fügte Dan hinzu.
Sie entdeckten eine ganze Reihe E-Mails von Nellie, die sich ähnlich anhörten wie ihre Anrufe. Sie versicherte ihnen, dass Saladin wohlauf war, frischen Fisch vom Kairoer Markt verspeiste und ansonsten ausführliche Schläfchen im Hotelzimmer abhielt.
»Siehst du?«, sagte Amy. »Saladin geht es prima.«
Amy nahm den Laptop und schrieb eine kurze Nachricht:
Liebe Nellie, wir sind auf eine Spur gestoßen, der wir unbedingt folgen mussten. Auf einmal waren wir raus aus Kairo und auf dem Weg nach Russland. Es ging
alles rasend schnell. Du wirst uns
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