Die 39 Zeichen 08 - Entfuehrung am Himalaya
einsteigen wollte. Das war erst wenige Wochen her, doch Dan hatte seither viel erlebt. Er hatte die Welt bereist und Abenteuer bestanden, von denen die meisten Menschen nur träumten. Mindestens ein Dutzend Mal wäre er beinahe umgebracht worden. So etwas veränderte einen Menschen. Das Leben fühlte sich anders an, nachdem man dem Tod ins Gesicht geblickt hatte.
Er war nicht derselbe Dan Cahill, der das Geld hatte nehmen und davon Baseballkarten kaufen wollen. Mittlerweile war er auf die Lösung der Zeichen genauso versessen wie Amy und alle anderen. Was für ein Idiot war er gewesen, das alles sausen zu lassen! Er konnte die Jagd gar nicht aufgeben. Er war dafür gemacht! Das galt auch für Amy. Und obwohl er nicht wusste, wie viele Kilometer in diesem Moment zwischen ihnen lagen, waren sie doch eigentlich gar nicht voneinander getrennt, solange sie beide auf der Spur der Zeichen blieben.
Man durfte solchen Leuten wie Cora Wizard und Isabel Kabra nicht die Chance geben, die Welt zu beherrschen.
Ich muss zum Mount Everest!
In der Spielhalle standen auch mehrere Computer. Dan raste zu einem freien Rechner und öffnete den Internet-Browser. Der Geschäftsführer rannte herbei und schrie ihn auf Mandarin an. Dan schleuderte ihm eine Handvoll zerknitterter chinesischer Geldscheine entgegen, in der Hoffnung, dass es für ein paar Minuten online reichen würde.
Mount Everest … Mount Everest … Da war er, an der Grenze zwischen Nepal und Tibet. Und – genau, Tibet lag an der Südwestgrenze Chinas. Das war nicht gerade um die Ecke, aber zumindest nicht am anderen Ende der Welt.
Dan suchte weiter. Er war froh, wieder einmal online zu sein. Amy fühlte sich in einer staubigen Bibliothek am wohlsten, doch Dan war im Internet zu Hause.
Er durchforstete einen Zugfahrplan, auf der Suche nach einer passenden Verbindung. Da war er – ein Zug von Peking, China, nach Lhasa, Tibet. Er hielt etwa auf der Hälfte der Strecke auch in Xian. Dan verzog das Gesicht. 30 Stunden?!
Ich dreh durch!
Ein Flug wäre erheblich schneller, überlegte er. Aber er hatte keinen Pass und kaum noch Geld.
Und als blinder Passagier kommt man nicht in ein Flugzeug.
»… Ich bin in – na ja, ich schätze, das tut nichts zur Sache, weil ich euch jetzt finden muss. Äh … bis später, hoffe ich .«
Als Nellie die Telefonzelle am Flughafen von Peking verließ, stieß sie einen erleichterten Seufzer aus. Die Nachricht war zehn Stunden alt, doch Dan war am Leben! Ein wenig gebeutelt,
aber gesund. Sie konnte es gar nicht erwarten, es Amy zu erzählen.
Der Marathon, der sie zum Flughafen geführt hatte, war schwindelerregend gewesen. Es begann mit einem zehn Kilometer langen Sprint über die Chinesische Mauer zum Busbahnhof, von dort aus brachten sie eine auf eine Stunde angesetzte Busfahrt hinter sich, die wegen des dichten Verkehrs in Peking am Ende jedoch drei Stunden dauerte, und schließlich erreichten sie mit einem Taxi den Flughafen. Und all das mit einer durchgeknallten Katze im Arm.
Amy kam gerade aus der Toilette und bahnte sich einen Weg durch die überfüllte Flughafenhalle. »Hast du die Karten bekommen?«
Nellie nickte grimmig. »Halt dich fest, Kleine. Wir kommen erst morgen hin.«
»Warum denn?«
»Für Tibet braucht man eine spezielle Reisegenehmigung«, erklärte Nellie. »Sie lassen uns heute nur bis Chengdu fliegen. Dort können wir uns morgen früh eine Genehmigung ausstellen lassen und das nächste Flugzeug nach Lhasa nehmen. Aber es gibt auch noch gute Nachrichten. Wir haben eine Nachricht von Dan erhalten.«
Amys überlauter Jubel hallte in der ultramodernen, geschwungenen Flughafenhalle so stark wider, dass sich die Leute nach ihr umdrehten. Ein Sicherheitsbeamter reckte aufgeschreckt den Hals, um zu sehen, woher der Lärm kam.
Nellie legte Amy rasch einen Arm um die Schulter und führte sie zur Telefonzelle, damit sie sich die aufgezeichnete Nachricht selbst anhören konnte. Sie ließ sie viermal ablaufen, bevor sie den Hörer auflegte. »Er klingt verängstigt.«
»Hey.« Nellie Stimme war freundlich, aber bestimmt. »Vergiss nicht, das sind gute Neuigkeiten. Natürlich hat er Angst. Es sieht ganz danach aus, als hätte er sich von den Wizards getrennt. Halb so schlimm. Oder hast du diesen Tingeltangelfritzen getraut?«
»Aber er ist jetzt ganz allein«, klagte Amy.« Warum hat er uns nicht gesagt, wo wir ihn abholen können?«
»Er konnte sich ja nicht sicher sein, dass wir die Nachricht erhalten. Dann
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