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Die 39 Zeichen 10 - Der Schlüssel zur Macht

Die 39 Zeichen 10 - Der Schlüssel zur Macht

Titel: Die 39 Zeichen 10 - Der Schlüssel zur Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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Ansammlung von Silben dahingehend, dass du dich freust, meine Bekanntschaft zu machen, und gerne erfahren möchtest, welche Gedanken und Sorgen ich hege. Ist das korrekt?«
    Jonah hörte sich selbst leise murmeln: »Ja, Madam.«
    Jonah konnte mit Sicherheit sagen, dass er nie zuvor jemanden »Madam« genannt hatte.
    Ihm war nicht einmal bewusst gewesen, dass er diesen Ausdruck kannte.
    Miss Pluderbottom rümpfte die Nase.
    »Schon besser«, sagte sie. »Ich habe gestern im Globe versucht, mit dir zu sprechen.«
    »Ach ja?«, erwiderte Jonah.
    »Du erinnerst dich nicht daran, was ich zu dir gesagt habe?«, erkundigte sich Miss Pluderbottom.
    Jonah konnte sich gerade noch zwingen, nicht zu antworten: Leute wie Sie beachte ich nicht.
    Hatte eine alte Dame mit ihm gesprochen? Miss Pluderbottom war weder jung noch hip. Sie stand nicht auf seiner Liste. Sie konnte Jonah weder bei seiner Karriere noch bei der Zeichenjagd behilflich sein.
    Angesichts der Umstände aber doch , erinnerte er sich jetzt.
    »Leider nicht«, entschuldigte sich Jonah und versuchte so aufrichtig wie möglich zu klingen.
    Miss Pluderbottom sah nicht so aus, als würde sie es ihm abkaufen. Sie pickte eine kleine Fluse von ihrer braunen Polyester-Jacke.
    Jonah empfand unwillkürlich Mitleid mit der Fluse.
    »Warum hast du dir gestern das Stück angesehen, Jonah?«, erkundigte sich Miss Pluderbottom, immer noch mit zusammengekniffenem und misstrauischem Blick.
    »Oh, ich bin ein großer Shakespeare-Fan«, erklärte er. »Willie S. is ne krasse Nummer!«
    »Hmm«, bemerkte Miss Pluderbottom. Sie wartete.
    Jonah wurde der Mund trocken. »Und … wegen meiner Mum«, fügte er hinzu.
    »Ja, natürlich«, meinte Miss Pluderbottom. Sie beugte sich etwas vor. »Aber ich nehme an, deine Mutter wollte, dass du Kultur genießt, anstatt sie zu zerstören.«
    Jonahs Gedanken überschlugen sich vor lauter Panik. »Die meisten Mütter würden das, ja«, erklärte er. »Aber meine … na ja, unsere Familie ist in eine Art Schatzsuche verwickelt.«
    Warum hatte er das gesagt? Jonah kannte doch die unausgesprochene Regel: Erzähl keinem Außenstehenden von der Zeichenjagd.
    Aber Jonah redete weiter. »Am Ende gibt es einen Preis«, erklärte er. »Meine Eltern … nun ja, meine Mutter … sie denkt an nichts anderes. Sie will gewinnen.«
    »Tatsächlich«, bemerkte Miss Pluderbottom. Sie beobachtete ihn immer noch.
    Jonah war es gewohnt, dass die Leute ihn beobachteten. Fast sein gesamtes Leben war aufgezeichnet und in alle Welt ausgestrahlt worden. Alle sahen ihm zu. Aber er war nicht gewohnt, auf diese Weise gemustert zu werden. Als würde Miss Pluderbottom durch ihn hindurchsehen können, als könnte sie seine Gedanken lesen. Als wüsste sie alles, was er jemals getan hatte.
    Wusste sie, dass er Dan und Amy auf einer Krokodilinsel in Ägypten zurückgelassen hatte?
    Dass er vorgehabt hatte, Dan in China sterben zu lassen?
    Ich wusste doch, dass in Ägypten nichts passieren würde! , wollte er Miss Pluderbottom zurufen. Und in China habe ich es mir anders überlegt! Ich bin zurück und hab mein Leben aufs Spiel gesetzt, um Dan zu retten! So schlecht bin ich gar nicht!
    »Und dieser besondere Preis, den man am Ende bekommt«, sagte Miss Pluderbottom leise. »War er es wert, Hunderten von Zuschauern das Stück zu verderben? War er es wert, dein Ansehen zu ruinieren? War er es wert, andere zu belügen?«
    Jonah wand sich in seinem Sessel.
    »Meine Mutter meint, ja«, sagte er. »Es geht da um so etwas wie ein bedeutendes Familienerbe.«
    »Aha, ein Vermächtnis also«, sagte Miss Pluderbottom. »Aber ›Kein Vermächtnis ist so reich als Ehrbarkeit‹, wusstest du das?«
    »Hm«, machte Jonah.
    »Das sagt Shakespeare. Dein Kumpel Willie«, erklärte sie. »In Ende gut, alles gut .«
    Eigentlich hätte es witzig sein müssen, wie Miss Pluderbottom mit geschürzten Lippen »Dein Kumpel Willie« hervorbrachte. Aber Jonah konnte nicht lachen.
    »Ich will dir erzählen, warum ich mir gestern das Stück ansehen wollte«, erklärte Miss Pluderbottom.
    Jonah hörte zu.
    »Ich bin Lehrerin«, sagte Miss Pluderbottom. »Ich unterrichte seit 49 Jahren Shakespeare an einer High School in Cedar Grove in Iowa. Und ich habe die ganze Zeit für diese Reise gespart. Ich habe jeden Tag ein Butterbrot eingepackt – selbst wenn es in der Schulmensa Fleischklopse gab. Und glaub mir, ich liebe Fleischklopse. Ich hab Coupons ausgeschnitten. Ich habe mir keine neuen Kleider mehr

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