Die 39 Zeichen 10 - Der Schlüssel zur Macht
Aufführungen im Globe wurden bis auf Weiteres eingestellt. Die Polizei erwägt, Wizard – und womöglich auch andere Beteiligte – wegen mutwilliger Zerstörung fremden Eigentums zu belangen.«
Amy warf ein Bündel Pfundnoten auf die Theke.
»Das ist für alles zusammen«, sagte sie und deutete auf die Tüten in Dans und Nellies Händen. Sie wusste, dass sie zu viel bezahlte, aber es war ihr egal.
Sie zog Dan und Nellie nach draußen.
»Mann, was ist denn jetzt los?«, fragte Nellie, während sie zum Auto eilten.
Amy fasste den beiden rasch zusammen, was sie in den Nachrichten gehört hatte.
»Wie?«, sagte Dan. »Das ergibt doch keinen Sinn. Während der Zeichenjagd haben Cahills überall auf der Welt historische Bauwerke und Denkmäler zerstört, und das war nie in den Nachrichten!«
»Es wird vertuscht«, erklärte Nellie. »Jeder Zweig bezahlt die Schäden, die auf das Konto seiner Mitglieder gehen. Die Madrigals haben die Schäden, die ihr beide angerichtet habt, immer beglichen.«
Das hatte Amy nicht gewusst.
»Wir haben doch nicht viel kaputt gemacht, höchstens in Venedig«, sagte sie. »Ach ja, und in Wien …«
»Jonahs Familie verfügt ja wohl über genug Geld, um solche Sachen zu verschleiern«, warf Dan ein. »In China hat er massenweise Tonfiguren zerdeppert. Übrigens um mich zu retten. Ich weiß, dass sein Vater der chinesischen Regierung eine Entschädigung gezahlt hat, und so hat nie jemand davon erfahren. Und jetzt hat Jonah im Globe ein Fass umgeworfen und es geht gleich durch alle Kanäle?«
»Etwas hat sich verändert«, sagte Amy langsam. »Etwas ganz Entscheidendes …«
Neuntes Kapitel
Jonah Wizard stand ganz ruhig da. Reglos. Er stand im Madame Tussauds , wo jeder, der sich in den vergangenen 200 Jahren irgendwie einen Namen gemacht hatte, als Wachsfigur verewigt worden war. Um genau zu sein, ahmte Jonah eine Wachsfigur nach, denn die Arbeiten an seinem Ebenbild waren noch nicht ganz fertig. Madame Tussauds hatte eben die Pforten geöffnet und der Raum begann sich mit Menschen zu füllen. Staunend riefen sie aus: »Die sehen ja so echt aus!«
In ein paar Minuten würde Jonah sich rühren. Er würde mit einer minimalen Bewegung beginnen, vielleicht eine Augenbraue heben. Und dann in eine sanfte Tanzbewegung übergehen. Musik würde den Raum erfüllen und er würde zu singen beginnen. Alle würden vor Freude kreischen und sich um ihn drängen. Vielleicht würden einige Mädchen sogar in Ohnmacht fallen.
Normalerweise liebte Jonah derartige Aktionen. Die Musik, die Bewunderung der Fans – dafür lebte er. Aber heute … heute hasste er all das.
Heute war er nicht nur hier, um seine Fans zu begeistern oder für seine Musik, seine Fernsehshows, Energy Drinks, Pop-up-Bücher oder Modemarke zu werben – oder was die umfangreiche Jonah-Wizard-Unterhaltungswelt sonst noch zu bieten hatte. Heute diente er als Ablenkung, war nur Staffage. Während er singen, tanzen und die Aufmerksamkeit aller auf sich lenken würde, wollte seine Mutter einen Hinweis an sich bringen, der angeblich im Schuh von William Shakespeares Wachsfigur ein paar Räume weiter versteckt war. Und falls das Ablenkungsmanöver nicht funktionieren sollte, hatte sie noch mehrere Behälter Giftgas dabei. Und Granaten. Und ein Gewehr.
Jemand könnte verletzt werden , dachte Jonah. Jemand könnte zu Tode kommen. Vielleicht sogar einige meiner Fans, und das meinetwegen.
Und Jonah konnte nichts dagegen tun.
Jonahs Mutter erpresste ihn, damit er dabeiblieb, die Zeichenjagd fortsetzte, und zwar nach ihren Vorstellungen.
Sie war furchtbar wütend gewesen, als er ohne Hinweis aus dem Globe gekommen war.
»Offenbar liegt dir nichts daran, die größte Belohnung der Geschichte zu erhalten«, schimpfte sie. »Du brauchst anscheinend stärkere Anreize.«
»Aber Mum, ich hab’s wirklich versucht«, hatte er entgegnet. »Aber wir sind nun mal keine Lucians. Ich habe überlegt, wie man auf bessere Art gewinnen kann, eher wie ein Janus. Soll ich dir sagen, wie …«
»Es hat nicht funktioniert, oder? Ich will von solchen Spinnereien nichts hören«, hatte Cora ihn unterbrochen und ihm ein dünnes, herzloses Lächeln geschenkt. »Ich weiß, was funktionieren wird .«
Und dann hatte sie selbst die Polizei angerufen. Sie hatte Jonah zum Polizeirevier gefahren, wo er sich mit anderen, zur Wiedererkennung durch Zeugen, in eine Reihe hatte stellen müssen.
»Jetzt hast du deine Alternativen klar vor Augen, oder?«, hatte sie
Weitere Kostenlose Bücher