Die 39 Zeichen 10 - Der Schlüssel zur Macht
dass Sie sich geirrt haben«, sagte Jonah zuversichtlich. »Sie sagen, dass Sie mich verwechselt haben. Dass ich gar nicht im Globe war.«
»Das kann ich nicht. Hast du nicht mitbekommen, was ich über Ehrbarkeit und Aufrichtigkeit gesagt habe?«
»Aber … Sie sind ein Fan!«
»Ein weiterer Grund, warum ich nicht für dich lügen werde«, erklärte sie. »Die Wahrheit zu sagen, ist gut für deinen Charakter, und auch für meinen. ›Dies über alles: Sei dir selber treu, und daraus folgt, so wie die Nacht dem Tage, du kannst nicht falsch sein gegen irgendwen.‹ Aus …«
» Hamlet «, warf Jonah trübsinnig ein.
Jonah kam sich genauso verflucht vor wie Hamlet. Miss Pluderbottom würde ihre Aussage nie widerrufen. Jonah würde wegen Vandalismus verurteilt werden. Seine Karriere wäre beendet. Und die Zeichenjagd würde sich noch weiter zuspitzen. Bis er wirklich jemanden töten müsste.
»Jonah, das sind keine leeren Worte«, beharrte Miss Pluderbottom sanft. »Ich glaube, du solltest dir vor allem selbst treu sein.«
Sie meinte damit wahrscheinlich, er sollte vor aller Welt zugeben, dass er Shakespeare bewunderte. Aber Jonah hörte noch viel mehr aus ihren Worten heraus.
Bin ich der Junge, der Dan zu Tode kommen lassen wollte … oder derjenige, der ihn gerettet hat? , fragte sich Jonah. Derjenige, der seiner Mutter gehorcht oder derjenige, der einen besseren Weg erkennt?
Wer bin ich?
Zehntes Kapitel
Dan spähte in die Wiege. Dort lag eine Puppe, die William Shakespeare als Säugling darstellen sollte.
Vielleicht ist der nächste Hinweis irgendwo an der Puppe versteckt , dachte Dan. Unter den Kleidern? Im Innenleben?
Dan griff nach der Puppe …
Und spürte, wie sein Körper zurückgerissen wurde. Jemand hatte ihn am Kragen gepackt.
»Junger Mann!« Es war die Museumsangestellte. Als Amy, Nellie und er den Raum betreten hatten, der angeblich Shakespeares Geburtszimmer war, hatte sie noch sehr freundlich gewirkt.
Jetzt funkelte ihn die Frau wütend an.
»Die Ausstellungsstücke werden nicht angefasst«, sagte sie streng.
»Aber sie haben doch eben erzählt, keines der Möbelstücke sei original, also …«
»Trotzdem sind sie mehrere 100 Jahre alt!«, sagte die Museumsangestellte.
Wäre es zu gewagt, wenn Dan nun entgegnete: »Nicht die Puppe. Die Puppe ist aus Plastik.«?
Bevor Dan sich entscheiden konnte, schob ihn die Angestellte ins nächste Zimmer.
»Raus!«, befahl sie.
Amy und Nellie blieben zurück und taten so, als würden sie Dan nicht kennen. Vielleicht würden sie auch ohne ihn einen Hinweis entdecken.
Als die drei sich aber später im Garten hinter Shakespeares Geburtshaus wiedertrafen, schüttelte Amy niedergeschlagen den Kopf.
»Diese Frau war ein aufsteigender Poller!«, beschwerte sich Dan.
»Ist das wieder ein Shakespeare-Schimpfwort?«, fragte Nellie.
»Nein, das hab ich auf einem Straßenschild gelesen«, erzählte Dan. »›Vorsicht, aufsteigende Poller‹, das müssen irgendwelche Straßensperren sein. Aber hört sich an wie ein tolles Schimpfwort, oder?«
Amy nahm ihren Rucksack ab und ließ ihn auf den Boden fallen. Sie schleppte ein Dutzend Shakespeare-Bücher mit sich, »nur für den Fall«. Sie schien die Last auf Dans Zehen abstellen zu wollen, aber er wich aus.
» Mal ehrlich, Dan«, sagte Amy. »Hast du gedacht, du könn test einfach mitnehmen, was dir gefällt, und die Museumsfrau schaut zu? Benutz doch mal dein Hirn!«
»Ich hab mein Hirn benutzt«, beharrte Dan. »Ich hab gedacht, sie sieht es nicht. Und dass die Puppe eigentlich das beste Versteck für einen Hinweis wäre. Und dass wir nicht mehr viel Zeit haben. Was ist, wenn jemand vor uns an den nächsten Hinweis gelangt?«
Amy stemmte die Hände in die Hüften.
»Siehst du hier etwa ein anderes Team auf der Lauer liegen?«, fragte Amy.
»Nein, aber …«
Dan brach ab, da Amy ihm nicht mehr zuhörte. Sie sah sich den verlassenen Garten an und in ihrem Gesicht stand Verwunderung. Sie lief zum Zaun und sah links und rechts die Straße entlang.
»Was suchst du?«, fragte Dan.
Amy kam zurück und zog eine Grimasse.
»Cahills«, sagte sie. »Ist es nicht seltsam, dass keiner der anderen hier ist?«
Es war tatsächlich komisch, fand jetzt auch Dan. Die anderen Teams hatten 18 Stunden Zeit gehabt, um Amy, Dan und Nellie einzuholen. Das Shakespeare-Geburtshaus war schon geschlossen gewesen, als sie am Abend vorher in Stratford angekommen waren. Es verfügte über massiv aussehende Gitter vor jedem
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