Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Regiment Nummer 91, hat sie mitgenommen, und ich bin hier auf dem Bahnhof geblieben.«
»Was bedeutet das: ›milácku‹?« wandte sich der Feldwebel an einen seiner Soldaten, einen alten Landwehrmann, der seinem |248| Feldwebel allem Anschein nach alles zu Trotz machte, denn er sagte ruhig: »Milácek, das is wie: Herr Feldwebel!«
Der Feldwebel setzte die Unterredung mit Schwejk fort: »Dokumente hat jeder Soldat, ohne Dokumente wird so ein Lauskerl auf dem Bahnhofskommando eingesperrt wie ein toller Hund.«
Man führte Schwejk zum Bahnhofskommando, wo in der Wachstube die Mannschaft saß, die ebenso aussah wie der alte Landwehrmann, der das Wort »Milácek« seinem angeborenen Feind, der Feldwebelobrigkeit, so hübsch ins Deutsche zu übersetzen verstand.
Die Wachstube war mit Lithographien geschmückt, die das Kriegsministerium in jener Zeit an alle Kanzleien, durch die Soldaten passierten, als auch an Schulen und Kasernen verschicken ließ.
Den braven Soldaten Schwejk begrüßte ein Bild, das, der Aufschrift nach zu schließen, darstellte, wie der Zugführer Franz Hammel und die Feldwebel Paulhart und Buchmayer vom k. k. 21. Schützenregiment die Mannschaft zum Ausharren anspornen. Auf der andern Seite hing ein Bild mit der Aufschrift: Zugführer Jan Danko vom 5. Regiment der Honvédhusaren kundschaftet die Stellung einer feindlichen Batterie aus.
Auf der rechten Seite, etwas niedriger, hing ein Plakat:
Seltene Beispiele von Tapferkeit
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Mit solchen Plakaten, deren erfundene Beispiele in den Kanzleien des Kriegsministeriums von diversen eingezogenen deutschen Journalisten verfaßt wurden, wollte das alte blöde Österreich die Soldaten begeistern, die diese Plakate niemals lasen; und wenn man ihnen solche großartigen Beispiele von Tapferkeit in Buchform an die Front schickte, drehten sie sich aus den Blättern Zigarettenhülsen für Pfeifentabak oder verwendeten sie noch zweckmäßiger, wie dies dem Wert und Geist dieser erfundenen großartigen Beispiele von Mut entsprach.
Während der Feldwebel einen Offizier suchte, las Schwejk auf dem Plakat:
Trainsoldat Josef Bong
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|249| Die Soldaten des Sanitätskorps schafften Schwerverwundete zu den Wagen, die in einem gedeckten Hohlweg bereitstanden. Sobald dieselben voll waren, fuhr man mit ihnen auf den Verbandplatz. Die Russen, die diese Wagen bemerkten, fingen an, sie mit Granaten zu belegen. Das Pferd des Trainsoldaten Josef Bong von der k. und k. 3. Trainschwadron wurde von einem Granatsplitter getötet. Bong jammerte: »Mein armer Schimmel, es ist aus mit dir.« In diesem Augenblick wurde er selbst von einer Granate erfaßt. Trotzdem spannte er sein Pferd aus und zog das Dreigespann in ein sicheres Versteck. Hierauf kehrte er zurück, um das Geschirr seines getöteten Pferdes zu holen. Die Russen schossen ununterbrochen. »Schießt nur, verdammte Wüteriche, ich laß das Geschirr nicht hier!« Mit diesen Worten nahm er dem Pferd das Geschirr ab. Endlich war er fertig und schleppte das Geschirr zurück zum Wagen. Hier mußte er wegen seines langen Ausbleibens ein Donnerwetter der Sanitätssoldaten über sich ergehen lassen: »Ich wollte das Geschirr nicht dortlassen, es ist beinahe neu. Es wäre schade darum, dachte ich mir. Wir haben keinen Überfluß an solchen Dingen«, entschuldigte sich der tapfere Krieger und fuhr zum Verbandplatz, wo er sich erst dann verwundet meldete. Sein Rittmeister schmückte später die Brust des heldenmütigen Soldaten mit der silbernen Tapferkeitsmedaille.
Als Schwejk zu Ende gelesen hatte und der Feldwebel noch immer nicht zurückkehrte, sagte er zu den Landwehrmännern in der Wachstube: »Das ist ein sehr schönes Beispiel von Tapferkeit, so wern bei uns in der Armee lauter neue Pferdegeschirre sein, aber wie ich in Prag war, so hab ich im Prager Amtsblatt noch einen hübschern Fall von einem Einjährigfreiwilligen namens Doktor Josef Vojna gelesen. Der war in Galizien beim siebten Feldjägerbataillon, und wies zum Bajonettkampf gekommen is, so hat er eine Kugel in den Kopf gekriegt, und wie sie ihn aufn Verbandplatz getragen ham, hat er sie angebrüllt, er wird sich nicht wegen so einer Schramme verbinden lassen. Und hat wieder gleich mit seinem Zug vorrücken wolln, aber eine Granate hat ihm den Knöchel abgehaut. Wieder |250| ham sie ihn wegtragen wolln, aber da hat er angefangen auf Krücken zur Kampflinie zu humpeln und hat sich mitm Stock gewehrt, und eine neue Granate is geflogen gekommen und reißt ihm die
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