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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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steht wirklich für zwanzig Kronen«, sagte Schwejk, der vollständig ruhig geblieben war, aufrichtig, »das is noch sehr billig. Einmal, wie Seine Majestät der Kaiser in Zižkov auf Besuch war, hat ein gewisser Franta Schnor seinen Wagen angehalten, indem er vor Seiner Majestät dem Kaiser in der Fahrbahn auf die Knie gefallen is. Dann hat der Polizeikommissär aus diesem Rayon zu Herrn Schnor weinend gesagt, daß er ihm das nicht in seinem Rayon hätt machen solln, daß ers um eine Gasse tiefer hätt machen solln, was schon zum Polizeirat Kraus gehört, daß er dort hätt seine Huldigung bezeugen solln. Dann hat man diesen Herrn Schnor eingesperrt.«
    Schwejk blickte gerade prüfend umher, als der Oberschaffner den Kreis der Zuhörer erweiterte.
    »No, jetzt könnten wir schon weiterfahren«, sagte Schwejk, »es ist nicht angenehm, wenn der Zug sich verspätet. Wenns im Frieden wär, na dann mit Gott, aber wenn Krieg is, so soll jeder wissen, daß in jedem Zug Militärpersonen, Generalmajore, Oberlajtnants, Burschen fahren. Eine jede solche Verspätung is eine hinterlistige Sache. Napoleon hat sich bei Waterloo um fünf Minuten verspätet, und sein ganzer Ruhm war beim Teufel.«
    In diesem Augenblick drängte sich Oberleutnant Lukasch durch die Gruppe der Zuhörer. Er war fürchterlich blaß und konnte nichts anderes aus sich hervorstoßen als: »Schwejk!«
    Schwejk salutierte und ließ sich vernehmen: »Melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, man hats auf mich geschoben, daß ich den Zug angehalten hab. Das Eisenbahn-Ärar hat sehr komische Plomben bei den Notbremsen. Man soll ihnen lieber gar nicht in die Nähe kommen, sonst kommt ein Malör heraus, und man kann zwanzig Kronen von einem verlangen, wie von mir.«
    |242| Der Oberschaffner war schon draußen, gab ein Signal, und der Zug setzte sich wieder in Bewegung.
    Die Zuhörer begaben sich auf ihre Plätze in den Kupees. Oberleutnant Lukasch sagte kein Wort mehr und ging ebenfalls auf seinen Platz.
    Nur der Schaffner und der Eisenbahner blieben zurück. Der Schaffner zog ein Notizbuch hervor und stellte einen Bericht über den ganzen Vorfall zusammen. Der Eisenbahner blickte gehässig auf Schwejk, der ruhig fragte: »Sind Sie schon lange bei der Bahn?«
    Da der Eisenbahner nicht antwortete, erklärte Schwejk, er habe einen gewissen Mlitschek-Franz aus Ouřinowetz bei Prag gekannt, der auch einmal so eine Notbremse gezogen habe und so erschrocken sei, daß er für vierzehn Tage die Sprache verloren und sie erst dann wiedergewonnen habe, als er zu einem gewissen Wanĕk, Gärtner in Hostiwař, zu Besuch gekommen sei und sich dort gerauft habe, wobei an ihm ein Ochsenziemer zerbrochen wurde: »Das is«, fügte Schwejk hinzu, »im Jahre 1912 im Mai geschehn.«
    Der Eisenbahner öffnete die Tür zum Klosett und sperrte sich darin ein. Zurück blieb der Zugführer mit Schwejk; er verlangte von diesem zwanzig Kronen Strafe, wobei er betonte, daß er ihn im umgekehrten Fall in Tabor dem Stationsvorstand vorführen müsse.
    »Gut«, sagte Schwejk, »ich sprech gern mit gebildeten Leuten und mich wirds sehr freun, wenn ich den Stationsvorstand von Tabor sehn wer.«
    Schwejk zog aus der Bluse eine Pfeife hervor, zündete sich sie an, und indem er den scharfen Rauch des Kommißtabaks von sich blies, fuhr er fort: »Vorjahren gabs in Zittau einen Stationsvorstand namens Wagner. Der war ein Leuteschinder zu seinen Untergebenen und hat sie sekkiert, wo er konnt, und am meisten hat er sich auf einen gewissen Weichenwärter Jungwirt verlegt, bis sich der Arme aus Verzweiflung im Fluß ertränkt hat. Bevor er das aber gemacht hat, hat er dem Stationsvorstand einen Brief geschrieben, daß es in der Nacht bei ihm spuken wird. Aber ich lüg Ihnen nicht. Er hats ausgeführt. Der |243| liebe Vorstand sitzt in der Nacht beim Telegrafenapparat, die Glocken ertönen, und der liebe Vorstand nimmt ein Telegramm in Empfang: ›Wie gehts dir, gemeiner Kerl? Jungwirt.‹ Die ganze Woche hats gedauert, und der Vorstand hat angefangen, nach allen Seiten Diensttelegramme zu schicken, als Antwort für das Gespenst: ›Verzeihs mir, Jungwirt.‹ Und in der Nacht drauf hat ihm der Apparat folgende Antwort geklopft: ›Häng dich auf dem Semaphor bei der Brücke auf, Jungwirt.‹ Und der Herr Vorstand hat gefolgt. Dann hat man den Telegrafisten von der Station von Zittau eingesperrt. Sehn Sie, es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, von denen wir nicht mal eine Ahnung ham.«
    Der Zug fuhr in den

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