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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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mit Gas. Du ziehst dirs übern Kopf und bist vergiftet, wie mans uns in der Unteroffiziersschule erklärt hat.«
    »Man macht euch nur Angst«, ließ sich Schwejk vernehmen, »kein Soldat soll sich nie vor nichts fürchten. Sogar wenn er im Kampf in eine Latrine fällt, so soll er sich nur ablecken und wieder ins Gefecht gehn, und an Giftgas is jeder aus der Kaserne gewöhnt, wenns frisches Kommißbrot und Erbsen mit Graupen gibt. Aber jetzt ham herich die Russen was gegen die Chargen erfunden …«
    »Das wern wahrscheinlich besondere elektrische Ströme sein«, ergänzte der Einjährigfreiwillige, »sie werden mit den Sternchen am Kragen verbunden, und die explodieren, weil sie aus Zelluloid sind. Das wird wieder eine neue Katastrophe sein.«
    Obwohl der Korporal in Zivil mit Ochsen zu tun hatte, begriff er vielleicht zu guter Letzt dennoch, daß man ihn zum besten hielt, und begab sich an die Spitze der Patrouille.
    Man näherte sich bereits dem Bahnhof, wo die Budweiser von ihrem Regiment Abschied nahmen. Der Abschied hatte keinen offiziellen Charakter, aber der Platz vor dem Bahnhof war voll von Menschen, die das Militär erwarteten.
    Schwejks Interesse konzentrierte sich auf das spalierstehende Publikum, und wie dies immer zu sein pflegte, so geschah es auch jetzt, daß die braven Soldaten hinten schritten und die unterm Bajonett voran. Die braven Soldaten sollten später in |333| Viehwagen gezwängt werden, während Schwejk und der Einjährigfreiwillige in einem separaten Arrestantenwagen fahren sollten, den man den Militärzügen immer gleich hinter dem Stabswaggon beigab. In so einem Arrestantenwagen gibts Platz im Überfluß.
    Schwejk konnte sich nicht enthalten, dem Spalier »Nazdar!« zuzurufen und die Mütze zu schwenken. Das wirkte so suggestiv, daß die Menge es laut wiederholte; das »Nazdar« flog von Mund zu Mund und erdröhnte vor dem Bahnhof, wo man bereits zu sagen begann: »Sie kommen schon.«
    Der Korporal der Eskorte war ganz unglücklich und brüllte Schwejk zu, er möge das Maul halten. Aber der Ruf verbreitete sich wie eine Lawine. Die Gendarmen drängten das Spalier zurück und bahnten der Eskorte einen Weg, die Massen fuhren fort, »Nazdar!« zu brüllen und winkten mit Mützen und Hüten.
    Es war eine richtige Manifestation. Aus den Fenstern des dem Bahnhof gegenüberliegenden Hotels winkten Damen mit Taschentüchern und schrien: »Heil!« In das »Nazdar« mengten sich Heilrufe aus der Menge, und einem Begeisterten, der die Gelegenheit benützte, um auszurufen: »Nieder mit den Serben!«, stellte man ein Bein und trat in einem künstlichen Gedränge ein bißchen auf ihm herum. Und wie ein elektrischer Funke sprang es überall empor: »Sie kommen schon!«
    Und sie kamen, wobei Schwejk unter den Bajonetten den Massen freundlich zuwinkte und der Einjährigfreiwillige ernsthaft salutierte.
    So betraten sie den Bahnhof und näherten sich dem bereitstehenden Zug; die Scharfschützenkapelle, deren Kapellmeister durch die unerwartete Manifestation ernstlich verwirrt war, hätte beinahe angefangen, »Gott erhalte, Gott beschütze« zu spielen. Zum Glück tauchte im letzten Augenblick der Oberfeldkurat Pater Lacina von der 7. Reiterdivision in schwarzem hartem Hut auf und fing an, Ordnung zu schaffen.
    Seine Geschichte war recht einfach. Er – ein Nimmersatt und der Schrecken aller Offiziersmenagen – war am Tage vorher in Budweis eingetroffen und hatte gleichsam zufällig an |334| dem kleinen Bankett des abfahrenden Regiments teilgenommen. Er aß und trank für zehn und ging in mehr oder minder nüchternem Zustand in die Küche der Offiziersmenage, um von den Köchen Überreste herauszulocken. Er verschlang schüsselweise Soße und Knödel, riß wie eine wilde Katze Fleisch von den Knochen und stöberte schließlich in der Küche Rum auf; als er so viel getrunken hatte, daß er rülpste, kehrte er zu dem Abschiedsabend zurück, wo er von neuem durch Saufen brillierte. Er hatte in dieser Hinsicht reiche Erfahrungen gesammelt, und bei der 7. Reiterdivision zahlten die Offiziere immer auf ihn drauf. Am Morgen fiel ihm ein, daß er bei der Abfahrt des Regiments Ordnung schaffen müsse. Deshalb trieb er sich längs des ganzen Spaliers herum und spielte sich auf dem Bahnhof in solcher Weise auf, daß die Offiziere, die die Einwaggonierung des Regiments leiteten, sich vor ihm in der Kanzlei des Stationsvorstandes verbargen.
    So geschah es, daß er zur rechten Zeit vor dem Bahnhof auftauchte, um dem

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