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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Degradation, Herr Korporal.«
    Der Korporal sagte verlegen, daß er den Oberfeldkuraten nicht in den Waggon gelassen habe, sondern daß dieser sich ihnen selbst angeschlossen habe und daß er doch sein Vorgesetzter sei.
    »Hier sind Sie der einzige Vorgesetzte«, behauptete nachdrücklich der Einjährigfreiwillige, dessen Worte Schwejk ergänzte: »Selbst wenn sich uns Seine Majestät der Kaiser hätt anschließen wolln, so ham Sies nicht erlauben dürfen. Das is wie auf der Wache, wenn zu einem Rekruten der Inspektionsoffizier kommt und ihn bittet, er soll ihm Zigaretten holen, und der fragt ihn noch, welche Sorte er bringen soll. Auf solche Sachen gibts Festung.«
    Der Korporal wandte schüchtern ein, Schwejk habe doch |337| als erster dem Oberfeldkuraten gesagt, daß er mit ihnen fahren könne.
    »Ich kann mirs erlauben, Herr Korporal«, antwortete Schwejk, »weil ich blöd bin, aber von Ihnen möchts niemand erwarten.«
    »Dienen Sie schon lange aktiv?« fragte den Korporal gleichsam nebenhin der Einjährigfreiwillige.
    »Das dritte Jahr. Jetzt soll ich zum Zugsführer befördert wern.«
    »Also darüber machen Sie ein Kreuz«, sagte der Einjährigfreiwillige zynisch, »wie ich Ihnen schon gesagt hab, draus schaut Degradation heraus.«
    »Es is alles eins«, ließ sich Schwejk vernehmen, »ob man als Charge fällt oder als gemeiner Soldat – aber wahr is, daß sie Degradierte herich in die ersten Reihen stecken.«
    Der Oberfeldkurat regte sich.
    »Er schnarcht«, verkündete Schwejk, als er festgestellt hatte, daß mit dem Oberfeldkuraten alles in bester Ordnung sei, »jetzt träumt er gewiß von einer Fresserei. Ich fürcht mich nur, er soll sich uns hier nicht ausmachen. Nämlich mein Feldkurat, wenn der sich besoffen hat, hat er sich im Schlaf nicht gespürt. Einmal hat er euch …«
    Und Schwejk fing an, seine Erfahrungen mit dem Feldkuraten Otto Katz so detailliert und interessant darzulegen, daß sie gar nicht merkten, wie sich der Zug in Bewegung setzte. Erst das Gebrüll aus den rückwärtigen Waggons unterbrach Schwejks Erzählung. Die 12. Kompanie, bei der lauter Deutsche aus Krumau und Bergreichenstein standen, schmetterte:
    Wann ich kumm, wann ich kumm,
    wann ich wieda-wiedakumm.
    Und aus einem andern Waggon brüllte irgendein Verzweifelter dem sich entfernenden Budweis zu:
    Und du mein Schatz
    bleibst hier.
    Holarja, holarjo holo!
    |338| Es war ein so schreckliches Gejohle und Gekreisch, daß ihn die Kameraden von der offenen Türe des Viehwaggons zerren mußten.
    »Es wundert mich«, sagte der Einjährigfreiwillige dem Korporal, »daß sich bei uns noch keine Inspektion gezeigt hat. Vorschriftsmäßig hätten Sie uns gleich auf dem Bahnhof beim Zugkommandanten melden und sich nicht mit einem betrunkenen Oberfeldkuraten abgeben sollen.«
    Der unglückliche Korporal schwieg hartnäckig und blickte eigensinnig auf die nach rückwärts laufenden Telegrafenstangen.
    »Wenn ich bedenke, daß wir bei niemandem gemeldet sind«, fuhr der Einjährigfreiwillige fort, »und daß auf der nächsten Station sicher der Kommandant zu uns in den Zug kommen wird, bäumt sich in mir mein militärisches Blut auf. Wir sind ja wie …«
    »Zigeuner«, fiel Schwejk ein, »oder Landstreicher. Mir kommts vor, wie wenn wir uns vor Gottes Licht fürchten müßten und uns nirgends melden dürfen, damit man uns nicht einsperrt.«
    »Außerdem«, sagte der Einjährigfreiwillige, »muß man auf Grund der Verordnung vom 21. November 1879 bei der Überführung militärischer Arrestanten mittels Zügen folgende Vorschriften einhalten: Erstens: Der Arrestantenwaggon muß mit Gittern versehen sein. Das ist klar wie die Sonne und hier auch nach Vorschrift durchgeführt. Wir befinden uns hinter vollendeten Gittern. Das wäre also in Ordnung. Zweitens: Nach der ergänzenden k. u. k. Verordnung vom 21. November 1879 soll sich in jedem Arrestantenwaggon ein Abort befinden. Ist er nicht vorhanden, soll der Waggon mit einem bedeckten Gefäß zur Verrichtung der großen und kleinen Notdurft der Arrestanten und der begleitenden Wache versehen sein. Hier bei uns kann man eigentlich nicht von einem Arrestantenwaggon sprechen, in dem sich ein Abort befinden sollte. Wir befinden uns einfach in einem besonderen Kupee, das von der ganzen Welt isoliert ist. Und es ist auch kein Gefäß hier …«
    »Sie könnens aus dem Fenster machen«, bemerkte der Korporal voll Verzweiflung.
    |339| »Sie vergessen«, sagte Schwejk, »daß kein Arrestant zum

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