Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Abend veranstalteten beide auf den Pritschen patriotische Kundgebungen.
Am Abend erscholl es immer aus dem Arrest: »Gott erhalte, Gott beschütze« und »Prinz Eugen, der edle Ritter«. Sie sangen auch eine ganze Reihe von Soldatenliedern, und wenn der Profos kam, ertönte es zu seiner Begrüßung:
Unserem guten Profosen
soll niemals was zustoßen,
den soll mal erst der Teufel
selbst aus der Hölle holen.
Der kommt mit einem Wagen,
|328| wird an die Wand ihn schlagen,
und die Teufel in der Hölle
heizen mit ihm ein …
Und über die Pritsche zeichnete der Einjährigfreiwillige den Profosen, und darunter schrieb er den Text des alten Liedes:
Als ich nach Prag ging, um Blutwurst zu kaufen,
kam mir ein Hanswurst entgegengelaufen.
Es war kein Hanswurst, ’s war ein Profos,
wär ich nicht weggerannt, ich wär in der Soß.
Und während sie beide den Profosen so reizten, wie man in Sevilla einen andalusischen Stier mit einem roten Tuche reizt, wartete Oberleutnant Lukasch ängstlich auf das Erscheinen Schwejks und auf seine Meldung über den Wiederantritt des Dienstes.
3
Schwejks Erlebnisse in Királyhida
Das 91. Regiment übersiedelte nach Brück an der Leitha, nach Királyhida.
Gerade drei Stunden bevor Schwejk nach dreitägigem Arrest in Freiheit gesetzt werden sollte, wurde er mit dem Einjährigfreiwilligen auf die Hauptwache geführt und mit einer Eskorte Soldaten auf den Bahnhof gebracht.
»Man hat schon längst gewußt«, sagte ihm unterwegs der Einjährigfreiwillige, »daß man uns nach Ungarn versetzen wird. Dort werden Marschbataillone zusammengestellt, die Soldaten werden im Feldschießen ausgebildet, raufen sich mit den Magyaren, und es geht vergnügt in die Karpaten. Hier nach Budweis kommt eine magyarische Garnison, und die Rassen werden sich vermischen. Es gibt eine Theorie, daß die Vergewaltigung von Mädchen einer fremden Nation das beste Mittel gegen Degeneration ist. Das haben die Schweden und Spanier |329| im Dreißigjährigen Krieg und die Franzosen unter Napoleon gemacht, und jetzt werden es in der Budweiser Gegend die Magyaren machen, und es wird nicht mit groben Vergewaltigungen verbunden sein. Mit der Zeit gibt sich alles. Es wird ein bloßer Austausch werden. Der tschechische Soldat wird mit einem magyarischen Mädchen schlafen und ein armes tschechisches Mädchen einen magyarischen Honvéd bei sich empfangen, und nach Jahrhunderten wird es für die Anthropologen eine interessante Überraschung sein, an den Ufern der Maltsch Menschen mit hervorstehenden Backenknochen zu finden.«
»Mit dieser gegenseitigen Paarung«, bemerkte Schwejk, »is es überhaupt eine interessante Sache. In Prag is ein Kellner, der Neger Kristian, sein Vater war ein abyssinischer König und is in Prag auf der Hetzinsel in einem Zirkus aufgetreten. In den hat sich eine Lehrerin verliebt, die in der ›Lada‹ 1 Gedichte von Hirten und Bächlein im Wald geschrieben hat, die is mit ihm ins Hotel gegangen und hat mit ihm Unzucht getrieben, wies in der Heiligen Schrift heißt, und hat sich sehr gewundert, daß ihr ein ganz weißes Knäblein geboren worden is. Ja, aber in vierzehn Tagen hat das Knäblein angefangen, braun zu wern. Brauner und brauner is es geworn, und in einem Monat hat es angefangen, schwarz zu wern. Mit einem halben Jahr is es schwarz wie sein Vater, der abyssinische König. Sie is mit ihm auf die Klinik für Hautkrankheiten gegangen, damit man ihr ihn irgendwie entfärbt, aber dort hat man ihr gesagt, daß es eine wirkliche schwarze Negerhaut is und daß sich nichts machen läßt. Sie is davon verrückt geworn, hat angefangen, in Zeitschriften um Rat zu fragen, was man gegen Neger machen soll, und man hat sie in die Kateřinky 2 geschafft, und den kleinen Neger hat man ins Waisenhaus gegeben, wo man mit ihm einen großen Jux gehabt hat. Dann is er ausgelernter Kellner worn und is in Nachtcafés tanzen gegangen. Heut wern nach ihm mit großem Erfolg tschechische Mulatten geboren, was nicht mehr so gefärbt sind wie er. Ein Mediziner, der zum ›Kelch‹ gegangen is, hat uns mal erklärt, daß das aber nicht so |330| einfach is. Nämlich so ein Mischling bringt wieder Mischlinge zur Welt, und die sind schon nicht von weißen Menschen zu unterscheiden. Aber plötzlich in einem Geschlecht zeigt sich herich ein Neger. Stelln Sie sich das Malör vor. Sie heiraten ein Fräulein. Das Luder is ganz weiß, und plötzlich bringt sie Ihnen einen Neger zur Welt. Und wenn sie sich vor neun Monaten ohne
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