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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Jahrgang vererbte, auf beiden Seiten von traditionellen Histörchen begleitet. Entweder hatten die Infanteristen die Artilleristen in die Moldau geworfen oder umgekehrt. Oder sie hatten sich im »Port-Arthur«, bei der »Rose« und in vielen anderen Vergnügungslokalen der südböhmischen Metropole gerauft.
    »Nichtsdestoweniger«, fuhr der Oberst fort, »muß so eine Sache exemplarisch bestraft werden, der Kerl muß aus der Einjährigfreiwilligenschule ausgeschlossen, moralisch vernichtet werden. Wir haben schon genug solche Intelligenzler in der Armee. Regimentskanzlei!«
    Der Feldwebel aus der Regimentskanzlei näherte sich ernst mit Akten und Bleistift.
    Es herrschte Stille wie in einem Gerichtssaal, wo man Mörder richtet und wo der Vorsitzende des Gerichtes sagt: »Ver nehmen Sie das Urteil.«
    Und mit ebensolcher Stimme verkündete der Oberst: »Ein jährigfreiwilliger Marek wird bestraft mit einundzwanzig Tagen verschärften Arrestes und nach Verbüßung der Strafe zum Kartoffelkratzen in der Küche.«
    Zu der Einjährigfreiwilligenschule gewendet, gab der Oberst den Befehl zum Abtreten. Man hörte, wie sich die Einjährigen schnell in Viererreihen formierten und entfernten, wobei der Oberst Hauptmann Sagner sagte, es klappe nicht, er solle mit |326| ihnen auf dem Hof nachmittags die Marschschritte wiederholen.
    »Das muß donnern, Herr Hauptmann. Und noch etwas. Beinahe hätte ich vergessen. Sagen Sie ihnen, daß die ganze Einjährigfreiwilligenschule fünf Tage Kasernenarrest hat, damit sie nie ihren gewesenen Kollegen, diesen Lumpen Marek, vergißt.«
    Und der Lump Marek stand neben Schwejk und sah ganz zufrieden aus. Besser hätte es gar nicht ausfallen können. Es ist entschieden besser, in der Küche Kartoffeln zu kratzen, Knödel zu drehen und Rippen abzunehmen, als mit vollen Hosen unter dem orkanartigen Feuer des Feindes zu brüllen: »Einzeln abfallen! Bajonett auf!«
    Als Oberst Schröder von Hauptmann Sagner zurückkehrte, blieb er vor Schwejk stehen und betrachtete ihn aufmerksam. Schwejks Gestalt wurde in diesem Augenblick durch sein volles, lächelndes Gesicht repräsentiert, das große, unter der in die Stirn gedrückten Mütze hervorschauende Ohren abgrenzten. Sein ganzes Äußere machte den Eindruck vollständiger Sicherheit und Unkenntnis irgendeiner Schuld. Seine Augen fragten: Bitte, kann ich für etwas?
    Und der Oberst faßte seine Beobachtung in der Frage zusammen, die er an den Feldwebel der Regimentskanzlei richtete: »Blöd?«
    Und da sah der Oberst, wie der Mund des gutmütigen Gesichtes vor ihm sich öffnete.
    »Melde gehorsamst, Herr Oberst, blöd«, antwortete Schwejk für den Feldwebel.
    Oberst Schröder winkte dem Adjutanten und trat mit ihm zur Seite. Dann riefen sie den Feldwebel und prüften mit ihm das Material über Schwejk.
    »Aha«, sagte Oberst Schröder, »das ist also der Putzer von Oberleutnant Lukasch, der ihm seinem Rapport zufolge in Tabor verlorengegangen ist. Ich denke, die Herren Offiziere sollten sich ihre Putzer selbst erziehen. Wenn sich Herr Oberleutnant Lukasch schon so einen notorischen Blödian als Putzer ausgesucht hat, soll er sich selbst mit ihm ärgern. Er hat |327| dazu genug freie Zeit, wenn er nirgends hingeht. Daß Sie ihn auch noch nie in unserer Gesellschaft gesehn haben? Na also, sehn Sie. Er hat also genug Zeit, sich seinen Diener selbst zu dressieren.«
    Oberst Schröder trat zu Schwejk, und während er dessen gutmütiges Gesicht betrachtete, sagte er: »Blödes Vieh. Sie haben drei Tage Verschärften, und bis Sie sichs abgesessen haben, melden Sie sich beim Oberleutnant Lukasch.«
    So traf Schwejk abermals mit dem Einjährigfreiwilligen im Regimentsarrest zusammen, und Oberleutnant Lukasch hatte Anlaß, sich ungemein zu freuen, als Oberst Schröder ihn rufen ließ, um ihm zu sagen: »Herr Oberleutnant. Etwa eine Woche nach Ihrer Ankunft beim Regiment haben Sie mir ein Ansuchen betreffs der Zuweisung eines Putzers überreicht, weil Ihr Bursch auf dem Bahnhof in Tabor verlorengegangen ist. Da er zurückgekehrt ist …«
    »Herr Oberst …«, ließ sich Oberleutnant Lukasch bittend vernehmen.
    »Ich habe mich entschlossen«, fuhr der Oberst mit Nachdruck fort, »ihn auf drei Tage einzukasteln, und dann schick ich ihn wieder zu Ihnen …«
    Oberleutnant Lukasch taumelte niedergeschmettert aus der Regimentskanzlei.
    Während der drei Tage, die Schwejk in Gesellschaft des Einjährigfreiwilligen Marek verbrachte, unterhielt er sich sehr gut. Jeden

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