Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
daß Sie dort hinten aufhören werden ›Maso‹ zu spielen, denn das, was ich Ihnen jetzt sagen werde, wird schon deshalb interessant sein, weil Sie viele fachmännische Ausdrücke nicht verstehen werden. Ich werde Ihnen eine Geschichte aus der ›Tierwelt‹ erzählen, damit wir unsere heutigen Kriegssorgen vergessen.
Wie ich seinerzeit Redakteur der ›Tierwelt‹, einer ungemein interessanten Zeitschrift, geworden bin, war mir selbst lange Zeit ein ziemlich kompliziertes Rätsel, bis ich einmal zu der Ansicht kam, daß es nur in vollkommen unzurechnungsfähigem Zustand geschehn sein konnte; in einem solchen Zustand wurde ich aus freundschaftlicher Zuneigung zu meinem alten Freund Hajek dazu verführt. Er hatte die Zeitschrift bis dahin ehrlich redigiert, verliebte sich aber in das Töchterchen des Eigentümers, namens Fuchs, der ihn Knall und Fall hinauswarf und Hajek die Bedingung stellte, ihm einen anständigen Redakteur zu verschaffen.
Wie Sie sehn, gabs damals seltsame Dienstverhältnisse.
Als mich mein Freund Hajek dem Eigentümer des Blattes vorstellte, empfing der mich sehr freundlich, fragte mich, ob ich überhaupt eine Ahnung von Tieren habe, und war sehr zufrieden mit meiner Antwort, daß ich Tiere immer sehr geschätzt und in ihnen einen Übergang zum Menschen gesehn und ihre Wünsche und ihre Sehnsucht vor allem vom Standpunkt des Tierschutzes aus immer respektiert habe. Kein Tier wünsche etwas anderes, als so schmerzlos wie möglich getötet zu werden, bevor man es aufißt.
|342| Der Karpfen hat schon von Geburt an die fixe Idee, daß es von der Köchin nicht hübsch ist, ihm bei Lebzeiten den Bauch aufzuschlitzen, und der Gewohnheit, Hühnern den Hals umzudrehen, tritt die Intention des Tierschutzvereines entgegen, Geflügel nicht mit unkundiger Hand zu schlachten.
Die gekrümmten Gestalten gebackener Grundeln zeugen davon, daß sie beim Sterben dagegen protestieren, in Podol lebendig auf Margarine gesotten zu werden. Truthahnschenkel …
In diesem Augenblick unterbrach er mich und fragte, ob ich mich in der Geflügelzucht, in Hunden, Kaninchen, in der Bienenzucht und in den Eigentümlichkeiten des Tierreichs auskenne, ob ich aus fremden Journalen Bilder zum Reproduzieren herausschneiden, aus ausländischen Zeitungen fachmännische Artikel über Tiere übersetzen, im Brehm blättern und mit ihm Leitartikel aus dem ›Tierleben‹ unter Berücksichtigung der katholischen Feiertage verfassen könne. Ob ich über die Veränderung des Wetters, über Rennen, Jagden, die Erziehung von Polizeihunden, nationale und Kirchenfeiertage schreiben könne, kurz, ob ich einen gewissen journalistischen Überblick über die Situation habe und diesen in einem kurzen inhaltsreichen Leitartikelchen auszunützen verstehe.
Ich erklärte, daß ich schon sehr viel über die richtige Leitung einer Zeitschrift wie die ›Tierwelt‹ nachgedacht hätte und in der Lage sei, alle diese Rubriken und Punkte vollkommen zu repräsentieren, da ich die erwähnten Themen vollkommen beherrsche. Mein Bestreben werde es sein, der Zeitschrift zu einer ungewohnten Höhe zu verhelfen. Sie inhaltlich und sachlich zu reorganisieren, neue Rubriken einzuführen, zum Beispiel: Eine lustige Tierecke, Tiere über Tiere, unter sorgfältiger Berücksichtigung der politischen Situation. Dem Leser Überraschung auf Überraschung zu bieten, damit er nicht zu Atem kommen könne. Die Rubrik ›Vom Tage der Tiere‹ müsse abwechseln mit dem neuen ›Programm der Lösung der Frage der Haustiere‹ und der ›Bewegung unter dem Rindvieh‹.
Er unterbrach mich abermals und sagte, daß ihm dies vollkommen genüge; wenn mir nur die Hälfte davon gelingen sollte, |343| werde er mir ein Paar Zwergwyandottetauben von der letzten Berliner Geflügelausstellung schenken. Sie seien mit dem ersten Preis ausgezeichnet worden, während ihr Eigentümer die Medaille für ausgezeichnetes Paaren erhalten hat.
Ich kann sagen, daß ich mir wirklich Mühe gab, mein Regierungsprogramm in der Zeitschrift einzuhalten, soweit meine Fähigkeiten reichten. Ja, ich machte sogar die Entdeckung, daß meine Artikel meine Fähigkeiten übertrafen.
Da ich dem Publikum etwas vollkommen Neues bieten wollte, dachte ich mir Tiere aus.
Ich ging von dem Prinzip aus, daß zum Beispiel der Elefant, der Tiger, der Löwe, der Affe, der Maulwurf, das Pferd, das Ferkel usw. jedem Leser der ›Tierwelt‹ bereits längst vollständig bekannte Geschöpfe sein mußten.
Daß es daher nötig
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