Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
laut, vor dem ganzen Kaffeehauspublikum:
›Geehrte Redaktion!
Ich habe darauf hingewiesen, daß Ihre Zeitschrift eine ungewohnte und unbegründete Terminologie einführt, daß sie zuwenig auf die Reinheit der tschechischen Sprache achtet und sich verschiedene Tiere ausdenkt. Ich habe als Beweis angeführt, daß Ihr Redakteur statt der alten Bezeichnung »Eichel häher « »Nußkiebitz« verwendet.‹
›Eichelhäher‹, sprach mir der Eigentümer der Zeitschrift verzweifelt nach.
Ich las ruhig weiter: ›Darauf habe ich von dem Redakteur der »Tierwelt« einen maßlos groben Brief persönlicher und unhöflicher Natur erhalten, in dem ich strafwürdig »Ignorant« und »Rindvieh« genannt werde, was einen energischen Verweis |346| verdient. So antwortet man unter anständigen Menschen nicht auf sachlich wissenschaftliche Einwände. Ich möchte gern wissen, wer von uns beiden das größere Rindvieh ist. Vielleicht, das ist wahr, hätte ich die Vorwürfe nicht auf einer Postkarte niederlegen und einen Brief schreiben sollen, aber wegen Überhäufung mit Arbeit habe ich dieser Kleinigkeit keine Beachtung geschenkt; jetzt aber, nach diesem gemeinen Ausfall, werde ich den Redakteur der »Tierwelt« an den öffentlichen Pranger stellen.
Ihr Herr Redakteur irrt bedeutend, wenn er meint, daß ich ein ungebildetes Rindvieh bin und keine Ahnung habe, wie der oder jener Vogel heißt. Ich befasse mich seit Jahren mit Ornithologie, und zwar keineswegs nur auf der Grundlage von Büchern, sondern auf Grund von Studien in der Natur, und habe mehr Vögel in Käfigen, als Ihr Redakteur in seinem ganzen Leben gesehen hat. Wie sollte auch ein Mensch wie er, der aus den Prager Schnapsbutiken und Wirtshäusern noch nicht herausgekommen ist, mit Vögeln in Berührung gekommen sein?
Doch das sind nebensächliche Dinge, obwohl es sicherlich nicht schaden könnte, wenn sich Ihr Redakteur erst überzeugen würde, wem er vorwirft, ein Rindvieh zu sein, bevor ihm diese Bezeichnung aus der Feder fließt, mag sie auch für Friedland in Mähren bei Mistek bestimmt sein, wo Ihre Zeitschrift vor Erscheinen dieses Artikels ebenfalls Abonnenten hatte.
Es handelt sich übrigens nicht um eine persönliche Polemik mit dem verrückten Kerl, sondern um die Sache selbst, und deshalb wiederhole ich neuerdings, daß es unzulässig ist, sich in der Übersetzung Benennungen auszudenken, wenn wir die allgemein bekannte übliche Benennung »Eichelhäher« haben.‹
›Ja, Eichelhäher‹, brachte mein Chef mit noch verzweifelterer Stimme vor.
Ich lese friedlich weiter, ohne mich unterbrechen zu lassen: ›Es ist eine Gemeinheit, wenn sich das Menschen herausnehmen, die nicht Fachleute, sondern Rohlinge sind. Wer hat jemals einen Eichelhäher »Nußkiebitz« genannt? Im Werke »Unsere Vögel«, Seite 148, steht die lateinische Bezeichnung: Garrulus glandarius B. A. Mein Vogel ist ein Eichelhäher.
|347| Der Redakteur Ihres Blattes wird sicherlich einsehen, daß ich meinen Vogel besser kenne als jemand, der kein Fachmann ist. Der Nußkiebitz heißt nach Dr. Bayer »nucifraga caryocatactes B«. Und dieses »B« bedeutet nicht, wie Ihr Redakteur geschrieben hat, den Anfangsbuchstaben des Wortes Blödian. Tschechische Vogelforscher kennen überhaupt nur den gewöhnlichen Eichelhäher und keineswegs Ihren »Nußkiebitz«, den gerade jener Herr erfunden hat, für den der Anfangsbuchstabe B nach seiner Theorie paßt. Das ist ein unbeholfener persönlicher Ausfall, der an der Sache nichts ändert.
Ein Eichelhäher bleibt ein Eichelhäher, und wenn der Redakteur der »Tierwelt« sich deswegen bema … n sollte. Es ist nur ein Beweis, wie leichtsinnig und unsachlich er manchmal schreibt, selbst wenn er sich mit besonderer Grobheit auf den Brehm beruft. Dieser gemeine Kerl schreibt, daß der Eichelhäher nach Brehm, Seite 452, wo vom Neuntöter oder vom Schwarzstirnigen Würger (Lanius minor L.) die Rede ist, in die Familie der Krokodile gehört. Weiter sagt dieser Ignorant, wenn ich seinen Namen verkleinern darf, wiederum unter Berufung auf Brehm, daß der Eichelhäher nach Brehm in die fünfzehnte Familie der Rabenvögel gehört, und Brehm reiht doch die Raben in die siebzehnte Familie ein, zu denen auch die Raben und die Sippe der Dohlen gehören. Er ist so gemein, auch mich eine Dohle (colaeus) von der Gattung der Elstern aus der Unterart der ungeschickten Blödiane zu nennen, obwohl auf derselben Seite von Waldeichelhähern und Elstern die Rede ist
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