Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
uns ein gewisser Hauptmann Jetzbacher, eine Sau, wie es keine zweite unter der Sonne gibt. Der hats so getroffen, uns zu sekkieren, daß ein gewisser Bitterlich von unserer Kompanie, ein Deutscher, aber ein sehr braver Mensch, sich wegen ihm erschossen hat. Also hamr uns gesagt, bis es von der russischen Seite zu pfeifen anfangen wird, darf auch unser Hauptmann Jetzbacher nicht am Leben bleiben. Und so hamr auch gleich, wie die Russen auf uns zu schießen angefangen ham, bei dem Geplänkel fünf Schüsse auf ihn abgegeben. Das Luder hat noch gelebt wie eine Katze, so hamr ihm mit zwei Schüssen den Rest geben müssen, damit nichts draus wird; nur gebrummt hat er, aber so komisch, es war sehr gelungen.«
Woditschka lachte: »Das hast du an der Front an der Tagesordnung. Ein Kamerad von mir, er is jetzt auch bei uns, hat |387| mir erzählt, daß seine Kompanie, wie er als Infanterist vor Belgrad war, im Gefecht ihren Oberlajtnant erschossen hat, auch so einen Hund, was selbst zwei Soldaten am Marsch erschossen hat, weil sie schon nicht weiterkonnten. Der, wies mit ihm zu End gegangen is, hat plötzlich das Rückzugssignal zu pfeifen angefangen. Sie ham sich herich um ihn herum totlachen können.«
Während dieses fesselnden und lehrreichen Gesprächs fanden Schwejk und Woditschka schließlich die Eisenhandlung Herrn Kakonyis in der Sopronyi utca 16.
»Du solltest doch nur lieber hier warten«, sagte Schwejk zu Woditschka vor der Einfahrt des Hauses, »ich lauf nur in den ersten Stock und geb den Brief ab, wart auf Antwort und bin gleich wieder unten.«
»Ich soll dich verlassen?« meinte Woditschka verwundert, »du kennst nicht die Magyaren, ich sag dirs fort. Hier müssen wir aufpassen. Ich wer ihm eins aufhaun …«
»Hör mal, Woditschka«, sagte Schwejk ernst, »hier handelt sichs nicht um einen Magyar, hier handelt sichs um seine Frau. Ich hab dir das doch alles erklärt, wie wir mit der tschechischen Kellnerin gesessen sind, daß ich einen Brief von meinem Oberlajtnant trag und daß es ein großes Geheimnis is. Nämlich mein Oberlajtnant hat mir doch ans Herz gelegt, daß davon keine lebendige Seele wissen darf, und deine Kellnerin hat doch selbst gesagt, daß das ganz gut is, daß das eine diskrete Sache is. Nämlich es niemand erfahren darf, daß sich der Herr Oberlajtnant mit einem verheirateten Weibsbild Briefe schreibt. Und du selbst warst auch dafür und hast dazu mitn Kopf genickt. Ich habe euch doch erklärt, wie sichs gehört und gebührt, daß ich den Befehl meines Oberlajtnants genau ausführen will, und auf einmal willst du mit aller Gewalt mit hinaufgehn.«
»Du kennst mich noch nicht, Schwejk«, antwortete ebenfalls sehr ernst der alte Sappeur Woditschka, »wenn ich schon mal gesagt hab, daß ich dich begleit, so merk dir, daß mein Wort für hundert gilt. Wenn zwei gehn, is es immer sicherer.«
»Davon, Woditschka, wer ich dich abbringen. Weißt du, wo aufn Wyschehrad die Neklangasse is? Dort hat der Schlosser |388| Wobornik seine Werkstatt gehabt. Er war ein ehrlicher Mensch, und eines Tags, wie er vom Flamendieren nach Haus gekommen is, hat er sich noch einen Flamender zum Schlafen mitgebracht. Dann is er lang und lang gelegen, und jeden Tag, wenn ihm seine Frau die Wunden am Kopf verbunden hat, hat sie ihm gesagt: ›Siehst du, Toni, wenn ihr nicht zwei gekommen wärt, hätts nur einen Krawall gesetzt, und ich hätt dir nicht die Dezimalwaage aufn Kopf geworfen.‹ Und er hat dann, wie er schon sprechen konnt, gesagt: ›Hast recht, Mutter, bis ich nächstens wohin geh, wer ich niemanden mitschleppen.‹«
»Das möcht noch so fehln«, ereiferte sich Woditschka, »daß uns dieser Magyar noch was an den Kopf werfen wollt. Ich pack ihn am Hals und werf ihn vom ersten Stock die Stiegen herunter, daß er fliegen wird wie ein Schrapnell. Auf diese magyarischen Kerle muß man scharf kommen. Was für Faxen mit ihnen.«
»Woditschka, du hast doch nicht so viel getrunken. Ich hab zwei Viertel mehr gehabt wie du. Überleg dir nur das eine, daß wir keinen Schkandal machen dürfen. Ich bin dafür verantwortlich. Es handelt sich doch um ein Weibsbild.«
»Ich hau auch dem Weibsbild eins herunter, Schwejk, mir is das alles eins, da kennst du noch nicht den alten Woditschka. Einmal in Zabĕhlitz auf der ›Roseninsel‹ hat so eine Larve nicht mit mir tanzen wolln, daß ich herich ein geschwollenes Maul hab. Ich hab ein geschwollenes Maul gehabt, das is wahr, weil ich grad aus einer Tanzunterhaltung
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