Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Krisztusmáriát, baszom az atyádat, baszom a világot!« 10
Die Türe flog auf, und ins Vorzimmer stürzte ein Mann in den besten Jahren mit der Serviette um den Hals und schwenkte den soeben abgegebenen Brief hin und her.
Der Tür zunächst saß der Sappeur Woditschka, und der aufgeregte Herr wandte sich auch zuerst an ihn: »Was soll das heißen, wo ist der verfluchte Kerl, der diesen Brief gebracht hat?«
»Nur sachte«, sagte Woditschka, indem er sich erhob, »brüll uns hier nicht so viel herum, damit du nicht herausfliegst, und wenn du wissen willst, wer den Brief gebracht hat, dann frag dort den Kameraden. Aber sprich anständig mit ihm, sonst bist du eins, zwei, drei hinter der Tür.«
Nun war es an Schwejk, sich von der schwungvollen Beredsamkeit des aufgeregten Herrn mit der Serviette um den Hals zu überzeugen, der allerlei unsinniges Zeug schwatzte und immer wieder wiederholte, daß sie gerade zu Mittag gegessen hatten.
»Wir ham gehört, daß Sie mittagmahlen«, stimmte Schwejk in gebrochenem Deutsch zu, worauf er tschechisch hinzufügte: »Es hätt uns auch einfalln können, daß wir Sie wahrscheinlich unnütz beim Mittagmahl stören wern.«
»Erniedrig dich nicht«, ließ sich Woditschka vernehmen.
Der aufgeregte Herr, dessen Serviette nach der lebendigen Gestikulation nur noch an einem Zipfel festhielt, setzte auseinander, er habe zuerst gedacht, daß es sich in dem Brief um die Zuweisung von Räumen für das Militär in diesem Hause handle, das seiner Frau gehöre.
»Hier möcht noch viel Militär hereingehn«, sagte Schwejk, »aber drum hat sichs in dem Brief nicht gehandelt, wie Sie sich vielleicht überzeugt ham.«
Der Herr packte sich am Kopf, wobei er eine ganze Reihe von Vorwürfen hervorsprudelte. Er sei auch Reserveleutnant gewesen, jetzt würde er gern dienen, habe aber ein Nierenleiden. Zu seiner Zeit wären die Offiziere nicht so übermütig gewesen, den häuslichen Frieden zu stören. Den Brief werde er |392| aufs Regimentskommando ins Kriegsministerium schicken und in der Zeitung veröffentlichen.
»Herr«, sagte Schwejk würdevoll, »den Brief habe ich geschrieben. Ich geschrieben, kein Oberleutnant. Die Unterschrift, der Name is falsch. Mir gefällt Ihre Frau sehr gut. Ich liebe Ihre Frau. ›Ich bin in Ihre Frau bis über die Ohren verliebt‹, wie Vrchlický gesagt hat. Kapitale Frau.«
Der aufgeregte Herr wollte sich auf Schwejk stürzen, der ruhig und zufrieden vor ihm stand, aber der alte Sappeur Woditschka, der jede Bewegung beobachtete, stellte ihm ein Bein, riß ihm den Brief aus der Hand, mit dem Kakonyi ununterbrochen herumfuchtelte, und steckte ihn in die Tasche; als sich Herr Kakonyi hierauf aufrichtete, packte ihn Woditschka, trug ihn zur Tür, öffnete sie mit einer Hand, und schon konnte man hören, wie etwas die Stiegen hinabkollerte. Das ging so schnell wie im Märchen, wenn der Teufel einen Menschen holt.
Von dem aufgeregten Herrn blieb nur die Serviette zurück. Schwejk hob sie auf, klopfte höflich an die Zimmertür, aus der vor fünf Minuten Herr Kakonyi getreten war und woher das Weinen einer Frau drang.
»Ich bring Ihnen die Serviette«, sagte Schwejk weich zu der Frau, die auf einem Kanapee saß und weinte, »man könnt auf ihr herumtreten. Hab die Ehre.«
Er schlug die Absätze aneinander, salutierte und ging auf den Gang hinaus. Auf der Stiege waren weiter keine Spuren des Kampfes zu bemerken; wie Woditschka vorausgesetzt hatte, hatte sich daselbst alles ruhig abgespielt. Nur am Tor in der Einfahrt fand Schwejk einen abgerissenen Halskragen. Dort hatte sich offenbar, als sich Herr Kakonyi verzweifelt an das Haustor klammerte, um nicht auf die Straße geschleppt zu werden, der letzte Akt der Tragödie abgespielt.
Dafür ging es auf der Straße lebhaft zu. Herrn Kakonyi hatte man ins gegenüberliegende Haus geschleppt, wo man ihn mit Wasser begoß; mitten auf der Straße stand der alte Sappeur Woditschka wie ein Löwe einigen Honvéds und Honvédhusaren gegenüber, die sich für ihren Landsmann einsetzten. Er wehrte sich meisterhaft mit dem Bajonettriemen wie mit einem Dreschflegel. |393| Und er war nicht allein. Ihm zur Seite kämpften einige tschechische Soldaten von verschiedenen Regimentern, die gerade über die Straße gegangen waren.
Wie Schwejk später behauptete, wußte er selbst nicht, wieso auch er hineingeraten war und – da er kein Bajonett hatte – wie ihm der Stock eines erschrockenen Zuschauers in die Hand geraten war.
Es
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