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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Biegler überreichte dem Bataillonskommandanten zwei von jenen Ansichtskarten, die die Direktion des Kriegsarchivs in Wien herausgegeben hatte, wo Infanteriegeneral Wojnowich Kommandant war. Auf der einen Karte befand sich die Karikatur eines russischen Soldaten, eines russischen Muschiks |512| mit bärtigem Kinn, den ein Skelett umarmte. Unter der Karikatur stand der Text: »Der Tag, an dem das perfide Rußland krepieren wird, wird ein Tag der Erlösung für unsere ganze Monarchie sein.«
    Die zweite Ansichtskarte stammte aus dem Deutschen Reich. Es war ein Geschenk der Deutschen an die österreichisch-ungarischen Krieger.
    Oben stand »Viribus unitis«, und darunter war Sir Edward Grey auf einem Galgen abgebildet, und unter ihm salutierten lustig ein österreichischer und ein deutscher Soldat.
    Das Gedicht darunter war dem Buche »Die eiserne Faust« von Greinz entnommen. Auf unsere Feinde gemünzte Witze, von denen die reichsdeutschen Zeitungen schrieben, die Verse von Greinz seien Hiebe mit der Reitpeitsche, voll ungezügelten Humors und unübertrefflichen Witzes. Der Text unter dem Galgen lautete:
    Grey

    An dieses Galgens luftiger Höh
    Baumelt der Sir Edward Grey;
    Doch ist es noch nicht Wirklichkeit,
    Obwohl es längst wär an der Zeit.
    Ich fürcht, es bleibt ein frommer Traum,
    Dieweil auf Erden findet sich kein Baum,
    Der trüge solches Ärgernis,
    Der also bar an Scham und Stolz,
    Daß er für diesen Schurken ließ
    Verwenden sich als Galgenholz.
    Hauptmann Sagner hatte noch nicht einmal die Lektüre dieser Verse voll »ungezügelten Humors« und unübertrefflichen Witzes beendet, als Bataillonsordonnanz Matuschitz in den Waggon stürzte.
    Er war von Hauptmann Sagner in die Telegrafenzentrale des Bahnhofskommandos geschickt worden, um sich zu erkundigen, ob dort nicht vielleicht andere Dispositionen eingetroffen |513| waren, und brachte ein Telegramm von der Brigade. Es war jedoch nicht nötig, zu einem Chiffrenschlüssel zu greifen. Das Telegramm lautete, unchiffriert: »Rasch abkochen, dann Vormarsch nach Sokal.« Hauptmann Sagner schüttelte nachdenklich den Kopf.
    »Melde gehorsamst«, sagte Matuschitz, »der Kommandant der Station läßt Sie um eine Unterredung bitten. Es is noch ein Telegramm dort.«
    Dann fand zwischen dem Bahnhofskommandanten und Hauptmann Sagner eine Unterredung streng vertraulicher Natur statt.
    Das Telegramm mußte übergeben werden, wenn auch sein Inhalt ungemein überraschend war, da das Bataillon erst auf der Station in Raab stand. »Rasch abkochen, dann Vormarsch nach Sokal.« Adressiert war es unchiffriert an das Marschbataillon des 91. Regiments nebst einer Kopie an das Marschbataillon des 75. Regiments, das noch hinter ihnen war. Die Unterschrift war richtig: »Ritter von Herbert, Brigadekommandant.«
    »Streng vertraulich, Herr Hauptmann«, sagte geheimnisvoll der Militärkommandant des Bahnhofs. »Ein Geheimtelegramm von Ihrer Division. Der Kommandant Ihrer Brigade ist verrückt geworden. Man hat ihn nach Wien geschickt, nachdem er von der Brigade einige Dutzend ähnlicher Telegramme nach allen Seiten abschickte. In Budapest werden Sie sicher ein neues Telegramm vorfinden. Alle seine Telegramme müssen natürlich annulliert werden, aber wir haben in dieser Richtung noch keinen Wink erhalten. Ich habe, wie ich sage, nur den Befehl von der Division, daß unchiffrierte Telegramme nicht in Erwägung gezogen werden sollen. Einhändigen muß ich sie, weil ich in dieser Hinsicht von meinen Instanzen keine Antwort erhalten habe. Durch meine Instanzen habe ich mich beim Armeekommando informiert, und es ist eine Untersuchung eingeleitet worden. Ich bin ehemaliger aktiver Offizier, Pionier«, fügte er hinzu, »ich war beim Bau unserer strategischen Bahn in Galizien …
    Herr Hauptmann«, sagte er nach einer Weile, »nur an die Front mit uns alten Knaben, die von der Pike auf gedient haben! |514| Heute gibts Zivilingenieure bei der Bahn mit Einjährigenprüfung wie Hunde im Kriegsministerium. – Übrigens fahren Sie in einer Viertelstunde wieder weiter. – Ich erinner mich noch dran, daß ich Ihnen als einer von den älteren Jahrgängen einmal in der Kadettenschule in Prag aufs Reck geholfen hab. Damals durften wir beide nicht heraus. Sie haben sich damals auch mit den deutschen Mitschülern gerauft. Der Lukasch war auch dort mit Ihnen. Ihr wart die besten Freunde. Als wir das Telegramm mit dem Verzeichnis der Offiziere erhalten haben, die mit dem Marschbataillon die Station

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