Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
trat in den Gang mit dem Vorsatz, stark, verdammt stark zu sein.
Der Kopf und der Bauch schmerzten ihn schon seit früh.
Er ging um das rückwärtige Kupee herum, wo Bataillonsordonnanz Matuschitz mit Batzer, dem Diener des Marschbataillonskommandanten, das Wiener Spiel »Schnapsen« (Sechs undsechzig ) spielte.
In die offene Kupeetür blickend, hustete er. Sie drehten sich um und spielten weiter.
»Wißt ihr nicht, was sich gebührt?« fragte Kadett Biegler.
»I hab net kunnt«, antwortete Batzer, der Putzfleck Hauptmann Sagners, mit seinem entsetzlichen Deutsch aus Bergreichenstein, »mir is d’ Trump ausganga. I hab suln spieln Eichl, hohn Eichl und gleich draufn grienen Kenig bringen … Das hab i suln spieln.«
|519| Kadett Biegler sagte kein Wort mehr und verkroch sich in seinen Winkel. Als später Fähnrich Pleschner zu ihm kam, um ihm einen Schluck Kognak aus der Flasche anzubieten, die er im Kartenspiel gewonnen hatte, wunderte er sich, wie fleißig Kadett Biegler in dem Buche von Professor Udo Kraft »Die Selbsterziehung zum Tode für den Kaiser« las.
Bevor sie in Pest anlangten, war Kadett Biegler so betrunken, daß er sich aus dem Waggonfenster neigte und ununterbrochen in die öde Gegend schrie: »Frisch drauflos! In Gottes Namen frisch drauflos!«
Dann zog ihn Bataillonsordonnanz Matuschitz auf Befehl Hauptmann Sagners ins Kupee, wo er ihn mit Batzers Hilfe auf die Bank legte, worauf Kadett Biegler folgenden Traum hatte.
Traum des Kadetten Biegler von Budapest
Er hatte das Signum laudis, das Eiserne Kreuz, war Major und fuhr zur Inspizierung eines Abschnitts der ihm zugeteilten Brigade. Er konnte sich zwar nicht erklären, warum er fortwährend nur Major war, da er eine ganze Brigade zu befehligen hatte. Er hegte den Verdacht, daß er zum Generalmajor hätte ernannt werden sollen und daß das »General-« irgendwo in dem Rummel auf der Feldpost verlorengegangen war.
Er mußte im Geist darüber lachen, daß ihm Hauptmann Sagner im Zug, als sie an die Front gefahren waren, gedroht hatte, er werde die Drahtverhaue zerschneiden müssen. Übrigens war Hauptmann Sagner schon längst auf Grund seines Vorschlages bei der Division samt Oberleutnant Lukasch zu einem andern Regiment versetzt worden. Zu einer andern Division, zu einem andern Armeekorps.
Jemand hatte ihm auch erzählt, daß beide auf der Flucht irgendwo in einem Sumpf elend zugrunde gegangen waren.
Wie er da im Auto zur Inspizierung seiner Brigade an die Front fuhr, ward ihm alles klar. Er war eigentlich vom Generalstab der Armee ausgeschickt worden.
Vorüber zogen Soldaten und sangen ein Lied, das er in der Sammlung österreichischer Kriegslieder »Es gilt« gelesen hatte:
|520| Haltet euch brav, ihr tapferen Brüder,
werft den Feind nur herzhaft nieder,
laßt des Kaisers Fahne wehn …
Die Gegend hatte denselben Charakter wie auf den Bildern der »Wiener Illustrierten Zeitung«.
Auf der rechten Seite sah man bei einer Scheune Artillerie, die die feindlichen Schützengräben neben der Straße, über die er im Auto fuhr, beschoß. Links stand ein Haus, aus dem geschossen wurde, während der Feind sich bemühte, mit den Gewehrkolben die Türe einzuschlagen. Neben der Straße brannte ein feindlicher Aeroplan. Am Horizont sah man Kavallerie und ein brennendes Dorf. Außerdem die Schützengräben eines Marschbataillons und eine kleine Anhöhe, von wo der Feind mit Maschinengewehren beschossen wurde. Etwas weiter erstreckten sich die Straße entlang feindliche Schützengräben. Und der Chauffeur fährt mit ihm über die Straße auf den Feind zu.
Er brüllte durch das Sprachrohr zum Chauffeur: »Weißt du nicht, wohin wir fahren? Dort ist der Feind.«
Aber der Chauffeur antwortete ruhig: »Herr General, das ist der einzige anständige Weg. Die Straße ist in gutem Stand. Auf den Seitenwegen würdens die Pneumatiks nicht aushalten.«
Je mehr sie sich den Positionen des Feindes nähern, desto stärker wird das Feuer. Granaten explodieren rings um die Schützengräben auf beiden Seiten der Pflaumenallee.
Aber der Chauffeur antwortet ruhig durch das Sprachrohr: »Das ist eine ausgezeichnete Straße, Herr General, auf der fährt sichs wie auf Butter. Wenn wir in die Felder abbiegen täten, könnten uns die Pneumatiks platzen.
Schaun Sie, Herr General«, schreit der Chauffeur ins Sprachrohr, »diese Straße ist so gut gebaut, daß nicht einmal ein Dreißigfünfzehntel-Mörser uns etwas tun könnt. Die Straße ist wie eine Tenne, aber
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