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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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wie er ums Mittagmahl gegangen is, über alles erkundigt und hats seinem Herrn gesagt und der wieder meinem Oberlajtnant. Ich sitz abend hinter der Zeitung und les mir die Berichte der feindlichen Generalstäbe vom Kriegsschauplatz, wie mein Herr Oberlajtnant hereinkommt; ganz blaß war er und is gleich auf mich los, ich soll ihm sagen, wieviel von diesen doppelten Portionen ich in der Restauration bezahlt hab, daß er alles weiß, daß mir kein Leugnen helfen wird, daß er schon längst weiß, daß ich ein Blödian bin, aber daß ich irrsinnig bin, das wär ihm nicht eingefalln. Ich hab ihm herich so einen Schkandal gemacht, daß er die größte Lust hat, erst mich und dann sich zu erschießen. ›Herr Oberlajtnant‹, hab ich ihm gesagt, ›wie Sie mich aufgenommen ham, ham Sie am ersten Tag davon gesprochen, daß jeder Putzfleck ein Dieb und ein niederträchtiger Kerl is. Und wenn man in der Restauration wirklich so kleine Portionen bekommen hat, so hätten Sie sich denken können, daß ich wirklich auch einer von diesen niederträchtigen Kerlen bin, daß ichs Ihnen aufgefressen hab …‹«
    »Mein Gott im Himmel«, flüsterte Baloun, bückte sich nach Oberleutnant Lukaschs Koffer und ging mit ihm nach rückwärts.
    »Dann hat Oberlajtnant Lukasch angefangen, sich die Taschen zu durchsuchen, und weils umsonst war, hat er sich in die Weste gegriffen und hat mir seine silberne Uhr gegeben. Er war so gerührt. ›Bis ich die Gage bekomm, Schwejk‹, hat er gesagt, ›so schreiben Sie mir zusamm, wieviel ich Ihnen schuldig bin. – Diese Uhr lassen Sie sich extra. Und nächstens seien Sie nicht verrückt.‹ Dann sind wir mal in so eine Not geraten, daß ich die Uhr hab ins Versatzamt tragen müssen …«
    »Was machen Sie denn dort hinten, Baloun?« fragte in diesem Augenblick Rechnungsfeldwebel Wanĕk.
    Statt einer Antwort fing der unglückliche Baloun an zu husten. Er hatte nämlich den Koffer Oberleutnant Lukaschs geöffnet und stopfte sich mit dessen letzter Semmel …

    |508| Den Bahnhof passierte ohne Aufenthalt ein anderer Militärzug, der von oben bis unten voll mit Deutschmeistern war, die man an die serbische Front schickte. Sie standen noch im Bann ihres begeisterten Abschiedes von Wien und brüllten ohne Pause von Wien bis hierher:
    Prinz Eugenius, der edle Ritter,
    Wollt dem Kaiser wiedrum kriegen
    Stadt und Festung Belgerad.
    Er ließ schlagen eine Brucken,
    Daß man kunnt hinüberrucken
    Mit der Armee wohl vor die Stadt.
    Irgendein Korporal mit herausfordernd aufgezwirbeltem Schnurrbart stützte sich mit den Ellenbogen auf die Mannschaft, die die Füße aus dem Waggon baumeln ließ, neigte sich hinaus und gab Takt, wobei er aus vollem Halse schmetterte:
    Als die Brucken war geschlagen,
    Daß man kunnt mit Stück und Wagen
    Frei passiern den Donaufluß,
    Bei Semlin schlug man das Lager;
    Alle Serben zu verjagen …
    In diesem Augenblick aber verlor er das Gleichgewicht, flog zum Waggon hinaus und schlug mit aller Kraft im Flug mit dem Bauch auf den Weichenhebel, auf dem er aufgespießt hängenblieb, während der Zug weiterfuhr und man in den rückwärtigen Waggons ein anderes Lied anstimmte:
    Graf Radetzky, edler Degen,
    Schwur, des Kaisers Feind zu fegen
    Aus der falschen Lombardei.
    In Verona langes Hoffen,
    Als mehr Truppen eingetroffen,
    Fühlt und rührt der Held sich frei …
    |509| Auf die dumme Weiche aufgespießt, war der kampfeslustige Korporal bereits tot: Es währte nicht lange, und schon hielt irgendein junger Soldat von der Mannschaft des Bahnhofskommandos, der seine Aufgabe sehr ernst nahm, mit aufgepflanztem Bajonett bei ihm Wache. Er stand aufrecht bei der Weiche und gebärdete sich so siegesbewußt, als wäre das Aufspießen des Korporals auf die Weiche sein Werk.
    Weil er ein Magyar war, brüllte er übers ganze Geleise, als sichs die Leute des Marschbataillons vom 91. Regiment anschaun kamen: »Nem szabat! Nem szabat! Kommission Militär nem szabat!«
    »Der hats schon hinter sich«, sagte der brave Soldat Schwejk, der ebenfalls unter den Neugierigen war, »und das hat einen Vorteil; wenn er schon ein Stück Eisen im Bauch hat, so wissen wenigstens alle, wo er begraben worn is. Es is grad am Bahnhof, und man muß sein Grab nicht auf allen Kriegsschauplätzen suchen.
    Er hat sich akkurat aufgespießt«, sagte Schwejk noch mit Kennermiene, den Korporal von der andern Seite betrachtend, »er hat die Därme in den Hosen.«
    »Nem szabat, nem szabat!« schrie der junge magyarische

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