Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
gewettet, daß er auf einen |505| Sitz fünfzig Würste auffrißt und zwei Laib Brot, und hats gewonnen. Ich hab mal wegen einer Wette vier Gänse und zwei Schüsseln voll Knödeln mit Kraut aufgegessen. Zu Haus erinner ich mich nachn Mittagmahl, daß ich noch was zum Nachtisch essen möcht. Ich geh in die Kammer, schneid mir ein Stückl Fleisch ab, schick mir um einen Krug Bier und putz zwei Kilo Gselchtes herunter. Ich hab zu Haus einen alten Knecht gehabt, den Womela, und der hat mich immer ermahnt, ich soll nur nicht so großtun, mich nicht so stopfen, daß er sich erinnert, wie ihm sein Großvater früher von so einem Nimmersatt erzählt hat. Und dann, wie Krieg war, daß ganze acht Jahre nichts geborn worn is und daß man Brot aus Stroh gebacken hat und aus dem, was vom Flachssamen übriggeblieben is; und das war ein Feiertag, wenn man in die Milch hat ein bißl Quark brocken können, weils kein Brot gegeben hat. Und dieser Bauer is, gleich wie diese Not angefangen hat, in einer Woche gestorben, weil sein Magen nicht an so eine Bauernnot gewöhnt war …«
Baloun hob sein bekümmertes Gesicht empor. »Aber ich denk mir, daß Gott der Herr die Menschen straft und doch nicht verläßt.«
»Gott der Herr hat die Nimmersatten in die Welt gesetzt, und Gott der Herr wird für sie sorgen«, bemerkte Schwejk, »einmal warst du schon angebunden, und jetzt möchtest du verdienen, daß man dich in die vorderste Linie schicken möcht; wie ich beim Herrn Oberlajtnant Bursch war, hat er sich auf mich in allem verlassen können, und es is ihm nie auch nur eingefalln, daß ich ihm was aufgefressen hab. Wenn man was Besonderes gefaßt hat, hat er mir immer gesagt: ›Lassen Sie sichs, Schwejk‹, oder ›Ach was, ich steh nicht so drum, geben Sie ein Stückerl her, und mitn andern machen Sie, was Sie wolln.‹ Und wie wir in Prag waren und er mich manchmal ums Mittagmahl in die Restauration geschickt hat, so hab ich, damit er sich nicht vielleicht denkt, daß ich ihm eine kleine Portion bring, weil ich die Hälfte am Weg aufgefressen hab, wenn mir die Portion klein vorgekommen is, selbst mit meinem letzten Geld noch eine zugekauft, damit sich der Herr Oberlajtnant anißt und |506| sich nichts Schlechtes von mir denkt. Bis er mal so draufgekommen is. Ich hab ihm immer aus der Restauration die Speisekarte bringen müssen, und er hat sich ausgesucht. Er hat sich also an dem Tag gefüllte Taube ausgesucht. Ich hab mir gedacht, wie sie mir eine halbe gegeben ham, daß sich der Herr Oberlajtnant vielleicht denken könnt, daß ich ihm die andre Hälfte aufgefressen hab, so hab ich noch eine Portion von meinem Geld gekauft und hab so eine prachtvolle Portion gebracht, daß der Herr Oberlajtnant Scheba, was an dem Tag ein billiges Mittagmahl auftreiben gewollt hat und grad vor Mittag zu meinem Oberlajtnant auf Besuch gekommen is, sich auch angegessen hat. Aber wie er sich angegessen hat, sagt er: ›Das sag mir nicht, daß das eine Portion is. Auf der ganzen Welt kriegst du nicht aufs Menü eine ganze gefüllte Taube. Wenn ich heut Geld auftreib, so schick ich mir in deine Restauration um ein Mittagmahl. Sag aufrichtig, daß das eine doppelte Portion is.‹ Der Herr Oberlajtnant hat mich vor ihm gefragt, damit ich bezeug, daß er mir nur auf eine einfache Portion Geld gegeben hat, weil er nicht gewußt hat, daß er kommt. Ich hab geantwortet, daß er mir Geld auf ein einfaches Mittagmahl gegeben hat. ›Also siehst du‹, hat mein Oberlajtnant gesagt, ›das is noch nichts. Neulich hat mir der Schwejk zwei Gansbiegel zum Mittagmahl gebracht. Also stell dir vor: Nudelsuppe, Rindfleisch mit Sardellensoße, zwei Gansbiegel, Knödl und Kraut bis zum Plafond und Palatschinken!‹«
»S-s, ta-ta, sakra!« schnalzte Baloun.
Schwejk fuhr fort: »Das war der Stein des Anstoßes. Herr Oberlajtnant Scheba hat wirklich am nächsten Tag seinen Putzfleck ums Mittagmahl in unsere Restauration geschickt, und er hat ihm als Mehlspeis so ein kleines Häufl Pilaf aus Huhn gebracht, wie wenn sich ein Sechswochenkind ins Bettl auskackt, so ungefähr auf zwei Löffel. Und der Herr Oberlajtnant Scheba auf ihn los, daß er die Hälfte aufgefressen hat. Und er, daß er unschuldig is. Und der Herr Oberlajtnant Scheba hat ihm eine übers Maul gegeben und hat ihm mich zum Beispiel gegeben. Das sind herich Portionen, was ich dem Herrn Oberlajtnant Lukasch bring. Und so hat sich der unschuldige, |507| abgeohrfeigte Soldat am nächsten Tag in der Restauration,
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