Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Behufs Unterbringung seines Stabs verlangte er die Räumung des Gebäudes der Krakauer Bank, in dem sich gerade der Brigadestab befand.
Der Brigadekommandant ließ sich direkt mit der Division verbinden, der er die genaue Situation darlegte; hierauf folgte eine Unterredung der Division mit dem Hannoveraner mit dem bösen Blick; auf Grund dieses Gesprächs langte bei der Brigade der Befehl ein: »Die Brigade verläßt die Stadt um sechs Uhr abends und bezieht die Linie Turowa–Wolska–Liskowiec–Starasol–Sambor, wo weitere Befehle folgen. Gleichzeitig mit ihr rückt das Marschbataillon des 91. Infanterieregiments vor, das die Deckung nach folgendem Schema bildet: Die Vorpatrouille rückt um halb sechs auf Turowa vor, zwischen dem Flankenschutz im Norden und Süden dreieinhalb Kilometer Distanz. Die Nachhut tritt um Viertel sieben den Marsch an.« So entstand also im Gymnasium ein großes Hin und Her, und bei der Beratung der Bataillonsoffiziere fehlte niemand anders als Leutnant Dub; Schwejk erhielt den Befehl, ihn zu suchen.
»Ich hoffe«, sagte Oberleutnant Lukasch, »daß Sie ihn ohne alle Schwierigkeiten finden werden, ihr habt ja ohnehin fortwährend etwas miteinander.«
»Melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, daß ich um einen schriftlichen Befehl von der Kompanie bitte. Grad deswegen, weil eben immer zwischen uns was is.«
Während Oberleutnant Lukasch in seinen Kopierblock den Befehl schrieb, Leutnant Dub möge sich sofort im Gymnasium zu einer Beratung einfinden, fuhr Schwejk in seiner Meldung fort: »Ja, Herr Oberlajtnant, Sie können unbesorgt sein wie immer. Ich wer ihn finden, weils den Soldaten verboten is, in Bordells zu gehn, und er sicher in einem sitzen wird, damit er sich überzeugt, ob von seinem Zug keiner vors Feldgericht |653| kommen will, mit was er immer droht. Er selbst hat vor der Mannschaft von seinem Zug erklärt, daß er in alle Bordelle gehn wird, und dann, daß wehe ihnen, daß sie ihn von der schlechten Seite kennenlernen wern. Übrigens weiß ich, wo er is. Er is grad da gegenüber in dem Kaffeehaus, weil die ganze Mannschaft ihm nachgeschaut hat, wohin er zuerst geht.«
Die Vereinigten Städtischen Vergnügungsetablissements und das »Stadtcafé«, von dem Schwejk gesprochen hatte, bestanden aus zwei Abteilungen. Wer nicht durch das Kaffeehaus gehen wollte, ging rückwärts herum, wo sich eine alte Frau an der Sonne wärmte, die etwa in nachstehendem Sinn auf deutsch, polnisch und magyarisch sagte: »Komm, Kleiner, hier gibts hübsche Fräuleins.«
War der Soldat eingetreten, führte sie ihn durch einen Gang in ein Vorzimmer, das gewissermaßen einen Empfangsraum bildete; dann rief sie eines der Mädchen herbei, das sofort im Hemd gelaufen kam; zuerst verlangte das Fräulein Geld, das Madame auf der Stelle einkassierte, indes der Soldat das Bajonett abknöpfte.
Die Offiziere gingen durch das Kaffeehaus. Der Weg der Herren Offiziere war düsterer, denn er führte im Hintergrunde an den Chambres vorbei, wo sich eine Auswahl aus der zweiten Garnitur befand, die für die Offizierschargen bestimmt war, und wo es Spitzenhemdchen gab und Wein und Likör getrunken wurde. Madame duldete hier nichts, alles spielte sich oben in den Zimmern ab, wo sich in einem solchen Paradies voller Wanzen Leutnant Dub in Unterhosen auf dem Diwan wälzte, während ihm Fräulein Elly – wie dies in solchen Fällen immer üblich ist – die ausgedachte Tragödie ihres Lebens erzählte: Ihr Vater sei Fabrikant und sie Professorin am Lyzeum in Pest gewesen, und das hier habe sie aus unglücklicher Liebe getan.
Rückwärts, eine Handbreit hinter Leutnant Dub, standen auf einem kleinen Tischchen eine Flasche Wacholderschnaps und Gläser. Daß die Flasche halb leer war und Elly und Leutnant Dub bereits unverständliche Dinge sprachen, war eine Belastungsprobe dafür, daß Leutnant Dub nichts vertrug. Aus |654| seinen Reden ging hervor, daß er bereits alles verwechselte und Elly für seinen Diener Kunert hielt; er nannte sie auch so und drohte dem vermeintlichen Kunert nach seiner Gewohnheit: »Kunert, Kunert, du Bestie, bis du mich von meiner schlechten Seite kennenlernen wirst …«
Schwejk sollte derselben Prozedur unterworfen werden wie alle übrigen Soldaten, die rückwärts herumgingen; er riß sich aber sanft von irgendeinem Mädl im Hemd los, auf deren Geschrei die polnische Madame gelaufen kam und Schwejk frech ins Gesicht leugnete, daß ein Herr Leutnant hier zu Gast sei.
»Schrein Sie nicht
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