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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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zugerichtet.« Er setzte sich auf einen Stuhl und lachte, während er sich mit einem dünnen Rohrstab über die Waden |650| schlug, übers ganze Gesicht: »Wenn ich mich erinner, wie du dich ihr in den Schoß ausgekotzt hast …«
    »Ja«, sagte Tayrle, »gestern wars sehr lustig.« Dann erst machte er Hauptmann Sagner mit dem Offizier mit dem Rohrstab bekannt, worauf sich alle durch die Kanzlei der Administrationsabteilung der Brigade ins Kaffeehaus begaben, das über Nacht aus einem ehemaligen Bierausschank entstanden war.
    Als sie durch die Kanzlei schritten, nahm Hauptmann Tayrle dem Kommandanten der Pionierabteilung den Rohrstab weg und schlug mit ihm auf den langen Tisch, um den sich auf dieses Kommando zwölf Militärschreiber in Reih und Glied aufstellten. Es waren Anhänger der ruhigen, gefahrlosen Arbeit im Rücken der Armee, in Extrauniform, mit großen, zufriedenen Bäuchen.
    Und diesen zwölf dicken Aposteln des Tachinierens sagte Hauptmann Tayrle, bestrebt, sich vor Sagner und dem andern Hauptmann hervorzutun: »Glaubt nicht, daß ich euch hier halt wie in einem Maststall, Saukerle! Weniger fressen und saufen, aber mehr herumlaufen.
    Jetzt zeig ich euch noch eine andere Dressur«, teilte Tayrle seinen Kameraden mit.
    Er schlug abermals mit dem Rohrstab auf den Tisch und fragte die zwölf: »Wann werdet ihr platzen, Ferkel?«
    Alle zwölf antworteten unisono: »Auf Ihren Befehl, Herr Hauptmann.«
    Über seine eigene Blödheit und Dummheit lachend, trat Hauptmann Tayrle aus der Kanzlei.
    Als sie alle drei im Kaffeehaus saßen, bestellte Tayrle eine Flasche Wacholderschnaps und gab Befehl, ein paar Fräuleins herbeizurufen, die frei waren. Es stellte sich heraus, daß das Kaffeehaus eigentlich nichts anderes war als ein verrufenes Haus; und da keines von den Fräuleins frei war, regte sich Hauptmann Tayrle im höchsten Maße auf, beschimpfte die Madame im Vorzimmer in ordinärer Weise und schrie, wer bei Fräulein Elly sei. Als er aber hörte, es sei irgendein Leutnant, wetterte er noch mehr.
    |651| Bei Fräulein Elly befand sich Leutnant Dub, der, als das Marschbataillon in seinen Ubikationen im Gymnasium untergebracht war, seine ganze Truppenabteilung zusammenrief und sie in einer langen Rede darauf aufmerksam machte, daß die Russen bei ihrem Rückzug überall Bordelle mit geschlechtlich angestecktem Personal errichtet hatten, um der österreichischen Armee durch diesen Trick große Verluste zuzufügen. Er warne daher hiermit die Soldaten vor dem Besuch ähnlicher Lokale. Er selbst werde sich persönlich in diesen Häusern überzeugen, ob sein Befehl befolgt werde, denn man befinde sich bereits in jener Zone; jeder, der erwischt werden sollte, werde vor das Feldgericht gestellt.
    Leutnant Dub wollte sich persönlich überzeugen, ob sein Befehl nicht hintergangen werde; deshalb wählte er offenbar zum Ausgangspunkt seiner Untersuchung das Kanapee in Ellys Zimmerchen im ersten Stock des sogenannten »Stadtcafés«, ein Kanapee, auf dem er sich ausgezeichnet amüsierte.
    Inzwischen hatte sich Hauptmann Sagner bereits zu seinem Bataillon begeben. Tayrles Gesellschaft hatte sich also aufgelöst. Er selbst wurde von der Brigade aus gesucht, wo der Brigadekommandant mehr als eine Stunde nach seinem Adjutanten rief.
    Es waren neue Befehle von der Division eingetroffen. Man mußte eine definitive Marschroute für das neu angekommene 91. Regiment festsetzen, da in der ursprünglichen Richtung nach den neuen Dispositionen das Marschbataillon des 102. Regimentes vorrücken sollte.
    Das alles war sehr verwickelt, die Russen wichen im nordöstlichen Zipfel Galiziens ungemein rasch zurück, so daß sich dort einige österreichische Truppenkörper untereinander vermengten; stellenweise drangen Teile der deutschen Armee wie Keile in sie ein; es entstand ein Chaos, das durch das Eintreffen neuer Marschbataillone und anderer Truppenkörper noch erhöht wurde. Dasselbe war auch an anderen Frontabschnitten der Fall, die noch weiter hinten lagen, wie zum Beispiel hier in Sanok, wo plötzlich die Reserven einer deutschen Hannoveranischen Division unter Führung eines Obersten eintrafen; |652| dieser Oberst hatte einen so häßlichen Blick, daß der Brigadekommandant in restlose Verwirrung geriet. Der Kommandant der Reserven der Hannoveranischen Division wies nämlich die Disposition seines Stabes vor, derzufolge seine Mannschaft im Gymnasium einquartiert werden sollte, wo gerade die Einundneunziger einquartiert worden waren.

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