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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Briefmarke aus Helgoland habe und daß sie gleich nach der Matura Billard spielen gegangen seien und den Klassenvorstand nicht gegrüßt hätten. Zu jedem Satz fügte er hinzu: »Ich denke, daß Sie mich gut verstehn.«
    »Natürlich verstehe ich Sie gut«, antwortete Schwejk. »Sie reden so ähnlich wie der Klempner Pokorny in Budweis. Der, wenn ihn die Leute gefragt ham: ›Ham Sie schon heuer in der Maltsch gebadet?‹ hat er geantwortet: ›Nein, aber dafür wirds heuer viel Zwetschken geben.‹ Oder man hat ihn gefragt: ›Ham Sie heuer schon Schwammerln gegessen‹, und er hat drauf geantwortet: ›Nein, aber dieser neue marokkanische Sultan soll herich ein sehr braver Mensch sein.‹«
    Leutnant Dub blieb stehn und stieß heraus: »Marokkani scher Sultan? Das ist eine abgetane Größe.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und murmelte, mit verschleierten Augen auf Schwejk blickend: »So hab ich nicht mal im Winter geschwitzt. Sind Sie damit einverstanden? Verstehn Sie mich?«
    »Ich versteh, Herr Lajtnant. Zu uns ins Wirtshaus zum ›Kelch‹ is immer ein alter Herr gegangen, ein Herr Rat vom Landesausschuß in Pension, und der hat dasselbe behauptet. Er hat immer gesagt, daß er sich wundert, was für ein Unterschied zwischen der Temperatur im Sommer und im Winter is. Daß es ihm sehr komisch vorkommt, warum die Menschen noch nicht drauf gekommen sind.«
    |657| Im Tor des Gymnasiums verließ Schwejk Leutnant Dub, der über die Stiege hinauf in den Konferenzsaal taumelte, wo die militärische Beratung stattfand, und Hauptmann Sagner sofort meldete, daß er, Dub, vollkommen betrunken sei. Während der ganzen Beratung saß er mit gesenktem Kopfe da, und bei der Debatte erhob er sich ab und zu, um zu rufen: »Ihre Ansicht ist richtig, meine Herren, aber ich bin ganz betrunken.«
    Als alle Dispositionen ausgearbeitet waren und die Kompanie des Oberleutnants Lukasch zur Vorpatrouille bestimmt wurde, zuckte Leutnant Dub plötzlich zusammen, erhob sich und sagte: »Ich erinnere mich an unseren Klassenvorstand in der Prima, meine Herren. Er lebe hoch, er lebe hoch, er lebe hoch!«
    Oberleutnant Lukasch dachte, es werde am besten sein, wenn er Leutnant Dub einstweilen von dessen Burschen Kunert im anstoßenden physikalischen Kabinett zur Ruhe bringen lassen werde, wo eine Wache vor der Türe stand, damit nicht am Ende jemand die Reste der bereits zur Hälfte ausgeraubten Mineraliensammlung des Kabinetts stehle. Darauf wurden auch die durchmarschierenden Truppenkörper unaufhörlich von der Brigade aufmerksam gemacht.
    Die Vorsichtsmaßregel datierte von dem Zeitpunkt, da ein Honvédbataillon, das im Gymnasium einquartiert war, angefangen hatte, das Kabinett zu plündern. Besonders gut hatte den Honvéds die Mineraliensammlung gefallen – bunte Kristalle und Kieselsteine –, die sie in ihre Rucksäcke gesteckt hatten.
    Auf dem kleinen Soldatenfriedhof befindet sich auch auf einem weißen Kreuze die Inschrift »Laszlo Gargany«. Dort schläft den ewigen Traum ein Honvéd, der bei jener Plünderung der Sammlungen des Gymnasiums allen denaturierten Spiritus aus einem Gefäß ausgetrunken hatte, in dem verschiedene Reptilien aufbewahrt waren. Der Weltkrieg rottete das Menschengeschlecht sogar mit Branntwein aus Reptiliensammlungen aus.
    Als bereits alle gegangen waren, ließ Oberleutnant Lukasch |658| Leutnant Dubs Putzfleck Kunert rufen, der seinen Leutnant fortführte und auf den Diwan bettete. Leutnant Dub ward plötzlich wie ein kleines Kind; er ergriff Kunerts Hand, fing an, seine Handfläche zu untersuchen, und sagte, daß er aus der Hand den Namen von Kunerts zukünftiger Gattin erraten werde.
    »Wie heißen Sie? Ziehn Sie mir aus der Brusttasche der Bluse Notizbuch und Bleistift heraus. Sie heißen also Kunert: Also kommen Sie in einer Viertelstunde, und ich laß Ihnen einen Zettel mit dem Namen Ihrer zukünftigen Frau Gemahlin hier.«
    Kaum hatte er dies gesagt, begann er schon zu schnarchen; aber er erwachte wieder und fing an, etwas in sein Notizbuch zu schmieren; was er geschrieben hatte, riß er heraus, warf es auf die Erde und lallte, den Finger geheimnisvoll an den Mund legend: »Jetzt noch nicht, bis in einer Viertelstunde. Am besten wirds sein, wenn Sie den Zettel mit verbundenen Augen suchen werden.«
    Kunert war so ein guter Kerl, daß er tatsächlich nach einer Viertelstunde kam; als er den Zettel entfaltete, las er aus den Hieroglyphen Leutnant Dubs: »Der Name Ihrer zukünftigen Gemahlin wird

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