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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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die Kerne beiseite geschoben und gezählt. Von siebzig Kernen ham sich in mir mehr wie die Hälfte aufgelöst.«
    Balouns Mund entrang sich ein leiser, gedehnter Seufzer: »Meine Alte hat Zwetschkenknödl aus Erdäpfelteig gemacht und hat ein bißl Quark zugegeben, damit sie ausgiebiger sind. Sie hat sie immer lieber mit Mohn bestreut gehabt wie mit Quark, und ich wieder umgekehrt, so daß ich sie dafür einmal abgeohrfeigt hab. – Ich hab mir mein häusliches Glück nicht genug geschätzt.«
    Baloun hielt inne, schmatzte, schleckte sich ab und sagte traurig und weich: »Weißt du, Kamerad, daß es mir jetzt, wo ichs nicht hab, vorkommt, daß die Frau doch nur recht gehabt hat, daß sie mit Mohn besser sind? Damals is mirs fort vorgekommen, daß mir der Mohn in die Zähne kommt, und jetzt denk ich mir, wenn er nur kommen möchte … Meine Frau hat mit mir häufig große Streitigkeiten gehabt. Wie oft hat sie geweint, wenn ich gewollt hab, daß sie mehr Majoran in die Leberwürste gibt, und dabei hab ich ihr immer eine heruntergehaut. Einmal hab ich die Arme so verbleut, daß sie zwei Tage gelegen is, weil sie mir zum Nachtmahl keinen Truthahn schlachten wollt, daß mir herich ein Hendl genügt.
    Ja, Kamerad«, fing Baloun zu weinen an, »wenn ich jetzt |675| eine Leberwurst ohne Majoran hätt und Hendln … Ißt du gern Dillensoße? Siehst du, wegen der hats was Krawalle gesetzt, und heute möcht ich sie dir trinken wie Kaffee.«
    Baloun vergaß langsam die Vorstellung einer vermeintlichen Gefahr; in der Stille der Nacht, auch noch als sie hinunter nach Liskowiec stiegen, fuhr er unaufhörlich fort, Schwejk bewegt aufzuzählen, was er sich früher alles nicht geschätzt hatte und was er jetzt essen möchte, daß ihm die Augen überfließen würden.
    Hinter ihnen schritt Telefonist Chodounsky mit Rechnungsfeldwebel Wanĕk.
    Chodounsky setzte Wanĕk auseinander, daß der Weltkrieg seiner Ansicht nach ein Blödsinn sei. Das ärgste daran sei, daß man, wenn irgendwo die Telefonleitung zerreiße, den Schaden in der Nacht in Ordnung bringen müsse; aber noch ärger sei, daß der Feind einen jetzt gerade bei der Řeparatur dieser verdammten Drähte mit dem Reflektor sofort findet und die ganze Artillerie auf einen feuert, während es in früheren Kriegen keine Reflektoren gab.
    Unten im Dorf, wo sie ein Nachtlager für die Kompanie ausfindig machen sollten, war es dunkel, und alle Hunde begannen zu bellen, was die Expedition nötigte, haltzumachen und nachzudenken, wie man mit diesen Ludern fertig werden könnte.
    »Was, wenn wir zurückgehn möchten?« flüsterte Baloun.
    »Baloun, Baloun, wenn wir das melden möchten, möchtest du wegen Feigheit erschossen wern«, sagte darauf Schwejk.
    Die Hunde bellten immer mehr und begannen schließlich sogar im Süden hinter dem Fluß in Kroscienka und einigen andern Dörfern anzuschlagen, denn Schwejk brüllte in die nächtliche Stille: »Wirst du kuschen! – kusch – kusch«, wie er einst seine Hunde angebrüllt hatte, als er noch mit ihnen handelte.
    Die Hunde bellten noch mehr, so daß Rechnungsfeldwebel Wanĕk zu Schwejk sagte:
    »Brülln Sie nicht auf die Hunde, Schwejk, sonst bringen Sie noch ganz Galizien zum Belln.«
    |676| »Was Ähnliches«, antwortete Schwejk, »is uns auf den Manövern in der Taborer Gegend passiert. Wir sind euch dort in der Nacht in ein Dorf gekommen, und die Hunde ham angefangen, einen schrecklichen Radau zu machen. Die Gegend is dort überall hübsch bevölkert, so daß das Gekläff von einem Dorf zum andern gesprungen is, immer weiter und weiter, und die Hunde aus unserm Dorf, wo wir gelagert ham, ham wieder, wie sie verstummt sind, von weitem belln gehört, meinetwegen von irgendwo bis aus Pilgram, so ham sie wieder angefangen zu belln, und in einer Weile hat euch ganz Tabor, Pilgram, Budweis, Humpoletz, Wittingau und Iglau gebellt. Unser Hauptmann, so ein nervöser alter Kerl, hat Hundegebell nicht ausstehn können, er hat die ganze Nacht nicht geschlafen, fortwährend is er gekommen und hat die Patrouille gefragt: ›Wer bellt, was bellt?‹ Die Soldaten ham gehorsamst gemeldet, daß Hunde belln, und das hat ihn so fuchtig gemacht, daß dafür die, was damals auf Patrouille waren, Kasernarrest gekriegt ham, wie wir von den Manövern zurückgekommen sind. Dann hat er immer ein ›Hundekommando‹ ausgesucht und hats vorausgeschickt. Das hat den Zweck gehabt, der Bevölkerung im Dorf, wo wir ham übernachten solln, bekanntzugeben, daß kein

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