Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Hund in der Nacht belln darf oder daß er hingerichtet wird. Ich war auch bei so einem Kommando, und wie wir in ein Dorf bei Mühlhausen gekommen sind, so hab ich mirs verwechselt und hab dem Bürgermeister der Gemeinde gemeldet, daß jeder Eigentümer von einem Hund, was in der Nacht belln wird, aus strategischen Gründen hingerichtet wern wird. Der Bürgermeister is erschrocken, hat gleich eingespannt und is aufn Hauptstab gefahren, fürs ganze Dorf um Gnade bitten. Dort ham sie ihn überhaupt nicht durchgelassen, die Posten hätten ihn beinah erschossen, so is er nach Haus zurückgekommen, und bevor wir ins Dorf einmarschiert sind, ham alle auf seinen Rat den Hunden Hadern ums Maul gebunden, bis drei von ihnen toll geworn sind.«
Sie stiegen ins Dorf hinab, nachdem Schwejk die Lehre erteilt hatte, daß sich Hunde in der Nacht vor dem Feuer einer angezündeten Zigarette fürchten. Zum Unglück rauchte niemand |677| von ihnen Zigaretten, so daß Schwejks Rat kein positives Ergebnis hatte. Es zeigte sich jedoch, daß die Hunde vor Freude bellten, weil sie sich mit Liebe der durchmarschierenden Soldaten erinnerten, die ihnen stets etwas zum Fressen zurückgelassen hatten.
Sie spürten schon von weitem, daß sich Geschöpfe näherten, die Knochen und Pferdeleichen hinterlassen. Plötzlich, wie aus dem Boden gestampft, umringten Schwejk vier Köter und drangen mit emporgehobenen Schwänzen freundschaftlich auf ihn ein.
Schwejk streichelte und tätschelte sie und redete sie in der Finsternis wie Kinder an: »Also wir sind schon da, wir sind zu euch schlaferln und papperln gekommen, wir wern euch Knocherln geben und Krusterln, und früh wern wir dann wieder weiterziehn aufn Feind.«
In den Hütten des Dorfes tauchten Lichter auf, und als sie bei der ersten Hütte an die Türe klopften, um zu erfahren, wo der Bürgermeister wohne, ließ sich die kreischende und gellende Stimme einer Frau vernehmen, die nicht auf polnisch, aber auch nicht auf ukrainisch erklärte, ihr Mann sei im Krieg, ihre Kinder seien an Blattern erkrankt, die Moskowiter hätten alles requiriert, und ihr Mann habe ihr, bevor er in den Krieg gezogen sei, verboten, jemandem in der Nacht zu öffnen. Erst als die vier den Angriff auf die Tür mit der Versicherung bekräftigten, daß sie »Quartiermacher« seien, wurde die Tür von einer unbekannten Hand geöffnet; nachdem sie eingetreten waren, zeigte es sich, daß hier eigentlich der Dorfälteste wohnte, der sich vergeblich bemühte, Schwejk auszureden, daß er diese kreischende weibliche Stimme nachgeahmt habe. Er entschuldigte sich, er habe im Heu geschlafen, und seine Frau wisse nicht, was sie rede, wenn sie jemand plötzlich aus dem Schlafe wecke. Was das Nachtquartier für die ganze Kompanie betreffe, so sei das Dorf so klein, daß nicht einmal ein Soldat hineingehe. Es sei überhaupt kein Platz zum Schlafen da. Zu kaufen gäbe es hier auch nichts, die Moskowiter hätten alles requiriert.
Wenn die Herren Wohltäter damit einverstanden seien, würde er sie nach Kroscienka führen; dort seien große Höfe, |678| es sei nur drei Viertelstunden entfernt von hier, Platz sei dort genug, jeder Soldat werde sich mit einem Schafspelz zudecken können, es gäbe dort so viele Kühe, daß jeder Soldat eine Eßschale Milch erhalten werde, man habe dort gutes Wasser, die Herren Offiziere würden dort im Schlößchen schlafen können, aber hier in Loskowiec? Nichts als Not, Krätze und Läuse. Er selbst habe einmal fünf Kühe gehabt, aber die Moskowiter hätten ihm alle requiriert, so daß er selbst, wenn er Milch für seine kranken Kinder haben wolle, bis nach Kroscienka gehen müsse.
Gleichsam zum Beweis muhten nebenan in seinem Stall die Kühe, und man vernahm eine weibliche Stimme, die die unglücklichen Tiere zur Ruhe wies und ihnen wünschte, die Cholera möge ihnen ins Gebein fahren.
Den Vorsteher jedoch brachte dies nicht aus der Fassung, und er fuhr fort, während er sich hohe Stiefel anzog: »Die einzige Kuh hier hat Nachbar Voijcik, die haben Sie grad muhn gehört, meine gnädigen Herren. Es ist eine kranke, ängstliche Kuh. Die Moskowiter ham ihr das Kalb weggenommen. Seit damals gibt sie keine Milch mehr, aber dem Wirt tuts leid, sie zu schlachten, er denkt, daß die Mutter Gottes von Czêstochowa wieder alles zum Bessern wenden wird.«
Während er dies sagte, zog er sich den Schafspelz an.
»Nicht mal drei Viertelstunden haben wir nach Kroscienka zu gehn, meine Herren Wohltäter, was sag ich
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