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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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begrabenen Soldaten strömten einen Fäulnisgestank aus. Sie kamen in eine Gegend, wo die Kämpfe beim Vormarsch auf Przemyśl stattgefunden hatten und ganze Bataillone von Maschinengewehren hinweggemäht worden waren. In dem kleinen Wäldchen am Fluß hatte das Wüten der Artillerie deutliche Spuren hinterlassen. Auf großen Flächen und Abhängen ragten stellenweise statt der Bäume Baumstümpfe aus der Erde, und diese Wüste war von Schützengräben zerfurcht.
    »Hier schauts anders aus wie bei Prag«, sagte Schwejk, um das Schweigen zu unterbrechen.
    »Bei uns hamr schon nach der Ernte«, sagte Rechnungsfeldwebel Wanĕk. »In Kralup fangen wir zuerst an.«
    »Hier wird nachn Krieg eine sehr gute Ernte sein«, sagte nach einer Weile Schwejk. »Man wird sich hier nicht Knochenmehl kaufen müssen, es is sehr vorteilhaft für die Bauern, wenn ihnen aufn Feld ein ganzes Regiment verwest; kurz, es is guter Dünger. Nur eins macht mir Sorge, daß sich die Bauern von niemandem anschmieren lassen solln und diese Soldatenknochen nicht unnütz auf Spodium in die Zuckerfabriken verkaufen. Da war euch in der Karolinenthaler Kaserne ein gewisser Oberleutnant Holub, der war so gelehrt, daß ihn alle bei der Kompanie für einen Idioten gehalten ham, weil er wegen seiner Gelehrtheit nicht gelernt hat, die Soldaten zu beschimpfen, und alles nur vom wissenschaftlichen Standpunkt betrachtet hat. Einmal ham ihm die Soldaten gemeldet, daß |701| das gefaßte Kommißbrot nicht zum Fressen is. Ein andrer Offizier hätt sich aufgeregt über so eine Frechheit, aber er nicht, er is ruhig geblieben, hat niemandem nicht mal Schwein, nicht mal Sau gesagt, und hat nicht mal jemanden übers Maul gehaut. Er hat nur alle seine Gmanen zammgerufen und sagt ihnen mit seiner angenehmen Stimme: ›Vor allem, Soldaten, müßt ihr euch bewußt sein, daß eine Kaserne keine Delikatessenhandlung is, daß ihr euch dort marinierten Aal, Ölsardinen und belegte Brötchen aussuchen könnt. Jeder Soldat soll so intelligent sein, daß er ohne Murren alles auffrißt, was er faßt, und er muß so viel Disziplin in sich haben, daß er sich nicht über die Qualität von dem aufhält, was er auffressen soll. Stellt euch vor, Soldaten, daß Krieg wär. Dem Feld, wo man euch nach der Schlacht begraben wird, is es vollständig egal, mit was für einem Kommißbrot ihr euch vor eurem Tod angestopft habt. Mütterchen Erde wird euch zerfasern und samtn Stiefeln auffressen. In der Welt kann sich nichts verlieren, aus euch Soldaten wird wieder neues Getreide auf Kommißbrot für neue Soldaten wachsen, die vielleicht wieder nicht zufrieden sein wern wie ihr, sich beschweren gehn wern und auf jemanden kommen wern, was sie bis Halleluja einsperren lassen wird, weil er drauf ein Recht hat. Jetzt hab ichs euch, Soldaten, alles hübsch erklärt und muß euch vielleicht nie mehr dran erinnern, daß, wer sich künftighin beschweren wird, der wird sichs sehr schätzen, bis er wieder an Gottes Licht sein wird.‹ – ›Wenn er wenigstens aufheißen möcht‹, ham die Soldaten untereinander gesagt, und diese Feinheiten in den Vorträgen vom Herrn Oberlajtnant ham sie schrecklich verdrossen. So ham sie mich mal aus der Kompanie gewählt, daß ichs ihm herich sagen soll, daß ihn alle gern ham und daß das kein Militär is, wenn er nicht aufheißt. So bin ich also zu ihm in die Wohnung gegangen und hab ihn gebeten, daß er alle Schüchternheit sein lassen soll, daß das Militär sein muß wie ein Riemen, daß die Soldaten dran gewöhnt sind, daß man sie jeden Tag dran erinnert, daß sie Hunde und Schweine sind, daß sie sonst die Achtung vor ihrem Vorgesetzten verlieren. Er hat sich zuerst gewehrt und hat was von Intelligenz geredet und |702| davon, daß man heut nicht mehr unterm Prügelstecken dienen darf, aber zum Schluß hat er sichs doch sagen lassen, hat mich abgeohrfeigt und zur Tür hinausgeworfen, damit er wieder unsere Achtung gewinnt. Wie ich das Resultat meiner Verhandlungen gemeldet hab, ham alle große Freude darüber gehabt, aber er hats ihnen gleich am nächsten Tag verdorben. Er kommt zu mir und sagt vor allen: ›Schwejk, ich hab mich gestern übereilt, da ham Sie einen Gulden und trinken Sie auf meine Gesundheit. Mit Soldaten muß man umgehen können.‹«
    Schwejk schaute in der Gegend umher.
    »Ich denk«, sagt er, »daß wir schlecht gehn. Der Herr Oberlajtnant hats uns doch gut erklärt. Wir sollen rechts hinaufgehen und herunter, dann nach links und dann wieder

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