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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Schreck vor, Herr Oberlajtnant. Umsonst ham sie |696| ihm erklärt, daß das wahrscheinlich ein Irrtum is, weil beide von einer Gesellschaft beim Herrn Statthalter kommen. Die Equipage hat sie herich bis zum Nationaltheater gefahren und jetzt, daß sie auslüften wolln und in der Nähe ›Na Moráni‹ wohnen, und er, daß er Oberstatthaltereirat is mit Gemahlin. ›Sie wern mich nicht zum besten ham‹, hat der verkleidete Redakteur ihn wieder angebrüllt, ›da können Sie sich schämen, wenn Sie, wie Sie sagen, ein Oberstatthaltereirat sind und sich dabei benehmen wie ein Junge. Ich beobacht Sie schon sehr lang, wie Sie mitn Stock in die Rolleaus von allen Läden haun, wo Sie vorbeigegangen sind, und dabei hat Ihnen Ihre, wie Sie sagen, Gemahlin geholfen.‹ – ›Ich hab ja keinen Stock, wie Sie sehn. Das war vielleicht jemand vor uns.‹ – ›Natürlich, haben wern Sie ihn‹, sagt drauf der verkleidete Redakteur, ›wenn Sie ihn dort hinter der Ecke an einem Weib, was mit gebratenen Erdäpfeln und Kastanien in Wirtshäuser geht, zerhaut ham, wie ich gesehn hab.‹ Die Frau hat schon nicht mal mehr weinen können, und der Herr Oberstatthaltereirat hat sich so aufgeregt, daß er angefangen hat, etwas von Gemeinheit zu reden, worauf er ihn verhaftet hat. Dann is er von der nächsten Patrouille im Rayon dem Kommissariat in der Salmgasse vorgeführt worn, der verkleidete Redakteur hat ihr gesagt, daß man das Paar aufs Kommissariat führen soll, daß er herich aus der Heinrichsgasse is und dienstlich auf den Weinbergen war, daß er die beiden bei Störung der Nachtruhe, bei einer nächtlichen Rauferei abgefaßt hat und daß sie sich gleichzeitig noch eine Wachebeleidigung zuschulden ham kommen lassen. Daß er seine Angelegenheit am Kommissariat in der Heinrichsgasse in Ordnung bringen wird und in einer Stunde aufs Kommissariat in der Salmgasse kommt. So hat die Patrouille beide mitgeschleppt, wo sie bis früh gesessen sind und auf den Oberwachmann gewartet ham, was derweil auf Umwegen zum ›Kelch‹ zurückgekommen is; dort hat er den Oberpolizisten Hubitschka geweckt und hat ihm mit aller Schonung mitgeteilt, was geschehn is und was für eine Untersuchung draus wern wird, wenn er nicht das Maul halten wird …«
    Oberleutnant Lukasch schien bereits durch das Gespräch |697| ermüdet; bevor er das Pferd jedoch zum Trab anspornte, um die Spitze zu überholen, sagte er zu Schwejk: »Wenn Sie bis abend sprechen, wird das Ganze fort blöder und blöder werden.«
    »Herr Oberlajtnant«, rief Schwejk dem fortsprengenden Oberleutnant nach, »wünschen Sie nicht zu wissen, wie es geendet hat?«
    Oberleutnant Lukasch begann zu galoppieren.
    Der Zustand Leutnant Dubs hatte sich so weit gebessert, daß er aus dem Sanitätskarren kletterte, den ganzen Kompaniestab um sich versammelte und die Soldaten wie im Halbtraum zu belehren begann. Er hielt eine ungeheuer lange Ansprache an sie, die auf allen schwerer lastete als Munition und Gewehre.
    Es war ein Mischmasch verschiedener Gleichnisse.
    Er hub an: »Die Liebe der Soldaten zu den Herren Offizieren ermöglicht unglaubliche Opfer, aber darauf kommts nicht an, im Gegenteil, wenn diese Liebe dem Soldaten nicht angeboren ist, muß man sie erzwingen. Im Zivilleben hält die gezwungene Liebe, sagen wir des Schuldieners zum Professorenkollegium, so lange stand wie die äußere Macht, die sie erzwingt; im Krieg jedoch sehen wir das gerade Gegenteil, weil ein Offizier dem Soldaten nicht einmal die kleinste Lockerung jener Liebe gestatten darf, die den Soldaten an seinen Vorgesetzten fesselt. Diese Liebe ist nicht nur eine gewöhnliche Liebe, sondern es ist eigentlich Achtung, Angst und Disziplin.«
    Schwejk schritt die ganze Zeit über auf der linken Seite von Leutnant Dub, und wenn dieser sprach, machte Schwejk ununterbrochen, mit dem Gesicht zu Leutnant Dub gekehrt, »Rechts schaut«.
    Leutnant Dub bemerkte es anfangs nicht und fuhr in seiner Rede fort: »Diese Disziplin und Pflicht zu gehorchen, die verbindliche Liebe des Soldaten zum Offizier, ist kurz und bündig, weil das Verhältnis zwischen Soldat und Offizier ganz einfach ist; der eine gehorcht, der andere befiehlt. Wir haben schon längst in Büchern über die Kriegskunst gelesen, daß der |698| militärische Lakonismus, die militärische Einfachheit gerade jene Tugend ist, die sich jeder Soldat aneignen soll, der, mag er wollen oder nicht, seinen Vorgesetzten liebt; dieser Vorgesetzte muß in seinen Augen für ihn der

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