Die Abenteuer des Röde Orm
an ihrem guten Holz, doch muß es auch recht geschnitten sein, und das zeigt sich, wenn die Seele dessen, der auf ihr bläst, dieser guten Beschaffenheit verwandt ist und die Geduld hat, das hervorzulocken, was in der Flöte sich birgt. Aber hölzern darf diese Seele nicht sein.«
Da trat plötzlich Fastes Schreiber hervor und fiel vor Felimid auf die Knie. Er bat, die Flöte leihen zu dürfen.
»Was willst du denn mit der?« fragte Felimid. »Verstehst du dich aufs Blasen?«
»Nein«, sagte der Schreiber. »Ich bin bei der Steuerbehörde angestellt. Aber ich will Flöte blasen können. Laß mich bei dir bleiben und es lernen.«
Felimid reichte ihm die Flöte, und er setzte sie an den Mund. Mitunter gelang ihm ein Piepsen, meist aber kam überhaupt kein Laut hervor, und die Patzinaker bogen sich vor Lachen über sein vergebliches Mühen. Er aber, vor sich hinstarrend, fuhr damit fort, und Felimid schaute ihm ernst zu.
»Siehst du etwas dabei?« fragte er.
Der Schreiber gab die Flöte zurück. Er schluchzte haltlos. »Ich sehe, was du soeben geblasen hast«, sagte er.
Felimid nickte. »Du darfst hierbleiben«, sagte er. »Ich werde dich blasen lehren. Und einmal wirst du es so gut können, daß du vor dem Kaiser spielen wirst, wenn ich diese Mädchen so weit gebracht habe. Du magst die Flöte behalten.«
Damit war dieser Abend zu Ende. Gefolgt von vielen Patzinakern ritten Felimid und seine Gäste am nächsten Morgen zum Schiff. Bevor sie aufbrachen, verteilte Felimid Abschiedsgeschenke. Orm, Ulf und Svarthövde bekamen jeder ein Messer in kunstvoller Silberscheide, mit goldverziertem Handgriff; für Ylva gab er ihnen einen Packen serenischer Seide mit. Sie dankten ihm, doch verdroß es sie sehr, daß sie keine Gegengeschenke hatten.
»Es gibt nur wenige Dinge, an denen mir gelegen ist«, sagte Felimid, »und daher ist das Unglück für dich nicht groß; ich habe ja doch eure Freundschaft. Und dennoch gibt es etwas, das ich mir als Gegengabe von euch wünschen könnte, wenn sich Gelegenheit dazu bietet. Sag, Orm: hast du noch deine großen Hunde?«
Orm sagte, sie seien bei ihm gut gediehen, und als er auf die Reise ging, habe es auf dem Hof 14 Hunde gegeben.
»Svarthövde«, sagte Felimid, »du wirst bald zum Heermann erwachsen sein, und da du früh angefangen hast, mag es sein, daß du dich bald auf lange Fahrten begibst. Und kommt es dereinst dazu, daß du nach Miklagard fährst, dann bringe mir drei dieser großen Hunde mit. Die wären wahrlich eine Freundesgabe und die beste von allen, denn diese Hunde stammen, wie ich, aus Erin.«
Svarthövde sagte, so solle es sein, sobald er dieses Weges käme, und damit brachen sie auf. Fastes Schreiber nickte ihnen zu, als sie vorbeiritten; er hatte nun Wichtigeres vor, als ihnen zu folgen, denn er übte sich fleißig bei den kazarischen Sklaven im Flötenspiel. Svarthövde und Ulf wären gern noch länger bei den Patzinakern geblieben, um sich an Tanz und anderen Lustbarkeiten zu erfreuen; aber Orm trieb es zum Schiff und zu seinen Mannen zurück, und zudem sagte er, fühle er sich halb nackt und schwermütig, wenn Blauzunge ihm nicht zur Seite war.
Als sie sich dem Fluß näherten, machten die Patzinaker ein Stück vom Strande halt, um mit Orms Mannen nicht in Streit zu geraten. Weder die Eigentümer der Gefangenen noch die anderen, wollten Svarthövde und Ulf freigeben, solange das Lösegeld noch nicht gezahlt war. Orm ging allein zum Schiff, und als die Männer ihn erblickten, ruderten sie unter frohen Rufen ans Land. Orm berichtete ihnen von Felimid und wie alles verabredet worden sei, und auch vom Lösegeld, das gezahlt werden müsse.
Toke lachte zufrieden. »Auch wir haben Glück gehabt«, sagte er »und brauchen nicht zu klagen. Um deine Knaben zu befreien, brauchst du kein Silber zu verschwenden. Neun Patzinaker sind in unserer Hand; sie liegen gebunden im Schiff. Sie sind ein überreichliches Lösegeld.«
Er erzählte, daß Spof und Lange-Staf und viele andere sich beim Gedanken an das ins Wasser verronnene Silber nicht hätten bezwingen können. »Sie bettelten und baten, bis ich nachgeben mußte«, sagte er, »Spof und zwanzig Mann gingen das rechte Ufer entlang; dort drohte keine Gefahr. Zwischen zwei Stromschnellen, wo das Wasser nicht tief war, überschritten sie den Fluß, und in der Dämmerung schlichen sie sich dorthin, wo der Schatz versteckt gewesen war. Da hörten sie frohe Stimmen, sahen weidende Pferde und unbewaffnete Patzinaker, die
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