Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1
nicht.«
»Sind Sie sicher? Dann wollen wir zu ihm eilen und ihn wissen lassen, daß die Wahrheit bekannt geworden ist.«
»Er weiß es schon. Als ich alles geklärt hatte, sprach ich mit ihm, und da er mir die Geschichte nicht erzählen wollte, erzählte ich sie ihm, woraufhin er zugab, daß ich recht hatte, und er mir einige wenige Einzelheiten, die mir nicht ganz klar erschienen, erläuterte. Die Neuigkeiten, die Sie ihm heute bringen können, werden ihn zum Sprechen bewegen.«
»Um Himmels willen, sagen Sie mir, worum es sich bei dem außerordentlichen Geschehnis handelt.«
»Ich werde es tun, und ich werde Ihnen auch die Schritte zeigen, die mich ans Ziel gebracht haben. Lassen Sie mich zuerst mitteilen, was mir zu sagen und Ihnen zu hören am schwersten fällt. Es gab ein Einvernehmen zwischen Sir George Burnwell und Ihrer Nichte Mary. Sie sind gemeinsam geflohen.«
»Meine Mary? Unmöglich!«
»Es ist leider mehr als möglich, es ist sicher. Weder Sie noch Ihr Sohn kannten den wahren Charakter dieses Mannes, als Sie ihn in den Kreis Ihrer Familie aufnahmen. Er ist einer der gefährlichsten Männer in England – ein heruntergekommener Spieler, ein zu allem entschlossener Schurke, ein Mensch ohne Herz und Gewissen. Ihre Nichte wußte nichts von solchen Männern. Als er ihr seine Liebesschwüre vorsäuselte, wie er es schon bei hundert Frauen zuvor getan hatte, schmeichelte sie sich, allein sein Herz bewegt zu haben. Der Teufel mag wissen, was er ihr gesagt hat, jedenfalls wurde sie schließlich sein Werkzeug. Sie traf ihn fast jeden Abend.«
»Ich kann es, will es nicht glauben!« rief der Bankier mit aschfarbenem Gesicht.
»Ich werde jetzt berichten, was sich in jener Nacht vor Ihrem Haus zugetragen hat. Ihre Nichte schlich sich hinunter, als sie annahm, Sie seien zu Bett gegangen, und sprach mit ihrem Liebhaber durch das Fenster, das auf den Weg zum Stall hinausgeht. Seine Füße haben sich, als er dort stand, in den Schnee eingedrückt. Sie erzählte ihm von der Krone. Seine verrückte Gier nach Gold entzündete sich an der Neuigkeit, und er machte sich Mary gefügig. Ich zweifle nicht daran, daß sie Sie liebte, aber es gibt Frauen, in denen die Liebe zum Liebhaber jede andere Liebe löscht, und ich nehme an, sie war eine von dieser Sorte. Sie hatte seine Anweisungen kaum zu Ende gehört, als sie Sie die Treppen hinunterkommen sah, woraufhin sie eilends das Fenster schloß und Ihnen von der Eskapade des Dienstmädchens mit ihrem holzbeinigen Liebsten erzählte, die übrigens stimmt.
Arthur, Ihr Sohn, ging nach der Unterredung mit Ihnen zu Bett, aber er schlief schlecht wegen des Unbehagens, das ihm seine Schulden im Club bereiteten. Mitten in der Nacht hörte er einen leisen Schritt vor seiner Tür. Er stand auf, und als er hinausschaute, sah er mit Erstaunen seine Kusine über den Korridor schleichen und in Ihrem Ankleidezimmer verschwinden. Starr vor Überraschung zog sich der Junge ein paar Kleidungsstücke an und wartete, was aus der befremdlichen Angelegenheit werden würde. Sie kam wieder aus dem Zimmer, und im Licht der Korridorlampe sah Ihr Sohn, daß sie die kostbare Krone in Händen hielt. Sie stieg die Treppe hinab, und er, von Entsetzen gepackt, rannte los und versteckte sich hinter einem Vorhang neben der Tür Ihres Zimmers, von wo aus er beobachten konnte, was sich in der Halle abspielte. Er sah, wie sie lautlos das Fenster öffnete, die Krone jemandem ins Dunkel hinausreichte, das Fenster wieder schloß und dann in ihr Zimmer zurückeilte, wobei sie ganz nahe an dem Vorhang vorbeikam, hinter dem verborgen er stand.
Solange sie sich auf dem Schauplatz befand, konnte er nichts unternehmen, er hätte denn die Frau, die er liebte, aufs schrecklichste bloßstellen müssen. Aber in dem Augenblick, da sie abgetreten war, kam ihm zu Bewußtsein, wie das Unglück Sie niederschmettern würde und wie wichtig es war, es zu verhindern. Er stürzte nach unten, barfüßig, wie er war, riß das Fenster auf, sprang in den Schnee und rannte den Weg hinunter, wo er im Mondlicht eine dunkle Gestalt ausgemacht hatte. Sir George Burnwell versuchte zu entkommen, aber Arthur warf sich auf ihn. Bei dem Kampf, der nun entbrannte, zog Ihr Junge auf der einen Seite und sein Gegner auf der anderen Seite an der Krone. Im Handgemenge erwischte Ihr Sohn Sir George Burnwell und fügte ihm eine Wunde über dem Auge zu. Dann gab es ein plötzliches Knakken, und Ihr Sohn hielt
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