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Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1

Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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sogar ein Anflug von Rot. Er eilte nach oben, und einige Minuten später hörte ich die Tür der Halle zufallen, was mir verriet, daß er wieder auf der Jagd war.
      Ich wartete bis Mitternacht, und er erschien nicht; so zog ich mich in mein Zimmer zurück. Es war nicht ungewöhnlich, daß er Tage und Nächte hintereinander fortblieb, wenn er eine heiße Spur gefunden hatte, weshalb mich auch seine Verspätung an jenem Abend nicht überraschte. Ich weiß nicht, wann er dann zu Hause eingetroffen ist, jedenfalls saß er, als ich frühstücken wollte, am Tisch, die Kaffeetasse in der einen, die Zeitung in der anderen Hand, so frisch und schmuck wie nur möglich.
      »Entschuldigen Sie, Watson, daß ich ohne Sie angefangen habe«, sagte er. »Aber Sie erinnern sich: Ich habe eine ziemlich frühe Verabredung mit unserem Klienten.«
      »Es ist schon nach neun«, antwortete ich, »und es würde mich nicht überraschen, wenn er das wäre. Ich glaube, ich habe es klingeln hören.«
      Es war wirklich unser Freund, der Financier. Die Wandlung, die er durchgemacht hatte, erschreckte mich. Sein Gesicht, sonst breit und massig, sah verkniffen und eingefallen aus, und sein Haar war mindestens um einen Schimmer weißer geworden. Bekümmert und wie betäubt trat er ins Zimmer und bot einen schmerzlicheren Anblick als bei seiner Raserei am Morgen zuvor. Er ließ sich in den Lehnstuhl fallen, den ich ihm unterschob.
      »Ich weiß nicht, was ich verbrochen habe, daß ich so hart geprüft werde«, sagte er. »Noch vor zwei Tagen war ich ein glücklicher Mann, ohne Sorgen, und alles gedieh mir. Jetzt bin ich einem einsamen, entehrten Alter anheimgegeben. Ein Unglück folgt dem anderen auf dem Fuße. Meine Nichte Mary hat mich verlassen.«
      »Sie verlassen?«
      »Ja. Heute morgen fand ich ihr Bett unberührt, sie war nicht in ihrem Zimmer, und in der Halle lag ein Brief für mich. Gestern abend hatte ich aus Gram, nicht im Zorn, zu ihr gesagt, daß vielleicht alles gut geworden wäre, wenn sie meinen Sohn geheiratet hätte. Mag sein, es war gedankenlos von mir, so zu sprechen. Auf die Bemerkung spielt sie in ihrem Brief an: ›Mein liebster Onkel, ich fühle, daß ich Dir Verdruß bereitet habe und daß dieses schreckliche Unglück nie über Dich gekommen wäre, wenn ich anders gehandelt hätte. Mit diesem Gedanken im Kopf kann ich nie wieder in Deinem Haus glücklich sein. Sorge Dich nicht um meine Zukunft, denn sie ist gesichert. Und vor allem: Such nicht nach mir, das wäre vertane Mühe und würde mir zudem einen schlechten Dienst erweisen. Im Leben wie im Tod bleibe ich immer Deine Dich liebende MARY.‹
      Was kann sie mit dem Brief nur meinen, Mr. Holmes? Glauben Sie, daß man auf Selbstmord schließen muß?«
      »Nein, nein, auf nichts der Art. Vielleicht ist es die bestmögliche Lösung. Ich bin überzeugt, daß Sie sich dem Ende Ihres Kummers nähern, Mr. Holder.«
      »Ha! das sagen Sie! Haben Sie etwas in Erfahrung gebracht, Mr. Holmes? Sie haben etwas erfahren! Wo sind die Steine?«
      »Würden Sie tausend Pfund pro Stück für einen zu teuren Preis halten?«
      »Ich würde zehntausend zahlen!«
      »So viel ist nicht nötig. Mit dreitausend wäre die Angelegenheit abgemacht. Und dann denke ich noch an eine kleine Belohnung. Haben Sie Ihr Scheckbuch bei sich? Hier ist ein Federhalter. Am besten schreiben Sie gleich einen Scheck über viertausend Pfund aus.«
      Verwirrten Gesichts tat der Bankier, was Holmes forderte. Mein Freund ging an sein Schreibpult, entnahm ihm ein dreieckiges, mit drei Steinen besetztes Stück Gold und warf es auf den Tisch.
      Mit einem Freudenschrei griff unser Klient danach.
      »Sie haben es!« keuchte er. »Ich bin gerettet! Ich bin gerettet!«
      Der Ausdruck seiner Freude war so leidenschaftlich, wie es der seines Kummers gewesen war. Er drückte die wiedergefundenen Juwelen ans Herz.
      »Sie schulden noch etwas, Mr. Holder«, sagte Holmes ziemlich streng.
      Sofort nahm er den Federhalter wieder auf. »Nennen Sie den Betrag, ich werde ihn zahlen.«
      »Nein, ich meine nicht mich. Sie schulden dem edlen Burschen, Ihrem Sohn, eine demütige Bitte um Verzeihung. Er hat sich in dieser Sache auf eine Weise verhalten, die mich stolz machte, wenn mein eigener Sohn, sollte ich je einen haben, handelte wie er.«
      »Dann war es nicht Arthur, der die Steine stahl?«
      »Ich sagte es Ihnen schon gestern und wiederhole es heute: Er war es

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