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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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nicht mehr da.

    Hecate, Huan-Ti, Anubis und Storikal waren wochenlang vor den Horden zurückgewichen, bis sie, auf einem Landkeil, der zur Zeit der Befreiung Schauplatz schlimmer Schlachten gewesen war, in einem Ruinental voll gelber Steine beschlossen, abzuwarten, ob die neue Front tatsächlich stabil bestehen bleiben würde.
    »Sie sind einfach nur verblüfft«, erklärte Huan-Ti, »sie haben nicht mehr damit gerechnet, daß man ihnen überhaupt etwas entgegenwirft – und schon gar keine Infanterie.«
    Zur Sicherheit hatten die vier sich mit überlebenden Atlantikern verständigt, die ihre Weltmeere zu größten Teilen hatten verloren geben müssen und sich nun dort konzentrieren, wo die Menschen früher ein sogenanntes »Mittelmeer« befahren hatten. Das Abkommen sah vor, daß den Helden ein flugfähiges Fischheer als Geleitschutz aus der drohenden Einkreisung zu Hilfe kommen werde, wenn die Überwachung aus dem All einen Riß in der Front finden würde.

    »Pherinfone«, sagte Hecate, »da, aus dem Strauch. Es heißt – riecht ihr's? – ja, es heißt ... die vierzehnte Armee ist überrannt.«
    Alle vier schwiegen lange.
    Dann sagte Storikal: »Ja, das heißt ja die daß, daß die ja die Fische dann kommen und uns ja rausholen.«
    Es war keine Frage.
    Man wartete. Die Fische kamen nicht.
    »Vielleicht, ja, kommen sie geschwommen statt, ja, geflogen? Bluntsch?« mutmaßte Storikal.
    Aber auch der Kanal auf halber Abhanghöhe an der Westseite des Tals der gelben Steine blieb leer (und roch, wie Anubis fand, »verheerend, als ob erst vor kurzer Zeit was Großes drin gestorben sei«).
    Das Pferd sah den Tiger an und sagte: »Also rettet uns niemand. Es ist vorbei. Wir wollten Helden sein. Gut. Du hast die Pherinfone auch gerochen und kennst die taktischen Gegebenheiten besser als wir alle – wie lange, glaubst du, wird es dauern, bis sie hier sind?«
    »Zwei Stunden«, sagte Huan-Ti. »Wenn die Sonne untergeht.«
    »Ich weiß nicht, wie ihr's halten wollt«, pfiff Anubis und kletterte auf Hecates breiten Rücken, »aber ich werd bis zum Schluß beißen und kratzen, daß mein Angstschweiß und mein Blut in alle Richtungen von mir erzählen können, was ich für ein Kerl war.«
    »Versteht sich«, sagte der Tiger, »wir sind Vorbilder.«
    Das Maultier gab einen zustimmenden, wenn auch vage klagenden Laut von sich. Es hatte während der kurzen Zeit mit den Freunden vieles gelernt, das ihm im Archiv nie aufgegangen war, darunter einiges über Pflichten, Selbstachtung und Geschichte.
    »Für wen eigentlich? Vorbilder?« fragte das Pferd niemand Bestimmten und trat auf eine der mächtigen Grabplatten. Dann ließ es sich von Anubis eine Zigarre anzünden.
    »Für die Gente, die sich unsere Berichte antun, möchte ich meinen«, sagte der Marder und hob das kluge Köpfchen, um nach dem Chlorgeruch der herannahenden Vernichtung zu schnuppern.

    Die Luft war schwül und drückend, der Saum des Himmels auf den Bergkämmen schwang wellig wie eine Gardine im Heißluftstrom. Bald empfing der Marder, der das feinste Gehör der vier Helden hatte, Echos der Ultraschallverständigung zwischen den Keramikanern: »Ist ihr Geschnatter, kein Zweifel. Ich verstehe es nicht, weil immer was fehlt und weil die Teile, die ich mitbekomme, schwer zu übersetzen sind. Aber sie sind's.«
    »Also.« Das Pferd spuckte den Stumpen aufs Grabmal und erfand, mit dem Huf im Sand zeichnend, eine kleine Schlachtordnung: Hecate selbst stand in der Mitte, am tiefsten Punkt des Tals. Der Marder sollte möglichst rasch hin und her laufen, die Sensoren der Anrückenden nervös machen, ablenken, ihre Reihen verwirren. Der Tiger erhielt den Auftrag, für den Fall, daß Anubis Erfolg mit seiner Ablenkung hatte und welche aus den Formationen fallen würden, sie zu reißen und zu töten.
    Das Muli sollte sich im Zedernwäldchen zur Verfügung halten, diejenigen zu treten, die Hecate nicht selbst unter die Hufe bekam.
    »Ja, also man kann sie ja dann auch doch bekämpfen?« fragte Storikal hoffnungsvoll. »Obwohl sie ja in mehreren, uns ja fopp fremden Dimensionen ...«
    »Ihre Breite ist trotzdem breit, ihre Höhe trotzdem hoch, ihre Tiefe ausreichend tief und ihre Dauer, die dauert schon viel zu lang«, sagte der Tiger kampfeslustig.

    Kaum hatten die vier ihre Positionen eingenommen, waren die Schrecklichen da.
    »Sie sind schön«, dachte der Marder, davon überrascht. Die Leiber in den vordersten Reihen – konnte man das so sagen, waren das Leiber? –

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