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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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Teigwaren und sich verkrampften, in der Pfütze aus Körperflüssigkeiten, und ein haariger Mann, mit schwarzer Wolle auf den Schultern, der auf dem Rücken ruhte und die Beine hochnehmen mußte, damit ein Schäferhund mit ihm zurechtkam: Nein, ich will so etwas nicht übersehen müssen, es soll das gar nicht geben, dachte Georgescu.

    »Es ist nur ... sie haben ... das hier ist nicht einfach, wonach es ...«
    »Ein Menschenpuff«, schnitt die Dachsin ihrem Helfer das Wort ab, »mit Flüchtlingen, die unterm gesetzlichen Schutz des Löwen stehen. Es wäre schön, wenn es nicht wäre, wonach es aussieht, aber das ist es.«
    Der Windhund wußte, was sie meinte, die ihre Krallen jetzt wie beiläufig an der nassen Wand wetzte: Dem Gesetz nach war Landers die einzige der drei Städte, die, ihrer gestuften Bauweise wegen, noch vagabundierende Menschen aufnahm und sie sogar versorgte, mit Almosen und Obdach.
    Man konnte sie hier von den schönen Plätzen und öffentlichen Gebäuden fernhalten, ohne sie ganz der Stadt zu verweisen, und manchmal gab es sogar Arbeit für sie, etwa beim Restaurieren baufälliger Strukturen aus der Langeweile, die man behalten hatte und auf die sich die Türme und Schienen der eigentlichen Stadt stützten.

    Von Orten wie diesem Dreckloch hatte man in Kapseits und Borbruck immer wieder gehört, es gab sogar Pherinfoplexe dazu in den Netzen: Bilder, Geräusche, Gerüche, die seltener, aber, den Preisen für die Decodersequenzen nach zu urteilen, bei den Conoisseuren auch begehrter waren als alles andere pornographische Material. Es hieß, Ryuneke Nirgendwo persönlich habe seine Pfoten im kommerziellen Vertrieb solcher Sachen.
    Ein Opossum stellte sich zu den beiden Neuankömmlingen, schnupperte, blinzelte und sprach die Dachsin an: »Unsere sind natürlich die besten! Und wir haben ein lizenziertes Gewerbe, alles ganz legal, sie werden«, der Bub kicherte, »als gastronomische Hilfskräfte geführt. Kein Pelz, nur auf dem Kopf und zwischen den Beinen! Ganz glatt, ganz lecker!« Er wedelte mit einem Kartenbüschel.

    Georgescu roch Angst und Panik der Besiegten – wenn Unterlegene sich ficken lassen müssen, wußte die Dachsin aus dem langen Krieg, dann riechen sie anders, als wenn Gleiche einander etwas tun, selbst wenn's Gewalt ist. Nein, dies hier war nicht zu dulden; dies hier war wie damals unter Menschen. Es gab keine Grenzen, keine Regeln, sogar Mädchen, die bluteten, mußten hier weiterarbeiten an der Lust der trägen Sieger.
    »Ich rate dir«, sagte die Dachsin nicht unfreundlich zum Kartenopossum, »dich zu verdrücken. Ein Ordnungskommando ist schon unterwegs, und wenn ich nicht in drei Minuten draußen bin und die Razzia abblase, was ich nicht vorhabe, werden sie diesen Bau stürmen und euch zausen, daß euch Hören und Sehen vergeht.«
    Dazu leckte sie sich über die Unterlippe, was den Blocker neutralisierte, der ihre Geruchskennung verborgen hatte. Augenblicklich wußten alle im Raum, die nicht zu betäubt waren, um überhaupt noch etwas mitzubekommen, daß dies hier Georgescu war.
    »Eine Schande«, sagte sie, schlug mit der Tatze einen Menschenkinderfuß beiseite, der nach ihr trat, und befahl ihrem Fremdenführer: »Bring mich raus, bevor ich kotze.«
9. Kunsthalber
    In Kapseits war Esprit ohne größere Zwischenfälle vorübergegangen.
    Die dreiwöchige Fastenzeit, die auf den großen Rausch folgte, hatten die Gente mit Anstand hinter sich gebracht. Der Isottatempel, abweisend mit Brettern verrammelt und mit schweren Steinen abgestützt, auf daß man drinnen Restaurationsarbeiten leisten konnte, schwieg vor sich hin, vielleicht beleidigt.
    Wie immer kamen neue Moden auf, darunter ganz alberne Sorten der Verständigung und Verständigungsverweigerung: Erst redete man nur in sechsdeutigen Passagen zwischen stark beansprucht aussehenden Oberflächen von Sätzen, dann malte man sich Schlüssel mit verdrehten Dreiecken als Schloßchiffren auf die Pherinfonavatare, bei denen die Anzahl Zinken, die sie zeigten, jeweils die Stimmung des oder der so Markierten ausdrücken sollten, und endlich fand man zu Rauchzeichen und Beißcodes.
    Als das ausgestanden war, wurden immerhin längere Zeit stabile Körper beliebt, die sich sogar zu Familien zusammenfassen ließen.
    Der Löwe, hieß es aus Borbruck, sei darüber erleichtert.

    Der vermeintliche Esel, der sich im Sommer vor dem mittlerweile von Efeu und Klee überwucherten Panzer hinter der Getreidebank zum Narren gemacht hatte, war

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