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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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sie sagen's, um sich als Unterstützer meines Programms zu inszenieren, weil sie sonst in der Obskurität zu versinken fürchten. Und das wiederum sagt mir, was ich hören will.« Sie konnte nicht zwinkern, ihr fehlten die Lider, aber er verstand sie auch so.
    »Du hast gute Musik gespielt, Rattenfängerin.«
    Nicht schön gesagt, aber schön gesehen.
6. Beben und Nachbeben
    Triumph, Ruhm und höchste Ehren – der einzige echte Verlust, den Padmasambhava im Zusammenhang mit ihrer politischen Arbeit zu verschmerzen hatte, war die Trennung von Lodas Osier, dem irgendwann »der ganze Wahnsinn, das Gehetze« zuviel wurden.
    Weinerlich kam er ihr obendrein: »Ich war für dich ja nur ein Lückenbüßer, bis du wieder Aufnahme findest in die erlauchten Kreise der Eons und Raphaelas«, nun ja.
    Soviel stimmte: Sie nahm tatsächlich, jetzt, da sie endgültig zur Erwachsenen gereift war und damit ein Alter erreicht hatte, das den meisten ihrer Schlüpfgenossinnen unerreichbar blieb, solange das experimentum währte, wieder häufiger an den Gelagen und Bacchanalen der Schönen teil, wo es zum guten Ton gehörte, daß man allein erschien und sich für alles, was geschah, unabhängig von sentimentalen Bindungen verfügbar hielt.
    »Ja, wenn wir mal gemeinsam hin könnten und auch gemeinsam wieder weg«, jammerte der Gekränkte, »wenn ich noch vorkäme in deinem Leben, dann ...«
    Sie lachte ihn aus: »Prima, und während alles durcheinanderrammelt, halten wir Händchen, bis wir, was bei dem Lärm natürlich nicht ganz einfach ist, dann beieinander eingeschlafen sind, nein danke, Schatz.« Er schmollte, sah aus dem wirbelnden Fenster, das die Wasserfälle um die Kunsthalle in Burg IV, den Wald von Burg II und andere schöne Aussichten zeigte.
    Etwas milder gestimmt sagte sie, als sie die Hand auf seine Schulter legte: »Was stört dich denn nun wirklich, hm?«
    »Mich stört«, sagte er, ohne den Blick vom Strudelpanorama zu wenden, das sechsmal so groß war wie sie beide zusammen und wegen der freien Feldaufhängung des breiten Bettes manchmal schräg vor, manchmal schief hinter ihnen schwebte, »daß du so entsetzlich viel Wind machst.«
    »Wind?« sagte sie entgeistert. »Die größte Reform, die je ...«
    »Schon gut! Toll!« Er entwand sich ihr und war jetzt wirklich wütend, schlug die Decke zurück, setzte sich aufrecht hin, drehte sich in ihre Richtung, wenn auch nur im Halbprofil, und schrie an ihr vorbei: »Die größte, das beste, die wichtigste – was denn, warum denn? Du bist eine Heuchlerin. Du willst beides, dich waschen und nicht naß werden. Hast deine Leute da im Graben fallengelassen, bist nie wieder hin – das hättest du können, an den Außenposten, wenigstens den neuen, die auf dein eigenes Betreiben errichtet wurden, um äh, ach, gerechte Handelsbeziehungen zwischen den Burgen und den Gräben zu etablieren – und ekelst dich, vermute ich, wenn ich mir so angucke, wie du zuletzt aus dem Luftschiff runtergeguckt hast, eher noch mehr vor ihnen, als die Aristoi sich vor ihnen ekeln – die Aristoi, zu denen du gehören willst, aber wiederum auch nicht, ohne deinen Exotenbonus ... bah ...«, ihm ging die Luft aus.
    Sie kicherte. »Wer sonst«, sagte sie, fast singend, jedenfalls beschwingt, »soll den Grabenleuten helfen, wenn nicht eine, die nie richtig dazugehört hat? Sie haben das gemerkt, mein Buch des Lebens ist anders als ihrs – und den Aristoi ist es ebenfalls aufgefallen. Der einzige, der mich je auf das festlegen wollte, was ich früher gewesen bin, was ich früher zu sein schien, der einzige, der Wert darauf legt, daß ich eine Exotin bin und nicht in seine Welt gehöre, bist ...«, aber da fiel das Fenster um, stürzte an ihnen vorbei, der Kronleuchter klirrte, der Baldachin zitterte: ein Erdbeben, nicht stark, aber sehr plötzlich.

    Als es vorbei war, schwiegen Lodas und Padmasambhava einander zunächst verblüfft an.
    Dann mußten sie immerhin lachen. Daraus ergab sich ein Gerangel, das erst nur überraschend freundlich war, dann bald inniger wurde, und weil sie einander bereits offenbart hatten, daß sie vermutlich nicht befreundet bleiben würden, fiel der Sex, der sich ergab, dann doch sehr gut aus; erstens als Abschied, zweitens als etwas, das endlich unbelastet war von den Vorbehalten, dem Groll, den Heimlichkeiten der letzten Zeit.

    Ein paar Stunden vor der Dämmerung wurden sie von einem neuen, stärkeren Beben geweckt.
    Das Haus, das Padmasambhava sich inzwischen leisten konnte,

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