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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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zu haben. Verflucht sind, die da in die Follikel zurückzukriechen suchen, aus denen sie gekommen sind, denn sie werden der Zukunft die Zinsen wegfressen, noch bevor der Hahn auf der Wehrmauer sich dreimal erbrochen hat. Verflucht sind die Naturschützer, denn sie werden enden wie die Cotylosauria, die sie sich zum Vorbild nehmen. Verflucht sind die Timiden, die Quietisten und Opportunisten, denn sie werden sich in den Tentakeln des Selbstverständlichen verheddern und darin umkommen. Verflucht bin ich aber vor allem selber, denn ich erkläre noch der Nachwelt Sachen, die man nicht erklären, nur erarbeiten kann. Aber die Lähmung verurteilt die Gelähmte, die Lüge wird zum Gefängnis der Lügnerin und das feige Herz stirbt am eigenen Gift.«

    Lodas Osier lachte laut, weil ihm die Vorführung, die er nicht verstand, so gut gefiel.
    Seine Geliebte lachte nicht; sie wurde nachdenklich.
5. Die Verdammten
    Padmasambhava wollte immer wieder wissen, wie Frau Späth war, was sie vorhatte, und am wichtigsten: »Wann kommt sie denn?« »Regulär«, sagte Sankt Oswald, als habe er soeben auf einer Uhr oder in einem Kalender nachgesehen, »rechne ich erst in ein paar Jahrzehnten wieder mit ihr. Aber in mir kribbelt ein Verdacht, daß sie sich diesmal früher blicken läßt.«
    »Der Grund dafür ...«
    »Bist du. Sie wird dich abholen, denke ich, oder dich irgendwohin schicken, wenn deine ... Erziehung abgeschlossen ist.« Die Auskunft war stets dieselbe, und immer reichte sie hin, um das erneute Nachhaken ein paar Unterrichtssitzungen weiter hinauszuschieben.
    Padmasambhava versuchte, nicht allzu erregt in Erwartung der großen Dinge zu leben, die Frau Späth für sie vorgesehen haben mochte, und suchte sich andere Beschäftigungen.
    Die riskanteste unter diesen war die Politik.
    Analyse und Aneignung der allgemeinen Grundsätze der Verwaltung der Burgen waren in wenigen Stunden zu leisten, die schönen Phrasen der Verfassungen dieser Stadtstaaten (»Plebiszite lehnen wir ab. Wer nur das Recht hat, ja oder nein zu sagen, gibt bereits die Sprache her«, »Ein primitiven Zahlenschlüsseln gehorchendes repräsentatives System wäre für die angemessene Selbstverwaltung unzulänglich, daher haben wir uns geeinigt, daß ...«) lernte sie in Sekunden auswendig. Die Struktur des gouvernementalen Organogramms zu begreifen dagegen fraß immerhin zwei Wochen: Führungsausschüsse, Generalausschüsse, Generalsekretariat des Kongresses, Regionale Komitees, Basiskongresse, der supraterritoriale Generalkongreß in der Burg I, die virtuellen Sitzungen der Bünde und Vereinigungen, zum Teil geordnet nach sogenannten Berufen oder Zünften (die es ja längst nicht mehr gab). Als Padmasambhava das alles aufgenommen hatte, besorgte sie sich gegen den anfangs entschiedenen, dann immer kleinlauteren Widerstand ihres Lehrers Unmengen kostspieligster Software, die ihr am Ende nur verriet, was sie gleich geahnt hatte: Da sie nun schon vier Jahre in der Burg lebte und auch alle andern Burgen besuchte, wie es ihr paßte, da sie Anteil hatte an der Produktion, der Verteilung und dem Verbrauch von Gütern, da sie mit den Aristoi Meinungen und sexuelle Gefälligkeiten tauschte, kam ihr de facto der Status einer Vollbürgerin zu, wenngleich er ihr nicht formell verliehen worden war.
    Gewohnheitsrecht, zum Teil sogar in schummrigen Hypertextwinkeln der Verfassungsdokumente locker kodifiziert, sorgte dafür, daß es ihr freistand, eine politische Plattform zu gründen, eine Kampagne loszutreten, und genau das tat sie.

    Aus ethischen, ressourcenökonomischen, ästhetischen und anderen Erwägungen, so forderte die von Padmasambhava initiierte Forengruppe, der sich überraschend schnell viele lokale Aristoi, ja sogar Eon und Raphaela anschlossen, sei das experimentum crucis so bald wie möglich einzustellen.

    Als die Adligen erst einmal begriffen hatten, daß sie hier keineswegs dazu überredet werden sollten, die Tore der Burgen für endlose Flüchtlings- oder Geschädigtenhorden zu öffnen, da es vielmehr Padmasambhavas, wie sie sagte, »heiligstes Ziel« war, daß die Leute in den Gräben nicht etwa unter die Burgenzivilisation subsumiert werden, sondern endlich Gelegenheit erhalten sollten, ihre eigene Zivilisation zu gründen, als also klar wurde, daß der Spaß niemanden ernstlich etwas kosten würde, war ihr der Sieg sicher.
    Ein bißchen Leben kam nur noch kurz vor der Ratifizierung der entsprechenden Kongreßbeschlüsse in die Diskussion. Da

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