Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
Vom Netzwerk:
einzige Bedingung ans Gedeihen der Siedlungen auf der Venus zu knüpfen: daß du, wenn man dich endlich zur Welt kommen lassen würde, zu dieser Welt, den Tempel finden und dich in ihm deiner Aufgabe bemächtigen ... pff, sobald die Sonden und anderen Schwärmer um die Erde entdecken würden, was unsere Astronomie ihnen seit ein paar Jahren sagt: daß sich da nichts mehr rührt, daß da ein neuer Zustand erreicht ist.«
    »Bei mir ist auch ein neuer Zustand erreicht«, sagte Feuer und quälte sich, auf dem schimmernden Rand der Koje, aus den beengenden Teilen der Uniform, »der Zustand des großen Leck mich am Arsch. Ich mach nichts mehr, versuch nichts mehr, betrete keine Städte mehr, bevor mir nicht jemand sagt ...«
    »Wir brauchen einen anderen Plan«, sagte Zagreus.
    Feuer knurrte: »Ja, mach nur einen Plan, sei nur ein großes Licht.«
    Der Klappstuhldachs trollte sich und war wütend dabei, auf sich, Feuer, die Minderlinge und Lasara.

    In der Kombüse wusch er die Fische und briet sie, putzte die Fenchelknollen, schnitt sie mit Messerfingern in dünnste Scheiben, hackte das grüne Kraut in Stücke und sah zu, wie das Öl sich erhitzte, in dem die Kräuter fritiert werden sollten (den Tempel abreißen, ja? Wir können gar nicht so niedrig denken, wie dieser Abschaum handelt). Dann gab er Mehl in eine Schüssel (Mehl ist gut, das ist synthetischer Staub – Mehl, echtes Mehl, wirkliches Salz, wahrhaftiger Zucker, das sind so die Sachen, die wir nicht haben, man macht, was funktioniert, mit dem Kram, der da ist, langsam reicht's), tauchte den Fenchel ins Öl, bis es aufschäumte, und rührte an den Scheiben rum, bis alles knusprig wurde.
    Beim Herausheben mit der Kelle und beim Würzen kam der Prinz herzu und legte ihm, eine rare und unerwartet intime Geste, die Hand auf den Rahmen, etwa da, wo bei einem aufrecht gehenden Zweibeiner die rechte Schulter gewesen wäre.
    »Man kann auch so leben, oder? Ich meine, Auftrag hin, Auftrag her. Wir machen es uns gemütlich und ...«, aber Zagreus ließ die falsche Schulter rollen, schüttelte die Hand ab, tischte stur auf, was er zubereitet hatte, und sagte dann, als Feuer sich, erkennbar unzufrieden, hinsetzte und anfing zu essen: »Man kann so nicht leben. Wir haben gar keine Wahl, der Preis, der für deinen Auftrag gezahlt wurde, war zu hoch. Meinst du, sie hätten nur das Tal verwüstet, wo du gelebt hast? Sie schwärmen überallhin aus, eine Zerstörungs- und Mordexpedition, an den Ostflanken von Freya Montes, in der Lavinia Planitia, soweit ihre Reichweite es eben erlaubt, mit dicht überm Boden fliegenden Kriegsmaschinen. Sie verbrennen die Graslandschaften mit Napalm, bald werden sie eine richtige Luftwaffe haben, und alles, was lebt, die kleinen Wälder und Teiche, muß Gift fressen.«
    Feuer hielt beim Gabeln inne und schaute den Klappstuhldachs an; der Prinz war, was eigentlich nie geschah, sprachlos.
    »Sicher, wir selbst sind außer Gefahr. Erstens gibt es zu viele Siebenvierer, es würde den Minderlingen nie gelingen, in diesen großen Schwärmen den auszumachen, der uns Asyl gewährt hat. Und zweitens fürchten sie sich noch davor – ich sage, noch –, die verbleibende funktionsfähige Technik der Gente, besonders diejenigen Bestandteile, die dafür sorgen, daß der Planet bewohnbar bleibt, mit ihren groben Waffen zu ...«
    »Also was machen wir dann?«
    »Das wichtigste Wort in deiner Frage, mein Junge, ist ›wir‹. Ich hätte dich nicht alleine hinschicken sollen. Wir gehen uns das anschauen – wie du gesagt hast: Das Plündergut, die eigentlichen Anlagen im Tempel, das haben sie alles in ihre ... Akademie gebracht, hoffentlich nur in dieser einen Stadt, nicht in ... Marder oder Stute. Wir werden die Sachen, wenn nötig, stehlen.«
    »Wie willst du denn ... mich konnten wir ja noch tarnen, aber ...«
    »Das laß mal meine Sorge sein. Ich habe, wie du mir geraten hast, einen Plan gemacht. Jetzt iß.«
    Feuer wunderte sich, gehorchte aber.

    Als Zagreus sich zurückzog, um seinen Plan zu überprüfen und dessen Umsetzung vorzubereiten, ging Feuer sich waschen – und erkannte verwundert, daß der Schmutz am Kinn und um den Mund, den er schon vor dem Essen mit Spucke wegzuwischen erfolglos versucht hatte, kein Schmutz war, sondern, wie ihm jetzt der Spiegel zeigte, eine ganze Menge schnell sprießender Stoppeln. Mir wächst was, im Gesicht. Seit wann? Es war nicht zu sagen, nicht zu messen, und doch meinte Feuer, er wisse es nur zu genau: seit ich

Weitere Kostenlose Bücher