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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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die Bauteile mit vorhandenem lebendem Gewebe schnell anfreunden – das erlaubt Implantate, in die sogar Blutgefäße hineinwachsen. Zuerst hat man das via Lasersintern fabriziert, aber dabei brauchte man so hohe Temperaturen, daß bioaktive Ionen und Moleküle, die als Signalstoffe fürs Zellwachstum hätten dienen können, unweigerlich zerstört wurden. Also ist man umgeschwenkt darauf, Kalziumphosphatzement anzurühren und dann in Negativgußformen für die Knochenteile auszuhärten.«
    »Klingt ... unordentlich. Schmutzig. Aufwendig.«
    »Ganz recht, eigentlich viel zu viele Arbeitsgänge. Aber die Vorteile; tja ... es ist halt eine Grenznutzenfrage. Und unsere Nemesis im Dschungel drüben«, ein undeutbares Lächeln zeigte sich in Izquierdas Gesicht, »hat jetzt ein neues, abgewandeltes Verfahren in die Serienreife überführt: dreidimensionale Pulverdrucker.«
    Georgescu näherte sich, die Augen zusammengekniffen, einem langen Schädelbein. Das Ding erinnerte sie an einen Lurch mit riesigen Augenhöhlen. »Dieser Kopf ... der kam aus einem Drucker?«
    »Ja. Aus einem der Gebäude, die Sie haben knipsen lassen. Ich hab die Bilder ausgewertet, die Hitzesignaturen, Energieemissionen ... Kalziumphosphate, Phosphorsäure, Düsen, eine hundert Mikrometer dicke Lage im Druckbereich, dann spritzt das Köpfchen den Segen auf die Schicht, nach acht bis zwölf Sekunden hat das Ding abgebunden, wird chemisch gehärtet ... Raumtemperatur! Voilá une mode de fabrication rrrrrévolutionaire! «
    »Und wie viele ... komplette Skelette ... fertige Kreaturen ... wirft jede dieser Hallen täglich aus?«
    »Zwei- bis dreihundert.«
    »Das macht im Jahr ...«
    »Eben. Also ich finde, der Löwe hatte schon recht, als er mir riet, Ihnen das zu zeigen. Motiviert doch sehr, nicht? Wie steht's mit der Rekrutenwerbung?«
    »Du glaubst wohl, ich freu' mich drauf, die Dachsenheere mit lauter Nichtskönnern aufgeschwemmt zu sehen?«
    Georgescu haßte es, wenn sich Zivilisten in Sicherheitsbelange einmischten. Nicht mal das magere Vergnügen, die Bastlerin duzen zu dürfen, konnte den Ärger wettmachen.
    »Dachsenheere?« Die Fledermaus schnalzte skeptisch mit der Zunge. »Sie sind mir ja eine Optimistin! Wer redet von Dachsen? Ich weiß nicht, was der Löwe Ihnen erzählt hat, aber wir haben ja inzwischen alle lernen müssen, wie sein Hirn funktioniert. Wenn das, was die Spionagefotos zeigen, tatsächlich ... Aufrüstung ist, dann wird es mit Ihren stehenden Abteilungen nicht getan sein. Mit den Berufssoldaten. Dann werden wir, über kurz oder lang, die Wehrpflicht erleben. Gente in Waffen. Und den ersten Krieg ohne Menschen.«
    Freute sich diese Person etwa über das, was sie da redete?
    Fast hätte ihr die Dachsin erwidert, was sie wußte: daß das mit der Abwesenheit der Menschen nicht so ausgemacht war, wie die Fledermaus glaubte. Menschen, nach allem, was von denen bekannt war, würden sehr wohl teilnehmen am Gemetzel, auch und gerade, weil es kaum noch welche gab. Als Partisanen, als Auxilia mal der einen, dann der andern Seite, je nach Schlachtenglück.

    Georgescu raunzte: »Ich finde allein raus, danke«, machte kehrt und sich auf den Weg zurück ans Tageslicht.
3. Urteilen statt Untersuchen
    Die Anklage war ein Rebus.
    Das Muli, das dem Haftrichter vorgeführt wurde, schien keinesfalls bereit, sich zu ihr zu bekennen.
    Der Haftrichter war eine Eule. Die räusperte sich und donnerte los: »Sie geben zu, oder liege ich da falsch, in Kollusion mit einer bislang nicht ermittelten Person tätig gewesen zu sein, welche die Ihnen anvertraute Bibliothek allmählich in eine Art, wie soll man sagen, pherinfonisches Bordell, einen Ort zügelloser Indiskretion und hochfrequenten Datenverrats verwandelt hat? Einer Person, die überdies wegen Mordes gesucht wird?«
    »Eben hu also wobei vielleicht na aber jaaah, sibselstibitz, ich war's jahaaa selber aber gar und eh nicht«, blökte das Muli.
    »Reißen Sie sich zusammen, Herr! Was soll uns hindern, Sie abführen und ...«, der Richter suchte nach dem treffenden Wort, er war nicht wirklich sattelfest in diesen juristischen Dingen, »...standrechtlich bestrafen zu lassen?«
    »Pföh! Öckel! Für mich, jaahhaaa, können aberrr gnix viele aussagen, zum Beispiel Hébert jahhaahaa Loskauf.«
    »Sie verstehen Ihre Lage nicht«, mahnte der Haftrichter. Er redete nunmehr besorgt, fast väterlich. Alles, was ihm zum perfekten Bild paternalistischer Wohlanständigkeit fehlte, fand Storikal, war ein

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