Die Achse des Blöden
während immer wieder Menschen bei Fluchtversuchen auf ihren Flößen umkommen, gerät selbst meine sonst so gelassene Frau in Wallung. Härter gesottene Kubaner rasten bei solchen
Gelegenheiten regelrecht aus, besonders die älteren Kubaner, die noch selbst gegen Castro gekämpft haben und sich als Exilierte betrachten, immer noch davon träumen, eines Tages in die Heimat zurückkehren.
Das wird natürlich nicht geschehen: Castro hat gewonnen, und sie haben verloren. Das ist immer wieder Salz in die offene Wunde: Castro ist in Havanna, und sie sind in Miami. Für Außenstehende ist es fast unmöglich zu verstehen, wie wütend, wie verbittert, wie frustriert die Exilanten deswegen sind. Diese Wut kocht permanent unter der Oberfläche von Miami.
Immer wieder bricht diese Wut offen aus und führt zu den verrücktesten Ereignissen. Eine Weile, und das ist noch gar nicht lange her, trainierten schwer bewaffnete paramilitärische Einheiten in den Everglades, Mitglieder rivalisierender Exilgruppen wurden ermordet, Bomben explodierten vor
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Geschäften und Organisationen, die als nicht Castro-feindlich genug galten.
Aber vieles in der Anti-Castro-Bewegung ist nur gaga.
Nehmen wir den legendären Orlando Bosch, ein Anti-Castro-Aktivist und ehemaliger Kinderarzt, der über die Jahre in eine eindrucksvolle Anzahl von Bombenattentaten, Überfälle und Schießereien verwickelt war. 1964 wurde Bosch verhaftet, als er zur Hauptverkehrszeit durch die Innenstadt von Miami fuhr -
mit einem Torpedo im Schlepp. 1968 holte er zu einem
wirkungsvollen Schlag gegen den Kommunismus aus, als er mitten auf dem MacArthur Causeway mit einer Bazooka auf einen polnischen Frachter schoß, der im Hafen von Miami festgemacht hatte. (Zwar sank der Frachter nicht, aber nur 23
Jahre später brach das Sowjetsystem zusammen.)
Die Gewalt ist zurückgegangen, aber die Frustration dauert an, kocht leise vor sich hin, und manchmal schlägt sie immer noch in Gewalt um, bisweilen auf sehr bizarre Weise. Hier einige Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit:
- 1995 bildeten mehrere Dutzend Exilkubaner eine
Protestflotte aus Vergnügungsbooten und drangen in kubanische Gewässer ein. Zwei kubanische Kanonenboote brachten das Leitschiff auf. Dabei verlor der Ratspräsident von Dade County, Pedro Reboredo, das Gleichgewicht und quetschte sich einen Fuß zwischen den Booten ein. Per Hubschrauber brachte man ihn nach Miami zurück, wo ihm im Krankenhaus ein Zeh
amputiert wurde. Bei seiner Entlassung sagte Reboredo: »Ich bin sehr glücklich. Es ist sehr schön, ein Stück von sich selbst für sein Land zu opfern.« So etwas passiert einem
Ratspräsidenten in Iowa nicht.
- 1999 ordnete ein Beamter der Luftfahrtbehörde von
Miami/Dade an, die Zeitschrift Cigar Aficionado aus dem Zeitungsstand des Flughafens zu entfernen, weil sie einen Artikel über Kuba enthielt, den der Beamte zu positiv fand.
(Was hat das verfassungmäßige Recht auf Meinungsfreiheit
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damit zu tun? Wir sind hier in Miami!)
- Am Neujahrstag des Jahres 2000 klatschten Exilkubaner Beifall, als ein einundfünfzigjähriger vietnamesischer
Antikommunist namens Ly Tong (er hatte einmal eine Maschine der Air Vietnam über Ho Chi Minh Stadt entführt und antikommunistische Flugblätter aus dem Cockpit abgeworfen) von Key West in einem gemieteten Flugzeug nach Havanna
startete. Dort wollte er Flugblätter abwerfen, die zur Rebellion aufriefen und Fidel Castro als »alten Dinosaurier« bezeichneten.
Für diesen mutigen Schlag gegen die Tyrannei wurde Tong später bei einer Parade in Lit tle Havana wie ein Held gefeiert, und eine Anti-Castro-Gruppierung überreichte ihm eine
Medaille.
Das von den Medien am heftigsten ausgeschlachtete Beispiel für die Anti-Castro-Hysterie von Miami war natürlich das Fiasko um Elian Gonzalez. Für einen Anglo war es ein ganz klarer Fall: Die Mutter des Jungen war gestorben, also sollte er seinem Vater übergeben werden. Aber für die Exilkubaner in Miami war das keineswegs eine Familienangelegenheit. Für sie ging es um genau das, worum es in Miami immer geht: um
Fidel. Wenn Fidel sagte, der Junge solle nach Kuba
zurückkehren, dann durfte der Junge auf gar keinen Fall zurück.
So begann ein internationaler Zirkus, die ganze dramatische Farce mit Nebenschauplätzen ohne Ende: die Verwandten in Miami, ihre Berater und Anwälte, die Journalisten, der
skandierende Mob auf der Straße, der »Fischer«, der keiner war, die phantastischen
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