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Die Adler von Lübeck: Historischer Roman

Die Adler von Lübeck: Historischer Roman

Titel: Die Adler von Lübeck: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Klugmann
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bereit war, vermeintliche Einmischungen in ihren Bereich zurückzuweisen.
    Fünf Minuten später saßen sie zu dritt am Tisch, vertilgten Sülze mit Mostrich und Brot mit Pflaumenmus. Während Querner mit dem Messer Großsegel, Fock und Blinde nachfuhr und sie ins Verhältnis zur üblichen Breite der Segelbahn setzte, entging Anna Rosländer nicht, wie liebevoll Rosalia den jungen Mann betrachtete – und keineswegs den Plan des Schiffs. Das wäre doch was, dachte Anna, du würdest regelmäßig etwas zu essen bekommen, du hättest Knöpfe an den Stellen, wo sie hingehören, und sie würde dir auch zeigen, wie die Liebe geht.

3
    Es war doch noch ein Tag mit Stapellaufwetter geworden. Die Wimpel knatterten im kräftigen Wind, der vom Meer kam. Und als Diederich, die treue Seele, mit einem dieser mächtigen Hiebe, mit denen er in jungen Jahren Walfische erlegt hatte, den letzten Keil wegschlug , fand der Neubau gemächlich seinen Weg über die schiefe Ebene ins Wasser der Trave. Es gab ordentlich Wellengang, von dem sich die Möwen hoch hinauf und tief hinuntertragen ließen, wobei sie die Menschenansammlung am Ufer nicht aus dem Auge ließen, denn früher oder später würden Reste ins Wasser fliegen, dann würden die grauweißen Schreihälse zur Stelle sein.
    Der kleine Holk war der letzte einer Reihe von drei Schiffen, die hinauf ins Dänische gehen würden. Der Stapellauf war kein Ereignis, über das man noch in einem Jahr erzählen würde. Aber auch kleine Aufträge machten die Werftbetreiber fett. Der Holk würde im Spanien- und Portugalhandel fahren: Lebensmittel für die Südländer, Salz, Öl und Südfrüchte für die Fischmäuler. Kein Grund für eine ausufernde Feier. So fanden sich an der Tafel im Schatten des Lagerhauses nicht mehr als 20 Gäste ein und ließen es sich gut gehen. Anna Rosländer, Witwe des umstrittenen Reeders und Werftbesitzers, saß auf dem Ehrenplatz an der Stirnseite.
    »Sie sieht wieder besser aus«, murmelte Schnabel, seines Zeichens Reeder und Werftbesitzer.
    »Wurde ja auch Zeit«, murmelte Ratsherr Gleiwitz , dessen Vorliebe für unbezahlte Rechnungen und Gurken im Fass nur von seiner Abneigung gegen nachvollziehbare Buchführung übertroffen wurde. »Du kannst ja nicht zwei Jahre um deinen Mann trauern – zumal wenn er dir jahrelang Hörner aufgesetzt hat.«
    Theodor Horn war nicht zum Lästern aufgelegt. Der hiesige Reeder hatte neben seiner Gattin einen Gast an der Seite, einen Mann in weinrotem Anzug. Er war rundlich, besaß flinke Augen und eine Stirnglatze, dennoch wirkte er keineswegs harmlos, er strahlte eine Zielstrebigkeit aus, der man sich besser nicht in den Weg stellte.
    Anna Rosländer kannte den Rundlichen, ließ das aber nicht erkennen. Zweimal wurde ein Platz frei, zweimal rückten die Eheleute Horn und der Gast einen Platz auf die Stirnseite zu, bis der Reeder Annas direkter Nachbar war. Er verlor keine Zeit, als er eine Hand auf ihre Hand legte und mit tiefer Stimme sagte: »An einem Tag wie diesem denken wir alle an den guten Gatten. Ich hoffe, ich reiße keine Wunden auf.«
    Anna hielt seinem Blick stand und erwiderte: »Ohne Rosländer säßen wir alle nicht hier.«
    »Ich glaube, wenn Theodor stirbt, sterbe ich auch«, quakte Theodors bessere Hälfte dazwischen. Ihr Talent, im richtigen Moment das falsche Wort zu finden, wurde nur von ihrer Angewohnheit übertroffen, in geselligen Runden zu vorgerückter Stunde heikle Anekdoten von bekannten Lübecker Persönlichkeiten zu erzählen, für die sie die Namen um eine Kleinigkeit veränderte, um sodann mit dem guten Gefühl in die Vollen zu gehen, dass die Würde der Bloßgestellten hinreichend gewahrt worden sei. Aus Mannhardt wurde Frauhardt , Düppel führte den Namen Knüppel und Knechtersand hieß Rechterhand.
    »Ich sterbe noch nicht«, stellte Horn klar und stellte endlich seinen Gast vor. Stanjek , Andreas Stanjek aus Riga, seines Zeichens Kaufmann mit besten Beziehungen zum russischen Zaren und einer Unmenge lokaler Machthaber, die in Lübeck niemand auch nur dem Namen nach kannte.
    Anna lächelte nicht, aber der Blick, den sie Stanjek zuwarf, war offen. Sie dachte: Jetzt geht es los.
    Bevor es losging, steckte ihre Nase in einem Blumenstrauß. Erst verdutzt, danach niesend, starrte sie in lachende Gesichter, von denen eins direkt vor ihr stand, das andere zwei Schritte dahinter. Anna Rosländer umarmte ihre Freundin Hedwig Wittmer , die Ehefrau des Brauereibesitzers. Danach begrüßte sie Hedwigs

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