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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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mir einzutreten. «Kommen Sie doch herein, Gunther. Dora, hol Herrn Gunther etwas zu trinken, ja? Was darf's denn sein, Meisterdetektiv? Schnaps? Scotch? Wodka?» Er deutete auf die Flaschenvorräte auf dem Sideboard.
    «Danke sehr. Schnaps wäre prima.»
    Ich schloss hinter mir die Tür, während ich den Moment abwartete, in dem er die Box öffnete. Als er es schließlich tat, bemerkte ich zu meiner Befriedigung ein verräterisches Zucken, das seiner Enttäuschung entsprang.
    «Zu schade», sagte er.
    «Was denn, mein Herr?»
    «Ach, es war Geld und Korrespondenz in diesem Kästchen. Und jetzt ist beides verschwunden.»
    «Sie haben nichts davon gesagt, dass sich auch etwas in dem Kästchen befunden hat, mein Herr.» Ich schüttelte den Kopf. «Möchten Sie, dass ich die Polizei informiere, mein Herr?» Zweimal «mein Herr» hintereinander - vielleicht gelang es mir ja doch noch, im Hotelgewerbe Karriere zu machen.
    Er lächelte verärgert. «Es ist nicht so wichtig, schätze ich. Wirklich nicht.»
    «Eis?» Dora stand vor einem Eimerchen mit Eis, eine Zange in der Hand. Sie erinnerte mich an Lady Macbeth.
    «Eis? Im Schnaps?» Ich schüttelte den Kopf. «Nein danke, wirklich nicht.»
    Dora stocherte im Eiseimer herum und legte ein paar Stücke in einen schweren Tumbler, den sie anschließend Reles reichte.
    «Amerikanische Angewohnheit», sagte Reles. «Wir tun in alles Eis. Ich finde, Eis passt ausgesprochen gut zu diesem Schnaps. Sie sollten es vielleicht irgendwann selbst einmal probieren.»
    Dora reichte mir ein kleineres Glas. Ich beobachtete sie inzwischen genau, ob sie sich vielleicht auf ihre alten Hurentricks besonnen hatte, doch ich konnte nicht erkennen, ob sich zwischen den beiden irgendetwas abspielte. Sie scheute sogar ein wenig zurück, wenn er ihr zu nahe kam. Die Schreibmaschine machte wie immer den Eindruck, als würde sie häufig benutzt, und der Papierkorb quoll förmlich über.
    Ich prostete Reles wortlos zu.
    «Runter damit», sagte er und nahm einen großen Schluck von seinem eiskalten Drink.
    Ich nippte an meinem Schnaps wie eine Witwe, und wir musterten uns gegenseitig in verlegenem Schweigen. Ich wartete einen Moment, dann kippte ich den Rest hinunter.
    «Nun, Gunther, wenn das alles war - wir haben noch zu arbeiten», sagte er schließlich. «Nicht wahr, Fräulein Bauer?»
    Ich reichte Dora das Glas und wandte mich zur Tür. Reles eilte an mir vorbei, um mir zu öffnen und mich nach draußen zu geleiten.
    «Nochmals danke», sagte er. «Dafür, dass Sie mir mein Eigentum zurückgebracht haben. Ich bin Ihnen dankbar. Falls es Sie interessiert - Sie haben mir den Glauben an das deutsche Volk wiedergegeben.»
    «Ich werde es dem deutschen Volk erzählen, Herr Reles.»
    Er kicherte, während er nach einer Antwort suchte, doch dann überlegte er sich's anders und wartete geduldig, bis ich mich verabschiedet hatte.
    «Danke für den Drink, Herr Reles.»
    Er nickte ein letztes Mal, dann schloss er hinter mir die Tür.
    Ich eilte die Treppe hinunter, durchquerte die Eingangshalle und hastete in das Vermittlungszimmer, wo unter einem hohen Fenster vier junge Frauen auf hohen Stühlen vor etwas saßen, das aussah wie ein doppelt großes aufrechtstehendes Piano. Hinter ihnen war ein Schreibtisch, von dem aus Hermine die Telefonistinnen des Hotels beaufsichtigte, während diese ihrer wortreichen Arbeit nachgingen und Telefongespräche vermittelten. Sie war eine prüde Person mit kurzen roten Haaren und einer Haut so weiß wie Milch. Als ich eintrat, erhob sie sich und blickte mich stirnrunzelnd an.
    «Dieser Striemen auf Ihrem Gesicht», sagte sie. «Er sieht aus wie von einer Peitsche.»
    Einige ihrer Mädchen drehten sich um und kicherten.
    «Ich war mit Hedda Adlon reiten», sagte ich. «Hören Sie, Hermine, Suite einhundertvierzehn, ein gewisser Max Reles. Ich möchte eine Liste sämtlicher Leute, die er heute Abend anruft.»
    «Weiß Herr Behlert davon?»
    Ich schüttelte den Kopf. Ich näherte mich der Vermittlungstafel, und Hermine folgte mir nervös.
    «Er würde es nicht mögen, wenn Sie Gäste ausspionieren, Herr Gunther. Ich denke, Sie brauchen seine schriftliche Genehmigung.»
    «Ich spioniere nicht, Hermine. Ich werde dafür bezahlt zu schnüffeln, schon vergessen? Damit Sie und ich und die Gäste sicher schlafen können, wenn auch nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.»
    «Vielleicht. Aber wenn er herausfindet, dass Sie die Gespräche von Herrn Reles belauscht haben, zieht er uns das

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