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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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vielleicht - wenn Ihr Name Bernhard Gunther ist. Da hängt ein Zettel an seiner Tür.»
    Wir stiegen rasch die letzten zwei Absätze hoch und blieben vor einer Wohnungstür stehen, die früher wohl einmal rot gewesen war und heute kaum noch Farbe aufwies, wenn man nicht den gelben Davidsstern und die Worte Juden raus! mitzählte, mit denen jemand das Türblatt verunstaltet hatte. Ein blauer Umschlag war mit einer Reißzwecke am Türrahmen befestigt. Er war an mich adressiert. Die Tür selbst stand offen, wie es die Frau auf der Treppe gesagt hatte. Ich steckte den Umschlag in die Tasche, zog die Pistole von Eric Goerz und schob Noreen hinter mich.
    «Irgendetwas stimmt nicht dadrin», sagte ich und stieß behutsam die Tür auf.
    Als wir die Wohnung betraten, deutete Noreen auf eine kleine Messingplakette hoch oben am Türrahmen. «Die Mesusa», sagte sie. «Eine Passage aus der Tora. Man findet sie in den meisten jüdischen Wohnungen.»
    Ich lud die Pistole durch und betrat den kleinen Flur. Die Wohnung bestand im Wesentlichen aus zwei großen Zimmern. Zur Linken war das Wohnzimmer, ein Schrein für den Boxsport im Allgemeinen und ganz besonders für einen speziellen Boxer: Isaac Deutsch. In einer Glasvitrine standen zehn oder fünfzehn Holzsockel, von denen man die Pokale heruntergerissen hatte, sowie verschiedene Fotografien von Joseph und Isaac. Ich nahm an, dass die Trophäen schon vor längerer Zeit verpfändet worden waren. Die Wände waren übersät von Boxplakaten, und überall stapelten sich Boxzeitschriften. Auf einem Tisch lag ein vertrockneter Laib Brot, und daneben stand eine Schale mit zwei schwarzen Bananen, auf denen die Fruchtfliegen sich tummelten. Ein Paar alter Boxhandschuhe hing an einem Nagel auf der Rückseite der Tür, und neben einer an der Wand lehnenden Hantelstange lag eine Auswahl rostender Gewichte. Darüber ein Stück Seil mit einem Hemd und einem kaputten Regenschirm. Außerdem gab es einen alten Lehnsessel und dahinter einen mannshohen Spiegel mit einem Sprung im Glas. Der Rest war Plunder.
    «Herr Deutsch?» Meine Stimme klang gepresst, als hätte sich ein Kuckuck zwischen meinen Lungenflügeln eingenistet. «Ich bin es, Bernhard Gunther. Sind Sie zu Hause?»
    Wir gingen in den Flur zurück und betraten das Schlafzimmer. Die Vorhänge waren zugezogen. Es roch sehr stark nach Karbolseife und Desinfektionsmittel. Jedenfalls glaubte ich das im ersten Moment. Gegenüber einem Kleiderschrank von der Größe eines kleinen Schweizer Banktresors stand ein breites Messingbett. «Joseph? Sind Sie da?»
    Im Dämmerlicht der zugezogenen Vorhänge hatte ich die Umrisse einer Gestalt auf dem Bett entdeckt, und plötzlich richteten sich meine Nackenhaare auf. Wenn man zehn Jahre bei der Polizei gearbeitet hat, weiß man oft, was einen erwartet, noch bevor man es wirklich sieht. Und man weiß auch, dass nicht jeder imstande ist, diesen Anblick zu ertragen.
    «Noreen ...», sagte ich. «Ich denke, Joseph hat sich das Leben genommen. Wir können es nur dann mit Bestimmtheit sagen, wenn ich die Vorhänge zurückziehe. Vielleicht gehörst du zu den Reportern, die alles sehen müssen. Die glauben, sie hätten die Pflicht, über alles zu schreiben, unbeirrt über alles zu berichten. Ich weiß es nicht. Aber meiner Meinung nach solltest du dich jetzt entweder auf einen schlimmen Anblick gefasst machen oder das Zimmer verlassen. Ich habe genug Leichen gesehen, um zu wissen, dass es niemals ...»
    «Ich habe schon mehr als eine Leiche gesehen, Bernie. Ich habe dir von diesem Lynchmord in Georgia erzählt. Und mein Vater hat sich mit einer Schrotflinte umgebracht. Das vergisst man nicht so schnell, glaub mir.»
    Interessant, wie schnell meine Besorgnis um sie zu Sadismus wurden, als ich ohne ein weiteres Wort die Vorhänge beiseitezog. Wenn sie unbedingt Turgenjew spielen wollte - an mir sollte es nicht liegen.
    Joseph Deutsch lag quer auf seinem Bett. Er trug noch die gleichen Sachen wie zuvor. Er lag halb verdreht, war glattrasiert wie zuvor, doch um den Mund herum hatte er so etwas wie einen braunen Schnurrbart und Kinnbart. Verätzungen, die das, was auch immer er getrunken hatte, um sich zu vergiften, angerichtet hatten. Auf dem Boden lag eine Flasche, wo er sie hatte fallen lassen, und daneben eine große Lache von blutigem Erbrochenem. Ich hob die Flasche vorsichtig auf und schnüffelte am offenen Hals.
    «Beize», sagte ich zu Noreen, doch sie hatte sich bereits abgewandt und verließ eilig das

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