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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Zimmer. Ich folgte ihr in den Flur. «Er hat Beize getrunken. Mein Gott, was für eine Art, sich das Leben zu nehmen!»
    Noreen drückte den Kopf in eine Ecke der Diele wie ein ungehorsames Kind. Sie hatte die Arme abwehrend vor der Brust verschränkt und die Augen geschlossen. Ich zündete zwei Zigaretten an, tippte Noreen am Ellbogen an und gab ihr eine. Ich schwieg - was immer ich gesagt hätte, hätte rechthaberisch geklungen.
    Rauchend kehrte ich ins Wohnzimmer zurück. Auf einem Stapel Boxmagazine lag eine kleine Ledermappe. Darin befanden sich einige Briefumschläge und Schreibpapier, beides identisch mit der an mich adressierten Note. Genau wie die Tinte in dem Pelikan-Kolbenfüller, der in der kleinen Lederschlaufe steckte. Nichts deutete darauf hin, dass irgendjemand Joseph Deutsch gezwungen haben könnte, einen Abschiedsbrief zu schreiben. Die Schrift war sauber und ordentlich. Ich hatte Liebesbriefe erhalten, die weniger leserlich waren - auch wenn das schon eine ganze Weile her war. Ich las den Brief aufmerksam - als hätte Joseph Deutsch mir etwas bedeutet. Es erschien mir das Mindeste, was ich für einen Toten tun konnte. Dann las ich ihn ein zweites Mal.
    «Was hat er geschrieben?» Noreen stand in der Tür. In der Hand hielt sie ein Taschentuch, und in ihren Augen schimmerten Tränen.
    Ich hielt ihr den Brief hin. «Hier.» Ich sah zu, wie sie ihn las, während ich mich fragte, was wohl in ihr vorging. Ob sie tatsächlich etwas für den armen Kerl empfand, der sich gerade umgebracht hatte, oder ob sie nur erleichtert war, weil sie ein Ende für ihren Artikel gefunden hatte und eine gute Ausrede, wieder nach Hause zu fahren. Ich mochte ein Zyniker sein, doch die Wahrheit war, dass ich immerzu an ihre unweigerliche bevorstehende Abreise denken musste, seit mir klargeworden war, dass ich sie liebte. Und es war nun mal einfacher, zynisch zu sein, wenn man jemanden liebte, von dem man glaubte, dass er im Begriff war, einen zu verlassen. Damit der Schmerz erträglicher war, der sicher käme. Sie gab mir den Brief zurück.
    «Warum behältst du ihn nicht?», fragte ich. «Du hast ihn zwar nie kennengelernt, aber ich glaube, er wollte, dass du ihn bekommst. Für deinen Zeitungsartikel. Der Gedanke hat ihn nicht mehr losgelassen, dass der Bericht eine Art Gedenkschrift für Isaac sein könnte.»
    «Ich denke, das wird er auch. Warum nicht?» Sie nahm den Brief. «Aber was ist mit der Polizei? Wird sie ihn nicht haben wollen? Es ist ein Beweisstück, oder nicht?»
    «Was schert sich die Polizei um seinen Tod?» Ich zuckte die Schultern. «Wie eifrig waren sie, als es darum ging, Isaacs Tod nachzugehen? Trotzdem, vielleicht sollten wir von hier verschwinden, bevor wir uns den Hintern platt sitzen und Fragen beantworten müssen, die wir nicht beantworten wollen. Beispielsweise, wieso ich eine Pistole bei mir trage, aber keinen Waffenschein besitze, und warum ich die Striemen von einer Hundeleine im Gesicht trage.»
    «Die Nachbarn», sagte sie. «Diese Frau auf der Treppe vorhin. Sie wird der Polizei erzählen, dass wir hier waren. Sie hat den Brief gesehen, und sie kennt deinen Namen.»
    «Ich rede mit ihr, wenn wir gehen. Mit zehn Mark erkaufst du dir in dieser Gegend von Berlin alles, was du willst, zum Beispiel ein Schweigen, Noreen. Abgesehen davon, du hast die Tür gesehen. Josephs Nachbarn erscheinen mir nicht besonders nachbarschaftlich. Ich habe den Eindruck, dass sie froh sind über Josephs Tod und dass er nicht mehr hier wohnt. Was glaubst du, was die Polente mit einem Brief wie dem da anfangen würde? Ihn in der Zeitung abdrucken? Wohl kaum. Höchstwahrscheinlich wird sie ihn zu den Akten legen. Nein, es ist besser, wenn du ihn behältst. Um Josephs willen. Und Isaacs.»
    «Ich schätze, du hast recht, Bernie. Aber ich wünschte, es wäre nicht so.»
    «Glaube ich dir gerne.» Ich blickte mich in der ärmlichen Wohnung um und stieß einen Seufzer aus. «Wer weiß - vielleicht ist es besser so für ihn.»
    «Das kann nicht dein Ernst sein.»
    «Ich glaube nicht, dass sich die Dinge für Juden in diesem Land verbessern. Im Gegenteil, es gibt neue Gesetze, die alles noch schwerer machen für jeden, der in den Augen der Nazis kein richtiger Deutscher ist. Jedenfalls habe ich das gehört.»
    «Noch vor der Olympiade?»
    «Hatte ich das nicht erwähnt?»
    «Tu nicht so, als wüsstest du das nicht.»
    Ich zuckte die Schultern. «Ich schätze, ich wollte deinem Optimismus keinen Schlag versetzen, Engel. Dass

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